Ich gebe alles zu: ich habe mit dreizehn mal einen Button mit dem Konterfei von Mao am Revers getragen. Ich habe revolutionäre Lieder gesungen. Ich habe das alles nicht sonderlich ernst genommen und hielt einen Völkermörder irgendwie für eine Comicfigur. Gut, jugendliche Naivität legt sich mit der Zeit. Bei manchen dauert es vielleicht etwas länger. Doch was Jugendliche reizt, war schon immer: das Verbotene zu tun. Jetzt erst recht! Und erst recht dann, wenn es die Erwachsenen schockiert. Das ist ein eigentlich bekannter Mechanismus: erst die Reaktion auf einen Regelverstoß macht die Sache selbst so verführerisch.
Dass Politiker mit überschießender Empörung reagieren, entfacht erst recht den Widerspruchsgeist. Etwa in Köln, wo die Straßenbahn wackelt, weil drinnen gedöpt wird. Schon sind Bildmontagen mit dem sonst so beliebten (spießigen) Syltaufkleber hinten auf den Autos – ergänzt um Döp dödö döp – unterwegs.
Was ist nun so empörend? Geschmacklos mag das alles sein, doch der erste Satz, der zu ‚döp dö dö döp‘ vor der Pony-Bar auf Sylt intoniert wurde, ist auf keinem SS-Dolch zu finden, Noch 2010 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine solche Forderung unter die Meinungsfreiheit fällt. Im übrigen wollte selbst die SPD mit „Deutschland den Deutschen“ für die Beteiligung an der EU-Wahl werben.(Natürlich nur den Deutschen, „die unsere Demokratie verteidigen“. Deine? Eure? Meine?)
Egal: beide Sätze entsprechen nicht der heute geforderten menschenfreundlichen Weltoffenheit. Inzwischen nahm das Fachkommissariat für Staatsschutz der Polizei die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen auf. Also an den Pranger mit den Grölern von Sylt. Schon hat es den einen oder die andere den Job gekostet. Ist das nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen?
Schon meldet sich Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und denkt laut über die Höchststrafe nach – also drei bis fünf Jahre Haft. Die „Klimaaktivisten“ hingegen, die in Kampen auf Sylt eine Luxusboutique und ein Juweliergeschäft mit Farbe besprüht haben, durften die Insel zwei Wochen lang nicht mehr betreten – keine sonderlich harte Strafe.
Die Botschaft, die Politik und Medien mit ihrer Empörungskanonade vermitteln: Wir beobachten euch, jeden einzelnen, und wir entscheiden, ob ihr in der Öffentlichkeit auf Jahre hinaus verbrannt seid.
Nach dem Ersticken der Bauernproteste um die aufgebauschte „Wannsee 2.0“-Story um ein „Geheimtreffen“, das so geheim gar nicht war und dem Feuern aus allen politmedialen Rohren gegen Politiker und Rechstaußen-Aktivisten, geht es bei und nach Sylt nun gegen den einfachen Bürger.
Der Kampf gegen Rechts nimmt Züge eines Kampfes gegen die deutsche Bevölkerung an. Ihr sollt brav sein, sonst ermittelt der Staatsschutz. Offenbar hätte die Regierung gern ein anderes Volk. Nun, das Wahlvolk hätte gern eine andere Regierung. Möglichst bald.