Tichys Einblick
Stephans Spitzen:

Sollen Insekten statt Rinder und Schweine sterben?

Insekten als proteinreiche Alternative in der Ernährung statt Rind und Schwein? Das EU-Recht macht es jetzt möglich. In anderen Ländern verzehrt man so manches Insekt als Delikatesse.

Riesenwanzen – in Südostasien eine gerne verspeiste Nahrung

IMAGO / UIG

Der Trend ist nicht aufzuhalten. Wer noch nicht vegan isst, bekennt sich wenigstens zum Vegetariertum. Fleisch essen gerät immer mehr aus der Mode. Nur primitive Männer freuen sich an der Bratwurst vom Grill, woke Geister wenden sich voller Abscheu ab. Die aktuelle Regierung fordert bereits eine Halbierung der Nutztierhaltung (in Deutschland). Und selbst der Landwirtschaftlichen Versicherungsverein LVM rief zur Beteiligung an einer Kampagne fürs vegane Essen im Januar auf, am „Veganuary“, was einige Landwirte dazu bewog, den Vertrag mit der LVM zu lösen.

Man kann den Trend gut finden. Wer möchte Metzger sein, der einmal tief in die samtenen Augen eines Kälbchens geblickt hat? Wer noch Milch von echten Kühen trinken? Wobei: Wo bleibt das Mitleid mit den Hühnern und der Aufschrei über die Qual des Eierlegens?

Ekel-EU
Fleisch für Europa: EU lässt Hausgrille auf den Teller krabbeln – und ins Bier schütten
Wem liegt denn nicht das Tierwohl am Herzen? Wer dennoch Fleisch essen will, kauft eben das in anderen Ländern günstig erworbene. Da sieht man ja nicht, wie es ums Tierwohl bestellt ist. Und billiger ist das auch noch. Denn obzwar der gute Konsument auf Öko und Bio schwört, greift er lieber zum Sonderangebot aus Sonstwo, was man ihm in Inflationszeiten noch nicht einmal verdenken kann, oder? 

Nun, neben der Liebe zur leidenden Kreatur gibt es noch ganz andere, womöglich gewichtigere Argumente gegen das Fleischessen. Rinder rülpsen klimaschädliches Methan in die Welt! (Dabei ist kaum etwas nachhaltiger als das Fleisch von Tieren zu essen, die es schaffen, für Menschen unverdauliches Gras in Eiweiß umzuwandeln.) Überhaupt, die Landwirtschaft: vergiftet alles mit ihren sogenannten „Pflanzenschutzmitteln“, versaut das Grundwasser mit der Gülle aus der Tierhaltung und sorgt fürs Insektensterben. Wobei: Die lieben ja eigentlich einen saftigen Kuhfladen auf der Wiese.

In den Niederlanden ist man bereits weiter als bei uns: Dort droht Landwirten die Enteignung, sollten sie ihre Böden weiterhin mit Gülle belasten.

Kurz: Am meisten leidet die Natur unter der Landwirtschaft, darin sind sich viele liebe Menschen einig. Woher die Nahrung kommt, wenn man die Bauern abschafft? Ach, fragt nicht. Das meiste Biogemüse liefert uns bekanntlich China. Und Eiweiß kann man auch aus anderen Quellen beziehen.

Stephans Spitzen:
Wie der Feminismus versagt
Das ist der neueste Schrei: Protein aus Insekten! Während Kälbchen furchtbar niedlich sind, geht uns das Schicksal des gelben Mehlwurms, der Hausgrille, der Wanderheuschrecke oder des Getreideschimmelkäfers eher weniger nah. Die dürfen, fein zermahlen, nun in allen möglichen Lebensmitteln enthalten sein. Freut euch auf Brötchen, Schokolade, Pizza, Saucen und Snacks mit knackigem Insektenmehl.

Nun – warum auch nicht. Man sieht ja nicht, was man da isst. Und in anderen Ländern verzehrt man so manches Insekt, in Schokolade getaucht, als Delikatesse. Irritierend ist lediglich der zeitliche Zusammenhang mit der Kampagne gegen das Fleischessen und die heimische Landwirtschaft, der ja bekanntlich das brandgefährliche Insektensterben angelastet wird.

Doch auf den Getreideschimmelkäfer kann man verzichten, solange die liebe Biene noch summt, oder?

Stephans Spitzen:
Toleranz, richtig gelebt
Es ist schon ein seltsames Land, dieses Deutschland. Dass souverän ist, wer über Energiequellen verfügt, hat man hierzulande längst schon vergessen. Kohle ist pfui, Atomkraft verpönt, eigene Gasquellen dürfen nicht angezapft werden, dafür wird Bauernland demnächst durch Windkraftstandorte ersetzt. Bodenverdichtung und -vernichtung durch die gigantischen Fundamente, Vogel- und Insektentod, negative Klimafolgen durch Abnahme der Windgeschwindigkeit und dank höheren Temperaturen in der Umgebung von „Windparks“?

Egal. Hauptsache, weniger Landwirtschaft.

Denn dass souverän ist, wer die Lebensmittel für die eigene Bevölkerung weitgehend selbst erzeugen kann, ist ebenfalls vergessen. Die Abhängigkeit vom Weltmarkt wird von Enthusiasten gewiss eher gern gesehen. Was man Tieren und Natur in unserem Land nicht zumuten möchte, dürfen gern die anderen erledigen.


Über dieses Dilemma – und was das heißt für unser Land – unterrichtet ein Wutschrei von Bauer Willi Kremer-Schillings. Nachzulesen auch in seinem Buch „Satt und unzufrieden“.

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