Tichys Einblick
Ein Kotau nach dem anderen

Trouble bei der New York Times (NYT): Floyd und die Politik

Die NYT verfuhr nach dem in Deutschland längst üblichen Motto, einem ungeliebten Politiker durch verkürzende Scheinzitate ein negatives Image anheften zu wollen. Der vorgeblich freiwillige Rücktritt des Ressortchefs war angemessen, weil er durch seine Überschrift eine sachgerechte Auseinandersetzung mit Text und Autor unmöglich machte.

Die 1851 gegründete New York Times gilt als Institution des unabhängigen Journalismus. Unter dem Slogan “All the news that’s fit to print” („Alle Neuigkeiten, die gedruckt zu werden wert sind“) etablierte sich das Blatt international als eines der führenden Informationsangebote der Vereinigten Staaten von Amerika. Politisch gilt sie als liberal, was in den USA grundsätzlich als „links“ betrachtet wird – wobei sie sich stets bemühte, gemäß dem journalistischen Anspruch auf objektive Berichterstattung auch über Positionen zu berichten, die weniger left-winged sind. Insofern unterschied sie sich bislang maßgeblich von der beispielsweise in der Bundesrepublik festzustellenden Entwicklung, dass sogenannte Mainstream-Medien zur journalistisch gebotenen Trennung von Nachricht und Kommentar nicht mehr in der Lage sind und statt objektiver Berichterstattung, ergänzt durch Meinungskommentare unabhängiger Autoren, sich dem sogenannten „Haltungsjournalismus“ (welcher mit Journalismus nichts mehr zu tun hat) verschrieben haben.

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Nun allerdings hat das Meinungsdiktat des Haltungsjournalismus auch die ehrwürdige NYT erwischt. Ursache ist der Kommentar eines US-Senators, der dem right-wing zugeordnet wird, und der in seinem als persönliche Stellungnahme ausgewiesenen, bei der NYT veröffentlichten Text es wagte, in der „Causa Floyd“ eine vom Mainstream abweichende, die Position des US-Präsidenten stützende Auffassung zu vertreten. Dieser „rechte“ Kommentar des Republikaners Tom Cotton, der als Senator den Unionsstaat Arkansas vertritt, sorgte umgehend für einen Shitstorm des Left-Wing, der sich aktuell epidemieartig global auf den Straßen mit Massendemonstrationen und Bildersturm artikuliert. Die NYT knickte umgehend ein, ließ wissen, dass der Cotton-Kommentar unabsichtlich ins Blatt geraten sei, weil der Chef der zuständigen Meinungsredaktion versäumt habe, ihn zu lesen. Der durfte daraufhin im Eiltempo seinen Hut nehmen – offiziell in eigenverantworteter Buße für sein unentschuldbares Versäumnis.
Cottons deutliche Worte gegen „Aufrührer“ und Antifa

Tatsächlich hat Cotton, der in manchen deutschen Medien bereits als „der bessere Trump“ bezeichnet wird, weil er dessen Politik noch extensiver vertrete, in seinem Kommentar deutliche Worte gefunden. Statt sich dem Mainstream der Rassismus-Demonstranten anzuschließen, schreibt er von „Aufrührern [rioters], die viele amerikanische Städte in Anarchie stürzen“. Dieses erinnere an die „weit verbreitete Gewalt der 1960er“. Cotton lässt an jenen, die den Protest gegen den Tod des Schwarzamerikaners in Minnesota für Plünderungen nutzen, kein gutes Haar, beschreibt sie als „Banden von Plünderern, die die Straßen verunsichern, hunderte von Geschäften zerstören und plündern“. Dabei, so Cotton, seien die Unruhen „ebenso ein Karneval für Reiche, die den Kick suchen, wie für andere kriminelle Elemente“. Dann listet Cotton die Opfer in den Reihen der Polizei auf, die, von „nichtsnutzigen Politikern schutzlos ausgeliefert, die Hauptleidtragenden der Gewalt“ seien: „Officers“, die im Staat New York vom Mob gezielt mit Fahrzeugen überfahren worden sind; ein Polizist, dem in Las Vegas gezielt in den Kopf geschossen wurde; vier Polizisten in St. Louis, die beim Versuch, Benzindiebe zu hindern, gezielt unter Beschuss standen; ein 77-jähriger Ex-Polizist, der den Tod durch die Kugel fand, als er Plünderer hindern wollte, ein Leihhaus leerzuräumen.

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Cotton unterstreicht, dass dieser Aufruhr nicht mit dem „bedauerlichen Tod des George Floyd“ zu tun habe. Vielmehr seien die Versuche einiger Eliten, die „Gewaltorgie“ im Sinne eines „radical chic“ als „verständliche Antwort“ zu entschuldigen, Ergebnis einer „empörenden Gleichsetzung von Aufrührern und Plünderern mit friedlichen, gesetzestreuen Demonstranten“. Der Senator aus dem Middle-West-Staat stellt fest, dass die berechtigten Proteste von „linksradikalen Kadern wie der Antifa infiltriert werden, die den Tod Floyds missbrauchen, um ihre eigenen, anarchistischen Ziele zu erreichen“. Trump hatte vor einer Woche angekündigt, die Antifa zur terroristischen Vereinigung erklären zu wollen. In diesem Sinne dann fordert Cotton den „erdrückenden“ Einsatz staatlicher Macht, um diesem Treiben ein Ende zu bereiten und die Gesetzesbrecher dingfest zu machen. Damit stellt er sich hinter Trumps Ankündigung, im Falle eines Aufstandes oder der Behinderung des Rechts notfalls auch Militär einzusetzen. Jener dafür vorgesehene, „geschätzte und ehrwürdige“ [venerable] Insurrection Act habe weder etwas mit Ausnahmezustand noch mit dem Ende von Demokratie zu tun, wie manche den Eindruck zu erwecken suchten. Vielmehr habe die Bundesregierung [federal government – Unionsregierung in Washington] die verfassungsmäßige Pflicht, jeden einzelnen Bundestaat vor innerstaatlicher Gewalt zu schützen.
Eine Position wider den linken Mainstream

