Science Fiction ist eine Spielart der zumeist als trivial bezeichneten Literatur, die an sich selbst den Anspruch stellt, wissenschaftliche Erkenntnisse in eine mehr oder weniger nahe Zukunft zu denken. Der vielleicht erste Romancier, der sich diesem Genre widmete, war der Franzose Jules Verne, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Erzählungen wie „In 80 Tagen um die Welt“, „20.000 Meilen unter dem Meer“ und „Reise um den Mond“ den technischen Fortschritt seiner Zeit zugrunde legte und darauf technisch-literarische Möglichkeiten entwickelte, die zwar nicht in jeder Hinsicht, jedoch in ihrem inhaltlichen Kern heute längst Wirklichkeit sind.
Einen Höhepunkt erlebte Science Fiction (abgekürzt: SciFi) in den Fünfziger und Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als der Wettlauf ins All der beiden damaligen Supermächte die Phantasie der Autoren und deren Leser beflügelte. Die Romane des Biochemikers Isaac Asimov gehören bis heute zu den am besten durchdachten Fortschreibungen der Gegenwart in einer Literatur, die allerdings hinsichtlich der Masse ihrer Autoren eher als „Space Fiction“ (SpaFi) zu bezeichnen wäre und in Fernsehserien wie dem deutschen „Raumschiff Orion“ und der immer weiter entwickelten „Star Treck“-Saga zu Klassikern wurden.
Aus SciFi wird CliFi wird SoFi
Bereits in den Siebzigern driftete das Genre ab in zwei sich zunehmend unterscheidende Unterarten, die, zumeist immer noch unter dem Oberbegriff der SciFi, als Science Fantasy (SciFa) und Romantic Fantasy (RoFa) zu bezeichnen wären. SciFa füllt mit der von Disney zum Massenphänomen gemachten „Star Wars“-Opera heute mehr denn je die Kinos, während RoFa eher die Vorstellungen der aufkeimenden Ökologie-Bewegung bediente. Hier sei exemplarisch Ursula Kroeber, die sich den Künstlernamen Ursula K. Le Guin gab, genannt. Sie gab mit Romanen wie „Das Wort für Welt ist Wald“ die Richtung vor, baute mit dem „Erdsee“-Zyklus bewusst kulturanthropologische Mythen in ihre Romane ein.
Möglicherweise ist die Zeit auch bereits über CliFi, die vom deutschen Regisseur Roland Emmerich mit „The Day After Tomorrow“ im Jahr 2004 und „2012“ im Jahr 2009 mit viel Klima-Panik und noch mehr Hollywood-Action in die Kinos gebracht wurde, hinweggegangen in einer Phase, in der Jugendliche mit klimareligiösen Anwandlungen zu Sitzungen der UN und der EU-Kommission geladen werden, um dort öffentlich ihre Statements als Anklage an eine Welt abzugeben, die ihre bösen Eltern angeblich mit Vorsatz zu vernichten trachten. Stattdessen bietet der Blick auf die aktuelle Situation es an, mit „Social Fiction“ (SoFi) eine weitere Spielart zu kreieren.
Social Fiction der One-People-World
Um sich dieser Vorstellung zu nähern, ist es zweckmäßig, einen Blick auf die Zukunftsvision des Weltvereins „United Nations Organization“ und des altweltlichen EU-Vereins zu werfen. Beide streben nachweislich der in ihren Archiven nachlesbaren Beschlüsse und Verlautbarungen das Ziel an, den klassischen Nationalstaat zu überwinden.
Der Weg in die Diktatur
Eines der Grundprobleme jeder Herrschaftsform ist neben der Eigenlegitimation der Machteliten die Gefahr von Unruhen oder gar Aufständen, die die Überwindung der jeweils aktuellen Machtkonstellation zum Ziel haben. Unabhängig davon, dass bei all solchen als „revolutionär“ bezeichneten Prozessen letztlich nur eine Machtelite durch eine andere ersetzt wird – die Masse des revoltierenden Volkes also nur ihre Herrscher austauscht, ohne für sich selbst dabei substantielle Vorteile zu erlangen -, definieren die Rechte und Möglichkeiten des Individuums den Grad der Freiheit einer Gesellschaft. Diese Rechte und Möglichkeiten stehen in ständigem Konflikt mit den Vorstellungen eines als Gemeinwohl bezeichneten, zwangsläufig an kollektivistischen Vorstellungen orientierten Primats der Politik. Wir erleben diesen Konflikt gegenwärtig hautnah beispielsweise dann, wenn in kollektivistisch-sozialistischen Kreisen die Nahperspektive einer Öko-Diktatur nicht nur abstrakt diskutiert wird, sondern beständig sehr konkrete Maßnahmen der Einschränkung individueller Freiheiten exekutiert werden. Jene pseudoreligiöse „Klima“-Bewegung mit ihrer „how-dare-you“-Alternativlosigkeit stellt hier die Avantgarde der anzustrebenden Diktatur, in der sich alles individuelle Handeln an einem vorgeblich alternativlosen Klimaziel zu orientieren hat und Abweichungen von den vorgegebenen Verhaltensnormen als klima- und damit gesellschaftsschädlich klassifiziert und abgestraft werden.
