Tichys Einblick
Sachsen-SPD kurz auf Honnecker-Linie

Sachsen: Quarantäne-Verweigerer sollen in die Psychiatrie gesperrt werden

Die sächsische Staatsregierung wollte Grenzen überschreiten: Wer der Quarantäne nicht gehorcht, wird in Psychiatrien weggesperrt. Das erinnert an düsterste Zeiten - Psychiatrien als Polizeigefängnisse? 

Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD)

imago images / Matthias Rietschel

Aktualisierte Fassung, 11.4.2020 16.00: Quarantäne-Verweigerer in die Psychiatrie: Das zumindest plant nach einem Bericht des MDR die sächsische Landesregierung mit sogenannten Quarantäneverweigerern. Quarantäneverweiger sind Personen, die trotz gesundheitsamtlicher Anordnung, die eigene Wohnung nicht zu verlassen, im öffentlichen Raum aufgegriffen werden. Es ist ein Rückfall in düsterste Zeiten, in denen für irrsinnig erklärt wurde, wer sich dem Staat widersetzt hat. Es ist mehrfach problematisch: Wer gegen ein Gesetz verstößt, ist nicht automatisch verrückt. Und die Patienten der Psychiatrien werden ebenfalls entwertet – Kranke werden auf eine Stufe mit angeblichen Gesetzesbrechern gestellt; Psychiatrien zu Polizeigefängnissen umfunktioniert. Mittlerweile allerdings ist die sächsische Sozialministerin zurückgerudert. Es sollen nun doch die Psychiatrien des Landes Kranken vorbehalten bleiben und Bürger, die sich der Quarantäne entziehen, sollen dort nicht eingewiesen werden. Der Druck der Kritik in den sozialen Medien ist für die Sozialdemokratin nun doch zu groß geworden; ihr Vorstoß erinnerte insbesondere viele Sachsen zu sehr an Honecker-Zeiten. 

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In der Durchführung knüpfte die sächsische Sozialministerin Petra Köpping (SPD) an die Tradition der deutschen Diktaturen von Hitler bis Honecker. Denn die „Verweigerer“ sollten in der psychiatrischen Anstalt weggesperrt werden. Laut MDR hattee die Landesregierung bereits in den vier psychiatrischen Kliniken Altscherbitz, Arnsdorf, Großschweidnitz und Rodewisch aktuell 22 Zimmer freiräumen lassen, in denen etwaige Verweigerer festgesetzt werden sollen. Deren Bewachung solle die Polizei übernehmen. Früher lag die Zuständigkeit bei Gestapo und Stasi – haben wir nicht mehr, also muss heute die Polizei ran!

Ein Opfer des Kommunismus, das angesichts des ihn überfallenden Déjà vu nicht namentlich genannt werden möchte, erinnert sich noch gut daran, wie „der Staat“ darauf reagierte, dass er aus Zorn über die DDR sein Gewerkschaftsbuch zerrissen zurückgegeben hatte. „Es dauerte keine zwei Tage, da stand die Stasi in der Tür und holte mich ab. Keine Verhandlung, keine Anklage. Nur ein medizinisches Gutachten – und ich verschwand für mehrere Jahre in der Psychiatrischen Anstalt. Ohne jedes Menschenrecht hinter Gittern, der Willkür sadistischer Sozialisten ausgesetzt. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass so etwas tatsächlich noch zu meinen Lebzeiten wieder möglich wird!“

Die SPD-Ministerin begründete die Zwangseinweisung laut MDR wie folgt:
„Es ist für unser aller Gesundheit und Leben wichtig, dass die Menschen sich an die Quarantäneanordnungen der Gesundheitsämter halten. Falls es im Einzelfall dazu kommen sollte, dass sich Menschen den Anordnungen widersetzen, sei es aber notwendig, die von den Gesundheitsämtern angeordneten Maßnahmen mit Zwang durchzusetzen.“

Rechtlich sieht sich Köpping auf der sicheren Seite. Die Zwangseinweisung sei durch § 30 des Bundesinfektionsschutzgesetzes gedeckt. Dort steht, wer entsprechenden Anordnungen nicht nachkomme oder bei wem basierend auf bisherigem Verhalten davon auszugehen sei, dass er ihnen nicht nachkommen werde, der sei „zwangsweise durch Unterbringung in einem abgeschlossenen Krankenhaus oder einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses abzusondern“.

Was Köpping – und der MDR – verschweigen: Diese Zwangseinweisung gilt aussdrücklich nur für „Personen, die an Lungenpest oder an von Mensch zu Mensch übertragbarem hämorrhagischem Fieber erkrankt oder dessen verdächtig sind“. Das allerdings trifft auf Covid-19 nicht zu. Und selbst wenn: Von „pychiatrischen Einrichtungen“ ist im Bundesgesetz auch für andere Infizierte an keiner Stelle die Rede – ausschließlich von Krankenhäusern „oder einer für diese Krankheiten geeigneten Einrichtung“. Was wiederum nur den Schluss zulässt, dass für Köpping und ihre sächsische Landesregierung entweder bereits alle Corona-Infizierten geisteskrank sind – oder eben Quarantäneverweigerer durch ihr Handeln definitiv unter Beweis stellen, „Irre“ im Sinne der Landesregierung zu sein.

Das steht – siehe oben – in langer, totalitärer Tradition. Wer nicht Nazi ist, ist geisteskrank. Wer nicht Kommunist ist, ist geisteskrank. Wer nicht Sozialist ist, ist geisteskrank. Kurz: Wer sich staatlichem Befehl widersetzt, ist geisteskrank. Das sahen bereits die nationalen Sozialisten so, als sie heute gefeierte „Widerstandshelden“ erhängten. So schließen sich die Kreise der Antidemokraten, die sich im Gewande einer durch sie zerstörten Demokratie als Demokraten verkleiden.

Der nächste Schritt dürfte insofern absehbar sein. Ist Corona erst einmal überwunden und greifen dann die Klima-Ideologen wieder zur Macht, dann ist der Weg kurz, auch bekennende Klimasünder für geisteskrank zu erklären und in der Psychiatrie verschwinden zu lassen. Schließlich richtet sich ihr Handeln letztlich noch energischer gegen die kollektive Weltgesundheit als die von einem Quarantänebrecher ausgehende Infektionsgefahr. Wie hilfreich ist es da, die Psychiatrie anders als in früheren Zeiten nicht mehr als eigenständiges Wegsperrinstrument einzuordnen, sondern es als Teil der staatlichen Gesundsheitspflege den Krankenhäusern zugeordnet zu haben. Da reicht dann zum Einstieg der richterliche Einweisungsbeschluss, den Köpping formal einholen wollte, um Menschen dauerhaft zu versenken: „Schöne neue Welt” – wir kommen in Riesenschritten.

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