Tichys Einblick
Stephans Spitzen

Wir brauchen Querköpfe und Quertreiber!

Liebe „Freunde der Demokratie“, wenn es so richtig bunt und vielfältig zugehen soll im Land, dann brauchen wir nicht mehr vom Immergleichen, sondern Querköpfe und Quertreiber – und manchmal auch Querschläger wie einen Donald Trump. Nachfolgend weitere Beispiele.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Carolyn Kaster

Es ist immer wieder auffällig, wie viel „Hass und Hetze“ aus der Ecke der „Anständigen“ und „Demokratiefreunde“ kommt. Niemand ist ihnen recht, der nicht im Hauptstrom paddelt, wobei man den Linksextremen mehr verzeiht als den „Rechtspopulisten“. Doch Querköpfe und Quertreiber sind das Salz in der Suppe.

Die (linke) Häme angesichts des Mordanschlags auf Donald Trump: Das hat geradezu was Eliminatorisches. Man bedauert, dass es ihn nicht richtig erwischt hat. Wobei das schlagende Argument gegen ihn zu sein scheint, dass er unberechenbar sei. Doch genau das ist doch einer der Gründe, warum er eine stetig wachsende Anhängerschaft hat. Von ihm erhofft man sich nicht mehr vom Gleichen, sondern unvorhergesehene Wendungen. Wie diese, die ikonische: Er wehrt nach dem Anschlag auf ihn die Security-Leute ab, um sich aufzurichten, Blut im Gesicht, die perfekte Zielscheibe, die Faust zu erheben und dreimal „Fight!“ zu rufen. Fight, USA. Gut geschauspielert?

Naja: Sowas muss man erstmal nachmachen, bevor man sich darüber erhebt. Die Schlacht ist gelaufen, Biden wird gegen ihn keine Chance haben, auch kein anderer Kandidat der Democrats, weshalb die Partei die Wahlen bereits abgehakt hat.

Nun, Häme und Verachtung ist eine vertraute Reaktion gegen alle, die sich von den gängigen Politikerdarstellern unterscheiden. (Ach, Boris Johnson, warum hast du dich verraten?) Man nehme Viktor Orbán, der sich jüngst bemüht hat, mit allen globalen Spielern über Frieden zu reden, vor allem mit einem, mit dem man aus irgendeinem Grund nicht reden darf. Ach, damit wolle Orbán sich ja lediglich profilieren, der verfolge ja nur eigene Interessen, heißt es. So what? Der Mann hat unternommen, was alle anderen vermieden haben: auch mit Lord Voldemort zu reden, dessen Namen sie nicht in den Mund nehmen wollen. Allein das tut manch einer von dem allgegenwärtigen bellizistischen Kriegsgeschrei gequälten Seele gut.

Man braucht einen langen Atem, wenn man bei seinen Positionen bleibt, die der linksliberale Mainstream sofort als „rechts“ denunziert – etwa die Ablehnung ungeregelter Zuwanderung oder Kritik am Islam. Geert Wilders stand seit 2004 wegen Morddrohungen unter Polizeischutz. Bei den Wahlen zum niederländischen Parlament 2023 aber wurde seine Partei für die Freiheit mit 23 Prozent der Stimmen zur stärksten Fraktion. Da er auf die Position des Ministerpräsidenten verzichtete, konnte mit seiner und anderen Parteien eine Regierung gebildet werden. So geht es also auch.
In Deutschland mörteln alle verzweifelt an der Brandmauer gegen die AfD herum, als ob sie die Botschaft der Wähler nicht lesen könnten: Wir sind den rotgrünen Wackelpudding mit Vanillespritzern gründlich satt.

Ach, hätten wir doch einen revolutionären Quertreiber wie den neuen argentinischen Präsidenten Javier Milei! Er ist schon von seinem Äußeren ein Revoluzzer: ungekämmte Haare, Lederklamotten, Kettensäge und dazu der Kampfruf: Libertad (Freiheit) und Afuera, also, frei übersetzt: weg damit! Sein Kampf gegen ausufernde Bürokratie und politische Pöstchenvergabe hat ihn als erstes mehr als die Hälfte der Ministerien abschaffen lassen.

Seine Politik mit der Kettensäge richtet sich auch gegen den öffentlichen Rundfunk: Mitte Mai schloss die Regierung all dessen Websites und Social-Media-Kanäle. Zahlreiche Livesendungen und alle TV-Nachrichten am Wochenende wurden ausgesetzt.

Auch hierzulande würde manch einer den Wegfall des einen oder anderen Ministeriums begrüßen, und wer unter dem Stumpfsinn öffentlich-rechtlicher Propaganda leidet, wünscht sich ebenfalls einen deutschen Milei. Und, nebenbei, einen Journalismus, der den regierungsamtlichen Kampf „gegen Rechts“ nicht bis zur Verblödung mittragen würde.

Ja, liebe „Freunde der Demokratie“, wenn es so richtig bunt und vielfältig zugehen soll im Land, dann brauchen wir nicht mehr vom Immergleichen, sondern Querköpfe und Quertreiber und manchmal auch Querschläger, so als Weckruf. Kein Attentat auf irgendeinen „Rechtspopulisten“ wird verhindern, dass die Wähler abwählen, was immer wieder gegen ihren Verstand, gegen ihren Wohlstand und gegen die Realität verstößt.

Wobei: Es sind, zugegeben, mächtige Interessen im Spiel, die den „Kampf gegen Rechts“ (der oft genug einer gegen die Interessen der Wähler ist) mächtig befeuern. Nehmen wir Donald Trump. Ja, womöglich überschätzt er sich, wenn er behauptet, mit ihm sei ganz schnell Schluss mit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Doch würde er, hätte er Erfolg, damit nicht gegen einflussreiche Interessenten am Krieg verstoßen? Was immer hinter dem Anschlag eines 20-Jährigen auf ihn steckt: Trump ist ein Mann, der gefährlich lebt .

Moral? Ist in Kriegsdingen meistens vorgeschoben. Es geht um Interessen. Geopolitische, gewiss. Und vor allem ökonomische. Bislang fließt das Geld, das für die Ukraine vorgesehen ist, zu etwa 65 Prozent in die Rüstungsindustrie der USA zurück. Und die ist der Motor der Wirtschaft. Wer verzichtet schon freiwillig auf diesen üppig fließenden Kriegsbonus?


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