Im Krieg geht es um Sieg oder Niederlage, nicht um Gut gegen Böse. Selten vertritt die siegreiche Seite das umstandslose Gute, auch wenn man das gerade in Deutschland gern glauben möchte. Die Moralisierung des Krieges droht, ihn bis zur vollständigen Vernichtung des Gegners auszudehnen – da er ja jeweils das Böse ist. Das ist die Logik eines Bürgerkriegs, es gibt dann keine Verhandlung und keinen Kompromiss mehr.
Man muss kein Putin-Freund zu sein, um sich über die Logik seines außenpolitischen Machtpokers Gedanken zu machen. Warum sollte Russland etwas hinnehmen, was auch die Gegenseite nicht hinzunehmen bereit wäre – nämlich eine Verstärkung gegnerischer Militärpräsenz nahe der eigenen Einflusssphäre? Das hieß mal Monroe-Doktrin.
Im schlimmsten Fall käme es in der Ukraine zu einem der vielen Stellvertreterkriege, wie wir sie aus der Zeit des Kalten Krieges kennen, als beide Gegner ihre Einflusssphären zu sichern versuchten. Könnte sein, dass das für beide Seiten so unglücklich ausgeht wie der Kampf um Afghanistan – und nicht zuletzt für das umkämpfte Gebiet selbst. Putin dürfte das wissen.
Welche Rolle spielt nun Deutschland im Machtpoker um die Ukraine? So wie es bislang aussieht: die Rolle des Moralapostels. Die Außenministerin möchte mit Säbeln rasseln, über die sie nicht verfügt. Insofern wäre dem flugs entlassenen Vizeadmiral Schönbach durchaus zustimmen: Man kann einen Mann wie Putin nicht wie einen kleinen Jungen behandeln, dem man auf die Patschhändchen haut, wenn er nicht brav ist. „Respekt“ heißt ja nicht, Putin zu umarmen, sondern ihn ernst zu nehmen.
Übrigens: Wenn der Vorwurf treffend wäre, Schönbach habe gegen die offizielle Linie der deutschen Regierung verstoßen, müsste zumindest bekannt sein, wie diese Linie genau lautet. Der Kanzler hält sich da bedeckt und sieht Nord Stream 2 im Übrigen nicht als taugliches Machtmittel.
Die Damen, die dem Verteidigungsministerium und dem Außenministerium vorstehen, tun allerdings alles, um selbst nicht ernst genommen zu werden. Aus der Position Deutschlands zu drohen, ist in jeder Hinsicht lachhaft. Besonders lustig ist es, Putin mit einer „breiten Bandbreite an Antworten“ zu drohen, „inklusive Nord Stream 2“, wie Außenministerin Baerbock nun verkündet. Das sagt eine Politikerin, deren Partei mit ihrem energiepolitischen Irrweg den größten Anteil daran hat, dass Deutschland in einer der wichtigsten Fragen so gut wie vollständig von Russland abhängig ist.
Das möchte Robert Habeck nun „energisch“ ändern – das kann allerdings noch Jahre dauern. Und wird Umweltschützer nicht erfreuen: Das Gas wird durch Fracking gewonnen. Aber wir haben ja Windkraft! Klar: Die deckt bislang etwa 3,9 Prozent des deutschen Primärenergiebedarfs, auch ein verschärfter Ausbau wird daran wenig ändern. Ob man womöglich langsam begreift, dass es nicht gut ist, sich energiepolitisch auf Nachbarn zu verlassen, die unter Umständen unwillig oder sogar böswillig werden könnten?
Doch die Außenministerin scheint ernsthaft Illusionen über die deutsche Machtposition zu hegen. Und was bitte möchte die Verteidigungsministerin Russland, der Ukraine und der Welt damit sagen, dass sie immerhin bereit ist, der Ukraine 5000 Schutzhelme zu spendieren? Ist das Symbolpolitik oder gar eine Art pazifistische Geste – wir schießen nicht, wir behelmen euch nur? Die traurige Wahrheit: Mehr als 5000 von den geforderten 100.000 hat Deutschland schlicht nicht zu bieten, Schutzwesten schon mal erst recht nicht, es gibt noch nicht einmal genug für die eigenen Leute.
Das ist eine „normativ aufgeladene Außenpolitik, die jeder verantwortungsbewussten Realpolitik hohnspricht (Alexander Grau). Vielleicht wäre es für uns und die Welt erbaulicher, wenn die Kinderspielschar unserer Regierung einfach mal die Füße stillhalten würden. Deren moralisch gestützter Größenwahn ist kaum noch zu ertragen.