Tichys Einblick
Stephans Spitzen

Wo bleibt die Rebellion im Funkhaus?

Angesichts der Skandale in den öffentlich-rechtlichen Sendern ist es erstaunlich, wie wenig sich diejenigen rühren, die die meiste Arbeit dort tun.

IMAGO/Penofoto

Wer es wissen will, weiß es schon lange: Die Milliarden, die den öffentlich-rechtlichen Sendern aus der „Demokratieabgabe“ zufließen, finanzieren zum geringsten Teil das Programm und jene, die den dafür nötigen Content liefern, also die fest angestellten und mehr oder weniger freien Journalisten, Autoren, Moderatoren. Der größte Teil des Geldes geht in die Verwaltung und in die üppigen Gehälter von Intendanten und Abteilungsleitern und finanziert Altlasten, also die Pensionen all derer, die schon längst keine Inhalte mehr liefern.

Insofern ist es verwunderlich, wie wenig sich bislang diejenigen gerührt haben, die die Arbeit machen, während ihre Vorgesetzten sich teure Büroausstattung, Dienstwagen und Spesen leisten. Das verwundert allerdings nur bei jenen nicht, die mit ihrer journalistischen Arbeit eine politische Agenda verbinden, wie etwa Detlef Flintz vom WDR, ein Funktionär bei den Grünen, der das Programm seiner Partei als Kommentator bei den Tagesthemen verbreiten durfte. Das wurde selbst dem WDR zu viel.

Beim NDR sorgte die Funkhaus-Chefin Sabine Rossbach zwar nicht für die Verbreitung grüner Agenda, dafür aber für nicht minder Gespenstisches: Sie ließ den Bericht über eine Frau senden, die behauptete, nicht nur mit lebenden, sondern auch mit toten Hunden Kontakt aufgenommen zu haben. Und das aus reiner Gefälligkeit gegenüber der damaligen Programmchefin von NDR-Kultur, deren Tochter dem Sender eine Serie über „Hunde in Hamburg“ angedreht hatte, in deren Rahmen die Hundeflüsterin ihren Auftritt hatte.

Die Öffentlich-Rechtlichen erleiden derzeit auch unter Wohlgesonnenen einen gigantischen Vertrauensverlust, der, so ist es ja immer, vor allem die Anständigen trifft. Denn es gibt nicht nur nebenamtliche Regierungssprecher, rotgrüne Parteigänger und folgsame Opportunisten in den Funkhäusern. Und langsam rühren sich diejenigen, die noch an die Möglichkeit eines ehrlichen Journalismus glauben.

Die Cousinenwirtschaft nicht nur bei RBB und NDR kommt nicht gut an bei jenen, die die oft mühselige Beinarbeit für kleines Geld machen und dann auch noch einen Maulkorb verpasst kriegen, wenn sie nicht das liefern, was oben gewünscht wird.

Neun NDR-Mitarbeiter aus dem Rundfunkhaus in Kiel haben sich nach Informationen von Business Insider in den vergangenen zwei Jahren persönlich – unter Zusicherung ihrer Anonymität – an den Redaktionsausschuss des NDR gewandt. Das Gremium aus mehr als 20 gewählten freien und festen Journalisten dient als Anlaufstelle für interne Beschwerden. Die Vorwürfe: „Es gebe einen ‚politischen Filter‘ in der Redaktion“, Berichterstattung werde teilweise verhindert und kritische Informationen heruntergespielt. Autoren würden abgezogen und Beiträge in den Abnahmen massiv verändert.

Mit freien Journalisten ist der Umgang einfach: Man beschäftigt sie einfach nicht mehr, wenn sie nicht auf Linie sind. „Konservative“ Stimmen oder sagen wir besser: Stimmen, die regierungskritisch und nicht rotgrün sind, gibt es auch beim einst als rechts verschrieenen DeutschlandRadio schon lange nicht mehr.

Einer, der bereits vor einiger Zeit öffentlich gemacht hat, welche Sitten und Gebräuche im angeblich neutralen und über den Parteien schwebenden, stets ausgewogenen öffentlich-rechtlichen Rundfunk so herrschen, ist Ole Skambraks, der im Oktober 2021 in einem offenen Brief über die Corona-Berichterstattung schrieb: „Das Ergebnis von anderthalb Jahren Corona ist eine Spaltung der Gesellschaft, die ihresgleichen sucht. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat daran großen Anteil.“ Und: „Schon sehr früh galt die Gleichung, dass Kritik am Coronakurs der Regierung dem rechten Spektrum angehört. Welche Redakteurin wagt es da noch, einen Gedanken in diese Richtung zu äußern?“

Auf seiner Website „Meinungsvielfalt.Jetzt“ finden sich über 50 Statements frustrierter Kollegen, die – wohlweislich anonym – jenen verengten Meinungskorridor beklagen, der von den Verantwortlichen so vehement bestritten wird.

Solche wie sie sind es, mit denen die Öffentlich-Rechtlichen noch eine Chance hätten. Doch wahrscheinlich ist der Zug längst abgefahren. Wir werden bald erfahren, wie viele Kunden sich der „Demokratieabgabe“ mittlerweile verweigern.

Es gibt längst Alternativen. Und die heißen nicht nur Netflix.


 

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