Tichys Einblick
Stephans Spitzen:

Ein bisschen Verständnis für Frau Lambrecht – mehr nicht

Es tut weh, wenn die Medien einen auf dem Kieker haben. Da hat sie schon recht, die Kurzzeit-Verteidigungsministerin Lambrecht. Aber weiter muss das Verständnis nicht gehen. Sie ist wahrlich nicht die einzige fatale Fehlbesetzung durch das Primat der Quote.

SPD-Ministerinnen im damals noch paritätisch besetzen Bundeskabinett, 07.12.2022

IMAGO / Jochen Eckel

Ach, die Frau Lambrecht. Was musste sie leiden unter den Pressebengels mit deren „monatelanger Fokussierung“ auf unsere ehemalige Verteidigungsministerin.

Da kann man wirklich nur noch die Flucht ergreifen. Sofort fällt uns Diana ein, die Mutter von Prince Harry. Die Journaille auf ihren Mopeds ist dem Auto der Königin der Herzen hinterhergehetzt, es kam zum tödlichen Unfall, wobei allerdings manche behaupten, der Chauffeur sei betrunken gewesen. 

Stephans Spitzen:
Ein Plädoyer für die Wiederentdeckung des Politiker-Rücktritts
Egal: Man weiß doch, wie weh das tun kann, wenn „die Medien“ einen auf dem Kieker haben. Und es trifft ja nicht nur Frauen. Denken wir doch einmal an Rainer Brüderle (FDP). Dem wurde 2013 ein Kompliment über die dirndlgestützte Auslage einer Journalistin zum Verhängnis. Es kam zu monatelanger medialer Fokussierung. Abgang Brüderle. Dabei war er noch nicht einmal Verteidigungsminister.

Und auch unsereins kennt diesen Schmerz! Was mussten wir uns monatelang alles an Fokussierung gefallen lassen: Covidioten seien wir, Schuld am Tod so vieler Unschuldiger, der uns Ungeimpfte als gerechte Strafe jedoch auch bald ereilen würde! Insofern: Verständnis für Frau Lambrecht. 

Bis hierhin. Aber nicht weiter. Denn ausnahmsweise sind einmal nicht „die Medien“ schuld an alledem. Man muss es schon sehr dumm anstellen, um auch die ansonsten treu zur Ampelregierung stehenden Journalisten gegen sich aufzubringen. Gewiss, an der Vernachlässigung der Bundeswehr ist nicht Frau Lambrecht schuld, das begann alles spätestens 2011 mit der Aussetzung der Wehrpflicht unter Thomas de Maizière – der sich immerhin dessen nicht recht erfreuen mochte.  

Ohne den Ukraine-Krieg wüssten wir gar nicht, angesichts des allgemeinen Desinteresses eines bislang pazifistisch gesonnenen Landes und seiner Politiker, insbesondere der SPD, wie marode die Bundeswehr ist. Noch nicht einmal genug Munition hat die Armee. Verteidigungsfähigkeit? Ach was, wir laden geradezu ein zu einer Invasion. 

Stephans Spitzen:
Die Regierenden: Zwerge im Größenwahn
Immerhin soll nun Deutschland mit dem sagenhaften Kampfpanzer Leopard Kriegspartei im Ukrainekonflikt werden. Das kann allerdings dauern. So heißt es aus dem Rüstungskonzern Rheinmetall: „Die Fahrzeuge werden nicht nur neu lackiert, sondern müssen für einen Kriegseinsatz umgebaut werden. Sie werden komplett auseinandergenommen und dann wieder neu aufgebaut.“

Also: An allem ist Frau Lambrecht gewiss nicht schuld. Doch an ihrem Fall zeigt sich der grundlegende Fehler nicht nur der jetzigen Kabinettszusammensetzung, sondern überhaupt der „Fokussierung“ (ich werde dieses Wort nicht mehr los) auf Frauenquoten und „Geschlechtergerechtigkeit“. 

Stephans Spitzen:
Wie der Feminismus versagt
Nun ist es ja nichts Neues, dass Regierungen nach Quoten zusammengesetzt werden – welches Bundesland muss berücksichtigt werden, welcher Parteifreund versorgt. Das hier auch früher immer „Kompetenz“ entschieden hätte, kann man wirklich nicht behaupten. Insofern: Warten wir mal ab, ob der designierte Verteidigungsminister Boris Pistorius die Erlösung bringt. Und mal schauen, welcher Mann nun aus dem Kabinett entfernt werden muss, damit die Parität wiederhergestellt ist. Ich hätte da einen Kandidaten: den Gesundheitsminister.

Mit der Frauenquote jedenfalls wurde der Wahnsinn zur Methode. Ich sehe in der Ampelregierung nicht eine Ministerin, der ich Weitblick und ein Gefühl für die Interessen des eigenen Landes (nicht des eigenen Geschlechts) zutraue. (Allerdings auch keinen Minister.) Die Quote diffamiert alle Frauen, die etwas von der Sache verstehen, der sie sich anzunehmen haben. Und sie hilft im Übrigen machtbewussten Leadern, die männliche Konkurrenz schön klein zu halten. Diese Klaviatur hat bereits Merkel brillant bedient.

Kleine Einschränkung: Ich sehe derzeit weder einen Leader noch ernstzunehmende männliche Konkurrenz. Vielleicht sollten wir uns daher auf den Rücktritt des gesamten Ampelkabinetts fokussieren?


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