Rona Duwe vermutet, dass man ihre Stimme im Diskurs und sie zum Verstummen bringen möchte. Im Interview mit der Welt wählt sie den Begriff „mundtot“ machen. Womöglich trügt ihr Gefühl Rona Duwe nicht.
Die 53jährige Grafikerin ist eine Feministin im klassischen Sinn, kein schrilles Girl. Sie rechnet zwar mit dem Patriarchat ab, aber der „toxische weiße Mann“ kommt bei ihr nicht vor. Im Gegenteil: sie tritt für eine neue Partnerschaft von Mann und Frau ein, denn so sei es stets gewesen, bevor vor 6500 Jahren „die Herrschaft der Väter“ begonnen habe. Die alleinerziehende Grafikerin sieht hingegen die Mutter im Zentrum der Geschichte und will in ihrem Buch Muttermut, Mutterwut „Fundamente und Anstoß für die Revolte der Mütter“ liefern.
Nun, darüber hat man sich in der Frauenbewegung jahrelang gestritten: ist „Mutter“ nicht eigentlich ein „reaktionäres“ Konzept? Als Frauen, darunter Christa Nickels und Gisela Erler, bei den Grünen 1987 ein „Müttermanifest“ vorlegten, stießen sie auf heftige Abwehr: „Wir bedauern es, dass die berechtigten Anliegen von Müttern in dem Müttermanifest mit einem Frauenbild verknüpft werden, das wir seit Jahren bekämpfen.“ Weil die Frauen meinten, es sei „an der Zeit für eine neue Frauenbewegung, eine Bewegung, die die Wirklichkeit, die Wünsche und Hoffnungen von Müttern mit Kindern ebenso konsequent und nachdrücklich vertritt wie die Interessen kinderloser Frauen“? Eigentlich selbstverständlich, oder?
Doch Mütter sollen neuerdings ihre Kleinen schon ab vier Monaten in die Kinderkrippe stecken, damit sie ganztags berufstätig sein können, was nicht so einfach ist, wenn man bei der „Mütterarbeit“ noch nicht einmal mehr von einem Mann unterstützt werden darf. Schon seltsam, dass es auch eher linke Feministinnen gut und richtig finden, alle und jede den Verwertungsinteressen des Kapitals zu unterwerfen. Dabei kann man es doch genauso gut als listige Anarchie begreifen, sich im privaten Bereich dem gierigen Moloch zu entziehen.
Doch wegen ihres Mutterbildes schrieb die Polizei Dortmund die Feministin Rona Duwe am 5. November 2023 nicht an, um sie zur „erkennungsdienstlichen Behandlung aus präventiv-polizeilichen Gründen“ vorzuladen. Duwe sollte ihre Hand- und Fingerabdrücke hinterlassen und sich fotografieren lassen, um sie „von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten“.
Also muss die Feministin bereits Straftaten begangen haben, oder? Tatsächlich wird gegen sie wegen „Volksverhetzung“ ermittelt, außerdem ist die Rede von „mehreren Strafanzeigen von Privatpersonen aus dem Zeitraum Februar bis Mai 2023“. Das Ermittlungsverfahren bezieht sich auf die Veröffentlichung einer Broschüre mit dem Titel „Wegweiser aus dem Transgenderkult – Elternratgeber“. Dies sei als „volksverhetzend zum Nachteil von Transpersonen“ empfunden worden, weshalb Duwe im Herbst 2023 als Mitherausgeberin verboten worden ist, die Schrift frei zugänglich zu verbreiten. Die Prüfstelle für Kinder- und Jugendmedienschutz indizierte die Broschüre als jugendgefährdend, und zwar wegen Aussagen wie: „Frau und Mann sind biologische Fakten“ sowie „Geschlecht ist binär und unveränderbar. Persönlichkeit ist fluide und vielfältig“.
