Schamvoll wegschauen, wenn man sie bei sommerlichen Temperaturen durch eine Stadt wie, sagen wir: Köln flanieren sieht? Jede Menge langbeinige Schönheiten in allerkürzesten Röcken und selbstredend bauchfrei kommen einem entgegen, sie lassen fast alles sehen, was ansehnlich ist. Höchstens bei den nicht ganz so Schlanken würde man lieber etwas weniger sehen. Warum sich manche dieser Frauen belästigt fühlen, wenn Männer ihnen hinterhergucken oder anerkennend pfeifen, ist nicht ganz nachzuvollziehen, ist es nicht genau die Absicht, Aufmerksamkeit zu erzeugen? Und reicht es nicht, die Kerle zu ignorieren, statt daraus wieder eine Art Me-Too-Drama zu machen? Das ist, so steht es treffend in der NZZ, ein Paradox: „Man zeigt viel Haut und spricht gleichzeitig ein Verbot aus, hinzuschauen.“
Meine Freundinnen und ich sind übrigens vor beinahe sechzig Jahren ähnlich locker und lockend durch die Gegend gezogen und was die blöden Jungs dazu sagten, hat uns weitgehend kalt gelassen. Es kam ja nur auf wenige ausgesuchte Exemplare an. Und vor 50 Jahren habe ich unbesorgt nachts zu Fuß Frankfurt am Main durchquert, wozu man heute nicht unbedingt raten kann.
Kurz: die deutschen Männer dürften den Anblick freigelegter Jeunesse mittlerweile gewohnt sein, sich daran freuen, es ignorieren: egal. Überfordert dürfte sich dadurch kaum noch einer fühlen. Dennoch trendet auf Tiktok das sogenannte „Subway Shirt“, ein langes weites Hemd, das man über das Party-Outfit zieht, um im Gedränge in der U-Bahn nicht belästigt zu werden. Man wolle sicher von A nach B kommen – „ohne die ungewollte Aufmerksamkeit von Männern“. Die Mode findet Nachahmerinnen von Toronto bis Singapur und Paris.
Irgendetwas scheint sich verändert zu haben. Ich ahne, was es ist. Nicht die jungen Frauen sind freizügiger geworden. Es geht nicht um sie. Es geht um jene bemitleidenswerten Männer, denen schon der Anblick einer öffentlich eisschleckenden Frau den Schweiß auf die Stirn treibt. Um Männer, deren Selbstdisziplin offenbar derart schwach ausgeprägt ist, dass sie beim Anblick einer sexy gekleideten Frau zum Tier werden, da sie der Verlockung nun einmal nicht widerstehen können. Um Männer, die es deshalb vorziehen, dass Frauen sich in der Öffentlichkeit nur in sackförmiger Ganzkörperverhüllung zeigen, egal, wie hoch die Temperaturen sind. Um Männer, die offenbar beim Anblick einer Frau nur an eines denken.
Die Kriminalstatistik unterstützt diesen Verdacht. Die Anzahl der polizeilich erfassten Fälle von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung hat sich seit den Jahren 2011 bis 2015 um 150 % erhöht, die Dunkelziffer dürfte erheblich sein. Der Elefant, der da im Raum steht, ist bekannt. Unter den Tätern sind vor allem (in Relation zu ihrer Gesamtzahl) sexuell unterversorgte junge Eingewanderte und Männer aus einer Kultur, in der Frauen und Frauenleben nichts gelten.
Der Migrationsforscher Ruud Koopmanns spricht von erschreckenden Zahlen, auch, was Gruppenvergewaltigung betrifft: «Viele Täter kommen aus stark patriarchalen, vorwiegend islamischen Ländern, mit total verfehlten Vorstellungen über Frauen und Sexualbeziehungen. Frauen, die sich nicht bedecken, betrachten sie als Freiwild.“
Und die möchte man mit dem „Subway Shirt“ disziplinieren?
Warum nicht gleich zum Tschador oder gar der Burka übergehen?
Das Subway Shirt ist, so muss man befürchten, das Einfallstor nicht nur für eine neue Prüderie, sondern auch für muslimische Orthodoxie. Auf der muslimischen Plattform s2jnews erklärt eine Autorin triumphierend, der Islam habe schon vor 1400 Jahren den richtigen Weg gewiesen: Frauen haben sich zu verhüllen, um den Mann nicht herauszufordern. Das „Subway Shirt“ zeige auf spektakuläre Weise, dass der Islam allen Lebensweisen moralisch überlegen sei. Der Westen habe einen großen Nachholbedarf.
Das ist einigermaßen unverfroren und die Täter-Opfer-Umkehr, die wir hinter uns zu haben glaubten. Zugleich ist es eine Beleidigung aller westlich erzogenen und zivilisierten Männer. Ich erwarte ihren Aufstand. Einen Aufstand der Anständigen, der diesen Namen verdient.