Tichys Einblick
Nach der Niedersachsen-Wahl

Wähler-Bashing und rotgrüne Themen – wie sich die CDU ins Aus treiben lässt

Das war bitter – und es war nicht nur eine Konsequenz des falschen Kandidaten. Während sich die SPD trotz deutlicher Wählerverluste am Ende als Sieger feiern konnte, musste die andere ehemalige Volkspartei CDU ihre Niederlage unumwunden einräumen.

IMAGO / NurPhoto

Da gab es nichts mehr schönzureden, wenn im früheren Stammland Niedersachsen bei einer Wahlbeteiligung von nur noch 60,3 Prozent die Union auf gefühlte 28,1 und damit reale 16,9 Prozent abstürzt. Für die CDU ebenso symptomatisch wie verheerend: Sie verliert ihre Stammwählerschaft. Im katholisch geprägten Oldenburger Land, früher unangreifbare Hochburg einer fest im ländlichen Raum verankerten, traditionsbewussten Union, sind die Verluste in besonderem Maße spürbar. Dort haben sich die Wähler nicht nur in Scharen von der CDU ab-, sondern auch der AfD zugewandt.

Niedersachsen-Wahl und ein Verlierer:
Den Zurückruderer Friedrich Merz will niemand sehen
Bedanken für diesen Niedergang kann sich die CDU bei Angela Merkel und Vertretern einer linken Politik wie Karin Prien, deren Elbvororte-Sozialisation sie seit langem von der klassischen Unionsanhängerschaft abgekoppelt hat. Bedanken kann sich die CDU auch bei ihrem neuen Vorsitzenden, der sich zum Getriebenen der Linksmedien hat machen lassen und die Gestaltung der Parteiarbeit den Unions-Gegnern überlässt.

Am 9. und 10. September hatte die CDU in der Niedersachsen-Hauptstadt Hannover zu ihrem ersten Präsenz-Parteitag seit drei Jahren geladen. Doch statt in einer Situation, in der Russland Europa mit einem Terrorkrieg überzieht, der im Verbund mit grünroten Energieillusionen das einstige Industrieland Deutschland in die Knie zwingt, diese alles entscheidenden Fragen in den Mittelpunkt zu stellen, hat sich Friedrich Merz von seinen woken Vorstandsfrauen und dem rotgrünen Propagandakartell in den Medien das Unsinnsthema Frauenquote in der Union aufzwingen lassen. Es ist nicht nur so, dass dieses in einer Landbevölkerung, die dank grüner Wahnvorstellungen um ihre Existenz kämpft, gänzlich unbedeutend ist – ganz im Gegenteil sind es diese Unterwerfungsakte unter einen rotgrünen, antidemokratischen Zeitgeist, die die Wähler auch in den anderen Unionshochburgen aus den Urnen treiben.

Im Nachgang des Parteitags hatte ich das Vergnügen, mit mehreren Parteitagsdelegierten zu sprechen, die eher dem konservativen Unionsflügel zuzuordnen sind. Ihre Mitteilung: Die Stimmung unter den Delegierten war ebenso ablehnend wie die meisten Beiträge, die vor allem von emanzipierten Frauen vorgetragen wurden. Wieso es dennoch dazu kommen konnte, einen gänzlich unsinnigen und gegen die Grundwerte der Union gerichteten Antrag zu beschließen? „Wir wollten den Vorsitzenden nicht beschädigen, indem wir den von ihm vorgelegten Kompromissvorschlag abschmettern.“

Wahl in Niedersachsen
Die Grünen entscheiden und die FDP folgt
Glückwunsch für solche Parteivertreter, die wider ihre Überzeugung aus Angst vor ein paar negativen, linken Schlagzeilen in den Tagen nach dem Parteitag lieber die CDU in Niedersachsen versenkt haben. Und dabei wird es nicht bleiben. Die woke CDU, die kein Mensch braucht und der es ähnlich ergeht wie der FDP, die in ihrer Anbiederung an den hochgeschriebenen Zeitgeist als Quittung gleich ganz aus dem Landesparlament katapultiert wurde, ist in dem ohnehin schon übervollen Feld der behaupteten Konsensdemokratie überflüssig. Dass immer mehr Wähler in ihrer Verzweiflung zur AfD wechseln, ist insofern zwar nachvollziehbar, aber wird ebenfalls ohne Konsequenzen bleiben.

Wollte Friedrich Merz, wie einst angekündigt, tatsächlich die AfD halbieren, müsste er umgehend zu einer echten Unionspolitik zurückkehren. Zu einer Politik, die sich nicht von lautstarken, linken Minderheiten treiben lässt, sondern sich auf jene Mitte der Bevölkerung konzentriert, die einst Politikern wie Strauß und Kohl die Mehrheiten brachten. Dazu wird es jedoch mehr bedürfen, als nur des Austausches eines Bundesgeschäftsführers und der x-ten Neuauflage der traditionell zur Ablenkung dienenden Programmdebatten.

Die Union sollte dringend aufhören, davon zu träumen, aus dem Potenzial der Grünen und Linken Stimmen ergattern zu können. Sie sollte vielmehr – Beispiel Niedersachsen – einmal auf jene über 50 Prozent der Wähler schauen, die mit ihrer zunehmenden Wahlverweigerung und ihrer Proteststimme für die AfD bewiesen haben, dass für sie keine der linken oder zeitgeistig linken Parteien wählbar ist. Die Zeiten, als Unionsfürsten hinter verschlossenen Türen erklärten, dass ihnen die Wahlbeteiligung gänzlich egal ist, solange das Ergebnis unterm Strich ihre Mehrheit sichert, sind vorbei, wenn eine Partei, die früher die Hälfte des Volkes repräsentierte, heute nicht einmal mehr zwei von zehn Wahlberechtigten hinter sich hat.

Prognose um 18 Uhr:
Rot-Grün gewinnt Wahl in Niedersachsen
Friedrich Merz kann nur empfohlen werden, sich um jene 40 Prozent zu kümmern, die dem Parteienbetrieb Deutschland bereits den Rücken gekehrt haben. Auch sollte er aufhören mit dem AfD-Wählerbashing, denn deren aktuelle Klientel wählt diese Partei zum weit überwiegenden Teil nicht aus Liebe, sondern aus Verzweiflung.

Die CDU sollte dabei auch wissen: Eine Wahlverweigerung von rund 40 Prozent, die faktisch jedem Kabinett die demokratische Legitimation abspricht, kann bei der richtigen Ansprache schnell bereit sein, ganz andere, neue Bewerber zu unterstützen, wenn diese über das notwendige Charisma verfügen. Stellt nicht die Union die liberalkonservative Alternative zur linken Politikblase, dann kann es schnell geschehen, dass ein Durchstarter mit Ausstrahlung sich nicht nur bei dem Nichtwählerpotenzial und bei den verzweifelten AfD-Protestlern bedient, sondern auch der Union weitere zehn ihrer verblieben knapp 17 Prozent abspenstig macht.

Ein Friedrich Merz, der sich weiterhin von den linken Minderheiten in seiner Partei und der medialen Echokammer treiben lässt, hat insofern die besten Voraussetzungen, nach Merkel, Kramp-Karrenbauer und Laschet als der finale Totengräber einer um ihr Mark und ihre Substanz gebrachte Union zu werden.

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