Tichys Einblick
Stephans Spitzen

Das Biedermeier hatte schönere Möbel

Die Deutschen ziehen sich ins Private zurück – nicht aus Romantik, sondern aus Notwehr. Zwischen wachsender Unsicherheit in den Städten, staatlicher Repression und einem Klima der Denunziation bleibt vielen nur der Rückzug in die eigene Stube, während der Staat mit Fördergeldern fragwürdige Organisationen aufmunitioniert, um jeden Gegner mundtot zu machen.

picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Was unterscheidet das „Biedermeier“ (1815 bis 1848) von der heutigen Zeit? Womöglich nur die Schönheit der Möbel, mit denen man damals seine häusliche Idylle ausstattete. Ich nenne zwei Biedermeierkommoden mein Eigen und bekenne mich auch sonst schuldig: Wie der karikierte Herr Biedermeier, nach dem die gut 30 Jahre lange Zeitspanne benannt ist, ein dichtender Dorflehrer, bin auch ich glücklich über meine kleine Stube und meinen engen Garten. Und dichten tu ich auch.

Wer schreibt, ist gern allein. Dazu habe ich die Panikpandemie nicht gebraucht. Doch für die auch bei anderen Menschen mehr und mehr verbreitete Suche nach dem Glück im Kleinen und Privaten gibt es Gründe. Die einst für Freiheit und Öffentlichkeit stehenden Städte sind unerfreulich geworden, seit sie vor allem von jungen Männern fremder Kulturen in Besitz genommen werden. Frauen trauen sich abends nicht mehr allein aus dem Haus und traditionsreiche Feste werden aus Sorge um die Sicherheit abgesagt. Dafür findet immer häufiger das Fastenbrechen im Ramadan auf öffentlichen Plätzen statt, eine Islamisierung der Öffentlichkeit, um deren Sicherheit man offenbar nicht besorgt sein muss.

Doch haben wir uns nicht längst an den Verlust der Öffentlichkeit gewöhnt? Tiefe Schneisen hat der mannigfache Angriff von Staat und Institutionen auf die bürgerlichen Freiheiten und die bürgerliche Öffentlichkeit in den Jahren 2020 bis 2023 geschlagen. Auf einer Bank sitzen und ein Buch lesen? Verboten. Im Freien allein ohne Maske unterwegs sein? Ging gar nicht. Nur mit Hund. Viele dieser aus solchen Gründen angeschafften Kreaturen verkommen einsam und allein heute im Tierheim.

Öffentliche Versammlungen waren streng untersagt und Demonstranten wurden brachial verfolgt. Dann wenigstens im Wirtshaus am Stammtisch auf die Regierung schimpfen? Dazu mussten so viele Hürden überwunden werden, dass viele Kneipen sich bis heute nicht von diesen Jahren erholt haben, sofern es sie überhaupt noch gibt.

Man traf sich am besten nur im Privaten, im Wohnzimmer, mit zugezogenen Vorhängen, wobei auch solche Treffen verboten waren, weshalb viele sich das gar nicht erst trauten. Ja, das erinnert tatsächlich ans Biedermeier – der Rückzug ins Private war damals eine Reaktion auf staatliche Kontrolle und Zensur. Metternichs Karlsbader Beschlüsse von 1819 zielten auf eine starke Begrenzung politischer Betätigung und bedeuteten eine strenge Zensur für alle Arten von Veröffentlichungen. Burschenschaften wurden verboten, die Freiheit der Lehre an den Universitäten und die Meinungsfreiheit eingeschränkt.

Man hielt also besser den Mund und blieb zuhause. Immerhin profitierte davon die Hausmusik. Ich weiß jetzt nicht, in wie vielen Familien Blockflötenkonzerte wieder en vogue sind. Bademäntel aber haben Konjunktur: es könnte ja passieren, dass morgens um sechs Uhr die Polizei anklopft, weil der Bewohner einen Schwachkopf Schwachkopf genannt hat. Wer weiß schon, was wer einer der vielen Meldestellen gemeldet hat – freies Spiel für Menschen, die alles, was nicht links ist, als rechts oder rechtsradikal oder rechtsextrem empfinden. Wir wissen ja, was und wen die jetzige und womöglich künftige SPD-Innenministerin Nancy Faeser zum Hauptfeind erklärt hat: alles, was man irgendwie in die rechte Ecke stellen kann.

Wir leben in Zeiten, in denen politische Betätigung in der falschen Partei zum Berufsverlust führen kann. In denen immer wieder nach Mitteln und Wegen gesucht wird, die einzige Oppositionspartei zu verbieten, die bereits jetzt, bei der letzten Bundestagswahl, über 20 Prozent der Stimmen erhalten hat, Tendenz ansteigend.

Staatliche Gelder fließen in erheblichem Ausmaß an sogenannte „Nichtregierungsorganisationen“, die aufgrund dieser Alimentierung es ganz offensichtlich nicht sind. Ein Netzwerk solcher Staatsbüttel organisiert bei jeder Gelegenheit Demonstrationen gegen Rechts – auch wenn der Anlass ein Messerattentat durch einen Migranten ist.

Doch die Frage nach der Legitimität solch staatlich unterstützter Organisationen stellte die CDU erst, als sie selbst in deren Schusslinie geriet. Das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ fördere „einige Organisationen finanziell (…) , die an den Demonstrationen beteiligt waren“. Doch die CDU hat sich mit ihrer Politik der „Brandmauer“ gegen die AfD von Rot und Grün abhängig gemacht. Und sie wird, sollte Friedrich Merz Kanzler werden, sich die staatlich geförderten Kampfbünde zunutze machen.

Polieren wir also unsere Biedermeiermöbel, holen einen Hund aus dem Tierheim und bleiben wir zuhause. Geübt ist geübt.


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