Hier nun sind wir bei der SoFi, die als Sozialvision derzeit fast schon mehr die Welt der Gegenwart als die der Zukunft beschreibt.
Das demokratische Dogma
Ein weiteres Problem, mit dem die Systemumbauer zu kämpfen haben, ist neben der Massenträgheit das Dogma der Demokratie. Die Systemumbauer würden nicht nur in Konflikt mit dem geschriebenen Wort des Grundgesetzes geraten, sollten ihre Maßnahmen spürbar in ein totalitäres Herrschaftssystem führen – sie verlören auch die Unterstützung breiter Bevölkerungskreise, sollte diesen bewusst werden, dass der vorgesehene Gesellschaftsumbau zwangsläufig in ein totalitär-restriktives Konstrukt führt. Das Individuum muss insofern wie jener Frosch behandelt werden, den man in kaltem Wasser auf die Herdplatte setzt und behutsam zum Kochen bringt, ohne dass ihm dieses bewusst wird und er seinen absehbaren Tod daher nicht zu verhindern sucht.
Gleichwohl bleibt das Problem bestehen, dass der Verzicht auf das individuelle Bürgerrecht in einer als Demokratie behaupteten Gesellschaft immer noch ein freiwilliger sein muss. Erreichbar ist er nur über das, was seitens der Systemumbauer als „Vernunft“ deklariert wird. Doch erfahrungsgemäß versanden Appelle an die Vernunft zumeist spätestens dann, wenn das diese Vernunft abstrakt einfordernde Geschehen auf die reale Erkenntniswelt der Betroffenen trifft. Das Dilemma der Systemumbauer ist es daher, diktatorisch agieren zu müssen, ohne diktatorisch zu wirken. Es sei denn, es finden sich Instrumente, die die angestrebten Verhaltensänderungen als scheinbar unausweichlich für das Individuum in einem Maße spürbar machen, dass die Selbstaufgabe der Freiheit aus scheinbar freier Entscheidung erfolgt.
Nur unmittelbare Bedrohung schafft Druck
Die Erfahrung lehrt, dass eine solche „Freiwilligkeit“ ausschließlich unter der Situation der unmittelbaren, persönlichen Bedrohung erfolgt und dabei die Unmittelbarkeit dieser Bedrohung in ihrer zwangsläufigen Verknüpfung mit den Maßnahmen der Selbstaufgabe das Bewusstsein bestimmt. Anders formuliert: Verhaltensveränderung kann dann erfolgreich erreicht werden, wenn das Individuum seine Überlebenschance aus Angst vor dem eigenen, existentiellen Ende ausschließlich in dieser Verhaltensänderung erkennt.
Hier nun bietet die aktuelle Corona-Krise ein exzeptionelles Experimentierfeld für die Systemumbauer. Nicht, dass die derzeit aufgezwungenen Verhaltensänderungen im Sozialverhalten nicht tatsächlich notwendig sein mögen – das zu beurteilen maße ich mir nicht an. Das Problem, welches jedoch sich dahinter verbirgt, ist nicht nur der Lerneffekt für jene, die totalitäre Verhaltensänderungsvorgaben anstreben, sondern auch die bereits in diesen Maßnahmen enthaltenen Möglichkeiten der Durchsetzung entsprechender Verhaltensänderungen.
SoFi in den Details
Beginnen wir bei unserer SoFi mit einem scheinbar unbedeutenden Detail. Die Regierung legt in der Erwartung sozialer Krisensituationen durch Umsatzeinbrüche, Insolvenzen und Entlassungen sogenannte Hilfspakete auf und schafft beispielsweise mit dem Kündigungsschutz bei Ausbleiben der Mietzahlungen Grundlagen für systemische Änderungen, die den Weg in den kollektivistischen Staat bereiten.
