Tichys Einblick
Stephans Spitzen:

Die Reichsbürger-Razzia – und der lange Marsch an die Macht

Die „Reichsbürger“ hätten nicht annähernd in die Nähe der Macht kommen können. Wie man wirklich die Macht in einem Staat und einer Gesellschaft gewinnt, wissen andere sehr viel besser.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit Bundespolizisten, August 2022

IMAGO / Political-Moments

Es war ein Jahrhunderteinsatz, die Aktion Nikolaus. Eine bundesweite Razzia. 130 Durchsuchungen mit einem Aufgebot von 3000 Polizisten. Dergleichen hat es seit Bestehen der Bundesrepublik nicht gegeben. Die Innenministerin schaute nach eigener Aussage in einen terroristischen „Abgrund“.

Und wer hat zurückgeschaut? Ein Operettenprinz in Cord und Tweed, Typ Heiratsschwindler, und ein paar weitere Senioren. 25 Personen wurden in Gewahrsam genommen, im Beisein von vorausschauend schon Wochen vorher einbestellten Fotoapparaten und Fernsehkameras. Mehrere davon sind bereits wieder auf freiem Fuß. Beschlagnahmt wurden nach Pressemeldungen 19 Faustfeuerwaffen (vulgo: Pistolen) sowie 25 Langwaffen (vulgo: Gewehre). Auch Messer, Armbrüste, Schreckschusspistolen. Damit können Terroristen schlimme Dinge anrichten.

Aber ein Staatsstreich? Laut Presseberichten wollten die Reichsbürger den Bundestag in ihre Gewalt bringen. Nun, die politische Kommandozentrale befindet sich im Bundeskanzleramt, nicht im Reichstagsgebäude. Und gemeinhin besetzt man zuallererst die wichtigsten Sender, wenn wirklich die Macht gewonnen werden soll. 

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Nicht, dass ich mich damit besonders gut auskenne, aber ich denke ein anderes Vorgehen zur Eroberung politischer Macht ist weit effektiver, auch wenn dazu ein etwas längerer Atem gehört. Man nannte es einst: „Marsch durch die Institutionen“. In Berlin ist man damit bereits ziemlich weit gekommen. Benedikt Lux, Grüner im Berliner Abgeordnetenhaus, hat es schon vor zwei Jahren ausgeplaudert: „Gemessen an dem, was vorher gelaufen ist, haben wir einen Riesenerfolg erzielt. Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht. Bei der Feuerwehr, der Polizei, der Generalstaatsanwaltschaft und auch beim Verfassungsschutz. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft bemerkbar macht.“

Ich bin mir sicher: Das hat es schon. Doch im Bund ist man offenbar noch nicht ganz so weit. Allerdings wird wie schon bei Corona auch diese Krise nicht ungenutzt bleiben. Dank einer angeblichen Pandemie haben die Deutschen bereits den Ausnahmezustand eingeübt. Jetzt folgt der nächste Schritt im Prozess der Widerspenstigen Zähmung. 

In des Putsch-Prinzen Entourage soll auch eine ehemalige AfD-Abgeordnete als künftige Justizministerin mitspielen. Schon fordern besorgte Politiker das Verbot der Partei – so der niedersächsische Innenminister Pistorius. Passt doch!

Auch ein ehemaliger Bundeswehrkommandeur ist bei der Reichsbürger-Truppe sowie ein ehemaliger Fallschirmjäger der Bundeswehr und Survival-Experte, der vor einigen Jahren in einem Interview prophezeit habe: „Schon ein Stromausfall für wenige Tage könnte die öffentliche Ordnung in den Städten zusammenbrechen lassen.

Historische Erfahrungen mit Blackouts zum Beispiel in New York zeigen, dass das durchaus zutreffend ist. Diese Erkenntnis wird mittlerweile auch auf Regierungsebene geteilt. Nur hat wohl nicht der genannte Reichsbürger auf ein solches Risiko hingearbeitet, sondern unsere benevolenten Politiker mit ihrer Energiepolitik. 

Soll man sich nun also Sorgen machen über die Loyalität unserer bewaffneten Kräfte, die womöglich in hohem Maße rechtsextrem unterwandert sind?

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Dieser Verdacht wird, mindestens seit Frau von der Leyen Verteidigungsministerin war, gehegt und gepflegt – doch, ja, jede Art von Extremismus bei Waffenträgern ist gefährlich. Man sichert sich die Loyalität der Truppe allerdings nicht, indem man Spinde auf Porträts von Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform flöht. Ebensowenig hilft es, eine Polizei-Elite-Truppe wie die Frankfurter SEK aufgrund dubioser Unterstellungen in die Stallhaltung zu schicken.

Wie also dann?

Die Innenministerin hat bereits im Anschluss an den „gefährlichen Einsatz zum Schutz unserer Demokratie“ die Katze aus dem Sack gelassen. Nach Berliner Vorbild soll „ausgetauscht“ werden, auf allen Ebenen. Und damit das schneller funktioniert, soll nun de facto die Beweislast umgekehrt werden: Es gehe nicht an, dass der Staat immer nachweisen müsse, dass jemand nicht verfassungstreu sei – den Verdacht soll doch besser der Beschuldigte selbst ausräumen.   

Ende der Unschuldsvermutung. So also möchte eine Innenministerin mit einer der Grundlagen unseres Rechtsstaates umgehen. Nach dem Motto: „Die Tat ist dem Angeklagten zuzutrauen“? 

Ein wenig musste sie nun zurückrudern. Ihr neuer Ansatz: „Ich will das Disziplinarrecht so aufstellen, dass es keiner Verwaltungsgerichtsklage mehr bedarf, um Bedienstete aus dem Öffentlichen Dienst zu bekommen, sondern dass das mittels eines Verwaltungsaktes geschehen soll.“ Denn: „Das geht dann schneller.“  

Frage eines begabten Abiturienten: Könnte es sein, dass Innenministerin Faeser nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht? Und wäre es nicht an der Zeit, dass sie den Gegenbeweis erbringt, um ihre Entlassung aus dem Staatsdienst zu verhindern?


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