Tichys Einblick
Hilf selbst, dann hilft Gott

Die Überschwemmung zeigt erneut: Auf die normalen Leute ist Verlass

Wenn es während und nach der Flut Helden gab, waren es nicht die abgehobenen Weltretter und politmedialen Lautsprecher, sondern ganz normale Leute: nicht zuletzt die gern verächtlich gemachten alten (und jungen und mittelalten) weißen Männer, vorneweg die Landwirte.

IMAGO / Future Image

Während Menschen in Schutt und Schlamm starben, sind die Kids von Fridays for Future sauber geblieben und haben solidarisch in Berlin gehüpft, weit weg von allem. Bundespräsident und Kanzlerin führten das übliche Spiel von der Betroffenheit auf und schwadronierten ansonsten ebenso abgehoben vom „Klimaschutz”, den man jetzt beschleunigen müsse. Die Grünen haben sich wahrscheinlich steigende Chancen auf die Kanzlerschaft ausgerechnet, denn hier war er doch, der „Beweis” für die Notwendigkeit erhöhter „Klimasensibilität“! 

Was für ein abgehobener Quatsch.

Und wer umgehend in die Katastrophengebiete eilte, um zu helfen, waren nicht die üblichen politmedialen Lautsprecher, sondern die gern verächtlich gemachten alten (und jungen und mittelalten) weißen Männer, vorneweg die Landwirte.

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Stellvertretend für gegenwärtiges Heldentum sei Hubert Schilles genannt, 68, Geschäftsführer eines Tiefbauunternehmens aus der Region, der den Abfluss der Steinbachtalsperre frei geräumt hat, 18 Meter unter dem Wasserspiegel, und damit dafür sorgte, dass der Damm nicht brach. Unter Lebensgefahr. „Ich kann dieses Risiko doch keinem zumuten, da reinzufahren. Mir war bewusst, was ich mache.“ In der Tat: Kein Einsatzleiter hätte einem seiner Leute diese Aufgabe zumuten dürfen. Angst habe der 68-Jährige nicht gehabt, sagt er, sein Glaube an Gott habe ihm Kraft gegeben.

Wer auch nicht abgewartet hat, bis ihm jemand einen Auftrag erteilte, ist Markus Wipperfürth aus Köln, der in kürzester Frist Hilfe durch andere Landwirte mobilisiert hat und darüber auf Facebook täglich berichtet – drei Tage lang wurde ohne Dixiklos oder Wasser mit schwerem Gerät geschuftet, das Technische Hilfswerk rückte erst später an. Dafür durfte er sich unter Verdacht nehmen lassen, ein irgendwie gearteter „Querdenker“ zu sein, denn, so scheinen einige zu denken, wer hilft schon völlig selbstlos?

Doch, so etwas tun sie, die ganz normalen Menschen, wie es sie schon immer gab, die in der Not über sich hinauswachsen. Und auf die kommt es letzten Endes an.

Die staatliche Vorsorge? Vergiss es, die Bevölkerung wurde ja noch nicht einmal rechtzeitig gewarnt. Auch die institutionalisierte Hilfe nach dem Katastrophenfall brauchte eine kleine Ewigkeit, bis sie anlief. Was half, waren offenbar – der Glaube an Gott und an die eigene Kraft. 

Der Glaube an den Staat und an sein Funktionieren im Notfall hingegen hat erheblichen Schaden genommen – erst recht der Glaube an Politiker, die sich zu höheren Dingen berufen fühlen, ohne den Auftrag dazu zu haben. Die das Klima oder gar die Welt retten wollen, aber im Notfall versagen. Unter den ganz großen Dingen tun sie’s nicht, weshalb sie auch nichts tun. Wenn man in so hohen Sphären schwebt wie die Bundeskanzlerin, muss man nicht wissen, dass es Hochwasser auch schon zu Zeiten gab, als man noch nicht vom menschengemachten Klimawandel sprach – also vor der Industrialisierung. Und das in Rheinland-Pfalz für „Klimaschutz“ zuständige Ministerium, seit zehn Jahren unter grüner Leitung, war lange Jahre so vorrangig mit der Versorgung der eigenen Leute beschäftigt, dass keine Zeit war für so niedrige Dinge wie Hochwasserschutz.

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Wir sind Zeugen eines erschütternden Scheiterns bei den kleinen, aber im Hier und Jetzt überlebensnotwendigen Dingen. Doch bevor das allzu vielen auffällt, bemüht man sich eilfertig, von diesem Autoritätsverlust des Staates und seiner Institutionen abzulenken. Das mieseste Manöver: sie auszubremsen oder zu denunzieren, die Helfer aus eigener Initiative. „Querdenker“ seien unter ihnen gesichtet worden, hieß es schon bald – woran auch immer man solche erkennt – und andere, im Zweifelsfall „rechte“ zwielichtige Gestalten, die unter dem Vorwand der Hilfe Proselyten machen wollten. Als ob das nicht die Spezialität aller anderen Politiker wäre, sich „vor Ort“ sturzbetroffen in Szene zu setzen. 

Hat man Angst vor Bürgern, die zur Selbsthilfe greifen? Weil sie das staatliche Monopol auf „Mutti weiß, was gut für dich ist“ angreifen? Weil sie zeigen, wie erbärmlich die Panikmacher und Apokalyptiker sind, sobald es darum geht, konkret zu werden und zu handeln?

Wie sagte noch Hans Magnus Enzenberger, vor vielen Jahren, und heute so richtig wie damals? „Sofern die Gattung fähig ist zu überleben, wird sie ihre Fortdauer vermutlich nicht irgendwelchen Außenseitern  verdanken, sondern ganz gewöhnlichen Leuten.

Den Normalos eben.


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