Grundsätzlich scheint nichts dagegen zu sprechen, dass „der Staat“ als Solidargemeinschaft in einer solchen Krisensituation Hilfsmöglichkeiten auflegt. Und doch findet mit den aufgelegten Programmen eine bislang ungeahnte Form der Subventionierung von Bestandsunternehmungen statt, die in einer freien Marktwirtschaft zwangsläufig einer ökonomischen Flurbereinigung zum Opfer gefallen wären. Der Staat manifestiert folglich mit seinen Hilfsprogrammen einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ist-Zustand, während die Krise an sich die Möglichkeit geboten hätte, über die notwendige Innovationsfähigkeit der Individuen neue Wege anzugehen. Unstrittig, dass Letzteres zu erheblichen Härten und selbst revolutionären Veränderungen hätte führen können. Gleichwohl ist das Staatsverhalten in seiner Konsequenz rückwärtsgewandt, da es den Aspekt der individuellen Innovationsfähigkeit gänzlich ausblendet. Hier stellt sich durchaus die Frage, welchen Sinn es macht, beispielsweise Ein-Mann-Unternehmen zu subventionieren, die offensichtlich derart auf Knopf genäht sind, dass bereits ein zweiwöchiger Umsatzausfall sie in die Insolvenz treibt. Gleiches gilt für Großunternehmen wie die Lufthansa AG, die durchaus über genügend Rücklagen und ausreichende Kreditfähigkeit verfügen müssten, um den Umsatzeinbruch abfedern zu können.
Mehr noch trifft die Frage nach dem Sinn auf jene Bevölkerungsgruppen zu, die ohnehin schon maßgeblich bis ausschließlich vom Subventionsbetrieb leben. Sogenannte Kulturinitiativen sogenannter Kunstschaffender stehen bereits ganz vorn an der Klagemauer, um staatliche Gelder auch ohne Gegenleistung einzufordern. Die Krise zeigt offenkundig auf, was tatsächlich systemrelevant ist, wenn es um die unmittelbare Bedrohung der Bevölkerung geht.
Ähnlich skeptisch dürfen jene „Stundungsgesetze“ betrachtet werden, die gegenwärtig auf den Weg gebracht werden. Was hilft es dem sozial Schwachen, wenn er seine Miete nicht bezahlen muss, weil er deshalb in der aktuellen Situation nicht gekündigt werden darf? Ist die Krise überwunden – und das wird sie so oder so irgendwann sein – bleibt immer noch die Frage, was mit den aufgelaufenen Schulden geschehen soll. Müssen diese dann nachgezahlt werden, was bei Stundung der übliche Weg wäre? Dann hat der Betroffene nichts gewonnen, denn wenn der spezielle Kündigungsschutz nur in der Krise greift, verzögert er das Problem nur. Oder soll der Vermieter großzügig auf die nicht gezahlte Miete verzichten? Diese Forderung, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, wird umgehend von den sozialistischen Systemumbauern erhoben werden. Sie macht aus Sicht der betroffenen Mieter sogar Sinn – denn woher soll das Geld kommen?
Systemumbau durch Subventionslenkung
Doch nicht nur in Sachen Miete stehen die Systemumbauer bereits Gewehr bei Fuß. Ganz schlaue Köpfe aus dem Rätesegment der NGO haben eine grundsätzliche Chance erkannt und fordern, dass die staatliche Unternehmenshilfe gekoppelt werden möge an die damit zu erreichenden „Klimaziele“. Soll heißen: Unternehmen, deren Produktion oder Dienstleistung nicht durch die Klimaideologie gerechtfertigt ist, dürfen durchaus in der Krise verschwinden. Überleben sollen nur jene, die den Zielen der Ideologie dienen. Das scheint zwar auf den ersten Blick der oben aufgezeigten Möglichkeit der Flurbereinigung zu entsprechen – allerdings nur scheinbar. Tatsächlich jedoch ist diese Forderung eine unzulässige Zielsubventionierung, die jeglichem marktwirtschaftlichen Aspekt widerspricht. So wird die Krise zur Chance jener, die eine andere Gesellschaft wollen – die Angst vor der individuellen Bedrohung wird zum politischen Instrument.
Dass die Corona-Krise noch weitaus mehr Aspekte des zielgerichteten Systemumbaus als diese wenigen Möglichkeiten beinhaltet, wird in Teil 2 beschrieben werden.