Naheliegend, dass diese Äußerungen eines konservativen Politikers nicht in die Linie der linken Meinungsführer passen. Statt dem derzeit weit über die Grenzen der USA hinausgehenden Polizei-Bashing das Wort zu reden, stellt sich Cotton trotz des bis zum Beweis des Gegenteils als unbeabsichtigt geltenden Todes des laut Obduktionsbericht unter Drogeneinfluss stehenden Floyd hinter jene Polizei, die – auch das sollte nicht unterschlagen werden – in den USA durchaus manchen Anlass zu Kritik bietet. Doch dieses ist Cottons Position – ausdrücklich. Und eine solche Position ist dann, wenn sie von einem gewählten Politiker vertreten wird, vielleicht zwar kritikwürdig, aber sie bleibt zulässig umso mehr, da nicht nur in den USA, sondern auch andernorts festzustellen ist, wie linksextremistische Staats- und Verfassungsfeinde aus den Kreisen der Antifa den Protest gegen den Tod Floyds gezielt und vorsätzlich zu instrumentalisieren suchen, um das „Schweinesystem“ der Kapitalisten – so formulieren es manche der Staatsfeinde beispielsweise über die deutschsprachige Anarcho-Plattform indymedia – zu bekämpfen und auszuhebeln.

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Tatsächlich ist der Protest gegen den Tod Floyds längst zum Instrument des anhaltenden Kulturkampfes mutiert. Vorgänge in Großbritannien, in denen Denkmäler geschleift und das Andenken Churchills in Frage gestellt wird, unterstreichen, worum es tatsächlich geht: Die „weiße“, europäische Kultur soll abschließend aus dem Bewusstsein der Menschheit getilgt und durch eine kollektivistisch-linksalternative One-People-Kulturfiktion ersetzt werden. Die Europäer werden als „Rassisten und Kolonialisten“ nicht nur unter Generalanklage gestellt – sie und das Andenken an die zivilisatorischen Errungenschaften der freiheitlich-bürgerlichen Gesellschaft sollen im Namen von „Gleichheit“ und uneingeschränktem „Toleranzgebot“ aus jedwedem, positiv konnotierten Gedächtnis der Menschheit entschwinden. Willkommenen Anlass hierzu bieten jene dabei auch beschrittenen, historischen Irrwege, die, wie zu allen Zeiten, mit jener Zeit verbunden sind, als die Europäer auszogen, der Welt ihre Zivilisation zu bringen. Das wiederum willkommener Anlass auch für die ARDMoMa-Redaktion, die angestrebte Geschichtsrevision und Erinnerungsvernichtung zum Kernthema hochzufahren und durch die Hintertür den Bildersturm zu legitimieren.
… und dann doch eine Entschuldigung

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So knickte dann angesichts des koordinierten Shitstorms die Chefredaktion der NYT ein, indem sie den Ressortchef zum Bauernopfer machte und dem Cotton-Text nachträglich eine redaktionelle Stellungnahme vorsetzte, in der unter anderem Cottons Hinweis auf die „Kader der Antifa“ als „unbewiesen“ relativiert wird. Auch sei der Hinweis auf die Polizei als „Hauptopfer der Gewalt“ ein „overstatement“, die behauptete „Verfassungspflicht“ des Insurrection Act fragwürdig. All das hätte durch die Herausgeber – also die NYT – entweder herausgenommen werden müssen, oder aber der Text in Gänze nicht erscheinen dürfen. Dennoch entschied sich die NYT nun, da er bereits erschienen ist, dafür, ihn als eine Art zeitgeschichtliches Dokument weiter zugänglich zu lassen. Und entschuldigt sich indirekt sogar noch bei Cotton, weil sie dessen Text eine Überschrift gegeben hatte, die – so die Konsequenz – den linken Aufstand gegen Cottons deutliche Worte erst gezielt befördert hat. Sie lautete „Senator Cotton: Send In The Troops“ und bedeutet, dem Senator seitens der Redaktion die Aufforderung zu einem Militäreinsatz ohne Wenn und Aber in den Mund zu legen.

Das allerdings hatte Cotton tatsächlich nicht gefordert, sondern lediglich Trumps Hinweis auf jenes Gesetz gerechtfertigt. Die NYT verfuhr also nach dem in Dutschland längst üblichen Motto, einem ungeliebten Politiker durch verkürzende Scheinzitate ein negatives Image anheften zu wollen. Und insofern war der vorgeblich freiwillige Rücktritt des Ressortchefs vielleicht doch angemessen. Nicht, weil er den zugegeben recht deutlichen Text eines gewählten Politikers angeblich ungelesen veröffentlichen ließ, sondern weil er durch die Überschrift eine Konnotation in die Situation brachte, die eine sachgerechte Auseinandersetzung mit Text und Autor von vornherein unmöglich machte.

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