Wenn man noch einen letzten Rest von Humor hat, wird man Gefallen am Spektakel finden, das uns noch einige Wochen unterhalten wird. Etwa daran, wie die Lame Ducks in den USA und in Deutschland den (möglichen) Nachfolgern noch schnell ein Ei ins Nest legen. Joe Biden, seit dem Wahlsieg von Donald Trump offensichtlich bester Laune, macht der Ukraine noch schnell ein Angebot zur Eskalation, bevor The Donald sein Versprechen einlösen kann, den Konflikt umgehend zu beenden. Jetzt wird‘s schwierig auch für Olaf Scholz, der bislang (im Unterschied zu Friedrich Merz) keine Taurussysteme in die Ukraine liefern will.
Überhaupt scheint es nicht so ganz weit her zu sein mit dem partnerschaftlichen Einverständnis mit Friedrich Merz. Merz ist nämlich erheblich angesäuert, weil Olaf Scholz eine „Bundestagsinitiative zur Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen“ einiger Parlamentarier unterschrieben hat, über die noch vor der Neuwahl des Bundestags am 23. Februar abgestimmt werden soll.
Nun, der Paragraph 218 bleibt ebenso diskussionswürdig wie manch groteske Forderung, Abtreibung bis zum letzten Moment zu erlauben. Aber das ist, scheint mir, hier nicht der springende Punkt. Denn wir haben es offenkundig mit einem Aspiranten auf das Bundeskanzleramt zu tun, der ein sehr spezielles Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie hat. Ich erinnere mich nicht daran, dass ein Politiker jemals so deutlich ausgesprochen hat, wie er sich Demokratie vorstellt: Man spricht sich ab! Ganz einfach!
Merz „möchte, dass wir jetzt nur noch die Dinge auf die Tagesordnung setzen, die wir vorher im Konsens zwischen Opposition und restlicher Regierung vereinbart haben“, so verkündet er in strengem Ton. Also alle im Bundestag vertretenen Parteien müssen sich einig sein? Konsensdemokratie? Nicht ganz. Denn: „Ich möchte, dass wir jetzt nur noch die Dinge auf die Tagesordnung setzen, die wir vorher im Konsens zwischen Opposition und restlicher Regierung vereinbart haben. Um uns alle – die Regierung und uns – davor zu bewahren, dass wir am Ende Zufallsmehrheiten im Saal mit der AfD oder den Linken haben. Ich will das nicht!“
Mehrheiten im Parlament sind allerdings kein Zufall, sondern eben Mehrheiten – von allesamt ordentlich gewählten Bundestagsabgeordneten, die sich in einer Sachfrage einig sind. Merz aber will das Parlament ausschalten – natürlich vor allem die Partei, die der CDU hart auf den Fersen ist: die AfD. Man muss Merz verstehen, gell? Es ist die AfD, die schuld daran ist, dass man in diesen Zeiten kein Demokrat sein kann!
Scherz beiseite. Einen solchen Mann kann man nicht zum Kanzler machen. „Ich will das nicht.“
Und angesichts des drohenden Merz erscheint manch einem Scholz als das kleinere Übel. Jedenfalls kursieren seit Tagen Ideen im Netz, wie man den fliegenden Friedrich zum Bettvorleger machen kann. Der AfD-Abgeordnete Jürgen Pohl: „Klar und offiziell möchte ich mitteilen, dass ich Herrn Merz unter keinen Umständen in verantwortungsvoller Position sehen möchte. (…) Ich muss und ich werde somit in der Vertrauensabstimmung für oder gegen Scholz, für Scholz, als das kleinere Übel stimmen.“ Solcherlei erwägen offenbar auch Christina Braun oder sogar Tino Chrupalla – und womöglich nicht wenige andere aus der AfD.
Herrlich! Sollte die AfD Scholz ihr Vertrauen aussprechen, gäbe das eine Mehrheit für den Kanzler – gegen seinen Willen? „Er will lieber nicht regieren als mit den Stimmen der Falschen“, kommentiert Michael Klonovsky. Die CDU wiederum kann nicht gemeinsam mit der Schwefelpartei gegen Scholz stimmen – Brandmauer!
Also mit dem Weinen aufhören, liebe Bürger. Popcorn. Sie machen sich lächerlich, unsere Politiker. Und das dürfte erst der Anfang sein. Freut euch!