Erst staunt man – und dann wird es gruselig:
„WELT fragt bei Staatsanwaltschaft und Polizei nach. In einer ersten Antwort will die Polizei Dortmund mit Verweis auf den Datenschutz keine Auskunft geben. Als während eines Telefonats am 21. Dezember 2023 die Polizei erneut aufgefordert wird, zu erklären, warum eine nicht vorbestrafte Bürgerin erkennungsdienstlich behandelt werde, erklärte ein Pressesprecher, Duwe sei „keineswegs unbescholten“, er kenne ihre Beiträge von „X“. Auf Bitte, die Andeutungen zu konkretisieren und sich zu dem Vorgang offiziell zu äußern, schickt die Pressestelle der Polizei schließlich ein Statement. Darin heißt es: Auslöser der Vorladung sei ein beim polizeilichen Staatsschutz des Polizeipräsidiums Dortmund gegen Duwe geführtes Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung. Der Sachbearbeiter des „Anlassdeliktes“ habe „eine entsprechende Negativprognose erstellt“, so die Antwort der Pressestelle. „Nach Prüfung kriminalpolizeilichen Erkenntnisse im Bereich der politisch motivierten Kriminalität“ habe sich die zuständige Kommissarin entschlossen, Duwe vorzuladen. Die Grundlage: ein offenes Ermittlungsverfahren gegen Duwe, das die Staatsanwaltschaft Dortmund führe.“ (der ganze Artikel: hier)
Ganz offenbar sind Interessen von „Transpersonen“ wichtiger als Aufklärung und Schutz von Minderjährigen vor vorschnellen und irreversiblen Entscheidungen, was die körperliche Integrität betrifft. Und was die Meinungsfreiheit betrifft, so ist diese ganz offensichtlich bereits auf dem Schutthaufen der Geschichte gelandet. Eine kleine, besonders laute Minderheit diktiert mittlerweile, was die Mehrheit von Männern und Frauen glauben soll, auch wenn sie es anders wissen.
Im Fall der Broschüre wurde Duwe von Rechtsanwalt Jonas Jacob vertreten. Der sieht „gut organisierte Lobby-Gruppen“ am Werk, „die in die Politik vernetzt sind und teilweise vom Bund finanziell gefördert werden“. Sie nutzen auch die juristische Ebene zum Kampf gegen ihre Kritiker.
Erstaunlich beim Fall Duwe ist, wie willfährig sich die Polizei hierbei verhält. Ist es wirklich „Volksverhetzung“, wenn jemand die banale biologische Wahrheit vertritt, dass es lediglich zwei Geschlechter gibt, Mann und Frau? Ab wann ist eine Minderheit ein ganzes Volk, das verhetzt werden kann? Und kann man einer Mutter, die zwei Kinder geboren hat, ankreiden, dass sie der Meinung ist, dass biologische Männer keine Kinder bekommen können, schlicht, weil ihnen die dafür notwendigen Vorrichtungen fehlen?
Der Fall Polizei Dortmund gegen Rona Duwe zeigt anschaulich, welcher Irrsinn mittlerweile Staatsräson zu werden droht. Es sieht ein wenig so aus, als ob sich das Patriarchat eine neue Waffe zugelegt hat: Transfrauen als die richtigen, die wahren Frauen hinzustellen und Frauen, die das leugnen, als Terfs zu beschimpfen (Trans-Exclusionary Radical Feminism) und per Anzeigen Widerspruch zu ersticken und mit allerlei juristischen Winkelzügen aus dem Diskurs zu drängen.
Berühmtes Beispiel eines geballten Angriffs ist J. K. Rowling, die sich gegen die Eliminierung des Wortes „Woman“ wandte, das von Transfrauen offenbar als irgendwie verletzend empfunden wird. Was es ja ist: Männer können nunmal keine Frauen werden, auch wenn es demnächst per Sprechakt erlaubt sein soll. Dass Transfrauen biologische Männer sind, lässt sich insbesondere beim Sport nicht verleugnen. Dort kann auch Erste(r) werden, wer es bei männlicher Konkurrenz nicht schafft. Übrigens: lesbische Frauen lieben Frauen, keine Transfrauen, die biologisch Männer sind.
Nach all den Jahren ist Frauenfeindlichkeit wieder hoch in Mode, dagegen hilft auch das brave Gendern nicht. Dass der Staat mit dem „Selbstbestimmungsgesetz“ dabei mitmacht, ist kein mittlerer, sondern ein großer Skandal.
Rona Duwe wird sich nicht mundtot machen lassen. Sie hat die Vernunft und die Mehrheit der Menschen auf ihrer Seite.