Es muss nicht immer Schwarzbrot sein! Zumindest einmal im Jahr wollen wir uns am Leichten erfreuen, an Musik und Mummenschanz! Was bei Donald Trump die zu langen roten Krawatten, das ist bei Merkel … ach, lesen Sie selbst.
Stellen Sie sich vor, Sie heißen Julia Jäkel (Gruner und Jahr) oder Friede Springer und ihre ziemlich beste Freundin heißt Angela Merkel – dann wären Ihre Redakteure gut beraten zu schreiben, La Merkel habe sich anlässlich der Wagner-Festspiele in Bayreuth „wieder herausgeputzt“. Und sie loben „ein glänzendes Outfit in schimmerndem Bronze mit typischem Blazer und langem Rock“. Hahaha. Sie müssen sich das Bild anschauen! Als wäre die Uhr zurückgedreht, auf kurz nach der Wende. Tante Angela in einem Etwas, das übergroßen glänzenden Kissenbezügen ähnelt, und Onkel Joachim in schief geknöpftem Smoking. Die arme Verwandtschaft von drüben.
Sehr unhöflich, wird nun mancher meinen, aber leider, es muss sein, denn immerhin gibt hier die Führerin der freien Welt ein Bild von sich. Und ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Was aber will sie uns damit sagen? Ich ehre die deutschen (Schneider-)meister nicht? Übrigens, eine sachkundige KollegIn (Frau!) ergänzte: „Es ist ja noch viel schlimmer. Da hat jemand einen ihrer Alltagsblazer in Taft (seit 2005 out) geschneidert und wo sonst eine Hose ist einen Sack dazu. Ich versteh es nicht – es gibt so viel Cooles von Peek und Cloppenburg, auch was mit Rüschen, ab 180 Euro in der Abendkleidabteilung – alles, wirklich alles da, sieht besser aus als der Zweiteilersack.“
Dieses – nennen wir es netter – ‘Verlegenheitsensemble‘ zeigt, dass es Merkel nicht um „das Gesellschaftliche“, das „Sehen und Gesehen werden“ gehen kann. Nebenbei zeigt es, dass unsere Kanzlerin absolut beratungsresistent ist. Nicht nur politisch, sondern auch in Zeiten der Shopping-Queens – ästhetisch.
Schief geknöpft und glänzend gewickelt
Also, warum geht sie Jahr um Jahr nach Bayreuth? Zu Richard Wagner? Hören wir zunächst, was sie selbst dazu sagt:
„Es ist nichts Verrücktes daran, in Bayreuth bis tief in die Nacht seine Zeit zu verbringen, sondern es fügt sich alles wie von selbst.“ (Merkel 2005)
„Es hat mir gut gefallen, es war ein schöner Abend.“ (Merkel 2013)
„Es hat mir gut gefallen.“ (Merkel 2015)
Kein Satz, den sie nicht genauso nach dem Besuch einer Theateraufführung in einer Flüchtlingsunterkunft verwenden könnte. Oder nach einer Busreise nach Rimini mit Steppdeckenverkauf.
Im unauffälligen Merkeljahr 2008 wurde die Erratische noch mit großem Jubel empfangen, die Berichterstatter ergötzten sich an einem „petrolfarbenem Kleid mit tiefem Ausschnitt“. Im Schicksalsjahr 2015 (Merkel öffnete alle Schleusen) ist sie – der Herrgott hat anscheinend Spaß am Sinnbildlichen – „in der Konzertpause vom Stuhl gefallen“. Ein Jahr später – Merkel trägt Flieder – haben sich bereits hunderttausende Migranten niedergelassen, und die Festspiele finden erstmals „wegen der Terrorgefahr“ ohne roten Teppich unter verschärften Sicherheitsbedingungen statt. Merkel selber kam lieber eine Woche nach der Eröffnungsveranstaltung. Wenn die Kanzlerin so weiter macht wie bisher, bleibt die Frage, wann die Festspiele ausfallen wie zu Kriegszeiten.
Diesmal aber noch pünktlich in Bronze. Nur die Frage bleibt: Warum Wagner? Woody Allen sagte mal: “I just can’t listen to any more Wagner, you know… I’m starting to get the urge to conquer Poland.” Keine Sorge, liebe Wagner-Fans, wir machen das alte Fass nicht auf, immerhin wurde der lange vor dem dritten Reich geborene Meister und seine Nachkommen, inklusive Festspielhaus, offiziell „entnazifiziert“ und sogar die DDR 1.0 hatte eine 10-Mark-Gedenkmünze. Aber Wagner ist so deutsch wie Verdi italienisch, da beißt die Maus keinen Faden ab. Und Merkel verkauft sich eher als eine, die schon länger hier lebt, als irgendetwas sonst. Nach der letzten Wahl 2013 hat sie Parteifreund Hermann Gröhe die Deutschlandfahne weggenommen und kopfschüttelnd entsorgt. Weder im In- noch im Ausland vertritt sie deutsche Interessen, nur ihre eigenen. Hört sie die Worte gegen Ende der Oper?
„Habt Acht! Uns dräuen üble Streich‘: zerfällt erst deutsches Volk und Reich, in falscher wälscher Majestät kein Fürst bald mehr sein Volk versteht, und wälschen Dunst mit wälschem Tand sie pflanzen uns in deutsches Land; was deutsch und echt, wüsst‘ keiner mehr, lebt’s nicht in deutscher Meister Ehr‘. Drum sag‘ ich euch: ehrt eure deutschen Meister!“
Oder ist sie bereits eingedummelt nach vier Stunden Meistersinger? Und wenn sie sie hört, versteht sie sie auch? Vielleicht hört sie auch nur die Musik, und der Text ist ihr so fremd wie Kisuaheli. Verstehe einer das erratische Weib an der Spitze! Ich sei zu streng, meinen Sie? Immerhin wurden auch Tümpelforscher Hofreiter und die unsägliche Roth in Bayreuth gesichtet. Nun, da liegt der Fall anders. Claudia Roth geht überall hin, wo die Kameras blitzen. Außerdem kann sie ihre Designerkleidchen XXL ja schlecht auf dem Grünen-Parteitag tragen. Und der Hofreiter muss halt mit, wenn es eine Frau befiehlt, das gehört zur Parteiräson.
Beim Anblick dieser zwei falschen Fuffziger freut sich der Kenner zum ersten Mal über die wirklich brettharte Bestuhlung im Festspielhaus, und dass das Werk mindestens viereinhalb Stunden dauert.