Tichys Einblick
Durchbruch für Trumps Diplomatie

Neuordnung in Nahost – Israel und Golfstaaten finden zueinander

Die Vereinten Arabischen Emirate und Bahrein versöhnen sich mit Israel. Nicht nur für die beteiligten Staaten, sondern auch für Trump als Vermittler ein großer Erfolg. Im Nahen Osten verschieben sich die Vorzeichen und damit die Fronten. Iran und die Araber der Westbank sind die Verlierer.

Abdullatif bin Rashid Alzayani, Außenminister Bahreins; Benjamin Netanyhu, Premierminister Israels; US-Präsident Donald Trump and Sheikh Abdullah bin Zayed bin Sultan Al Nahyan, Außenminister der VAE unterzeichnen das Abraham-Abkommen vor dem Weißen Haus in Washington am 15. September 2020.

imago images / MediaPunch

Die haltungsbedingten Linken werden ihn dafür noch mehr hassen – denn dem US-Präsidenten Donald Trump ist etwas gelungen, an dem sich alle seine Vorgänger vergeblich die Zähne ausgebissen haben. Am 15. September 2020 unterzeichneten der Halbinselstaat Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) im Weißen Haus ein Abkommen mit Israel, mit dem die beiden arabischen Staaten nicht nur das Existenzrecht des jüdisch geprägten Staates am Mittelmeer definitiv anerkennen, sondern auch die Aufnahme normaler diplomatischer Beziehungen vereinbart haben. Verlierer dieser Vereinbarung sind vor allem der Iran und die arabischen Siedler in Gaza und den selbstverwalteten Westbanks, die der Welt die Illusion gegeben haben, dass es sich bei ihnen um ein ethnisch eigenständiges, palästinensisches Volk handele.

Ein Durchbruch für Trumps Diplomatie

Bislang galt in der arabisch-islamischen Welt die faktische Anerkennung Israels als Sakrileg. Aus der Anti-Israel-Front waren in der Vergangenheit nur die Nachbarstaaten Ägypten und Jordanien sowie das ferne, am indischen Ozean liegende Oman ausgeschert – skeptisch beäugt vor allem von den Arabern auf der Arabischen Halbinsel. Die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Golfstaaten und Israel darf insofern durchaus als Sensation bezeichnet werden, auch wenn mit den beiden kleinen Ländern am Golf noch nicht der ganz große Durchbruch gelungen scheint. Schauen wir allerdings genauer hin, dann wird offensichtlich: Im Nahen Osten verschieben sich gegenwärtig die Vorzeichen und damit die Fronten. 

Sowohl die VAE wie das Königreich Bahrain sind enge Verbündete der USA, die auf dem Halbinselstaat das regionale Hauptquartier ihrer 5. Flotte unterhalten. Das wird ohne jeden Zweifel die Bereitschaft, den latenten Kriegszustand mit Israel zu überwinden, befördert haben. Bedeutender allerdings ist, dass weder Bahrain noch die VAE außenpolitische Sonderwege gehen können, ohne dass sie dafür aus Riad ein Freizeichen erhalten haben. Insofern ist die Vertragsunterzeichnung vor allem ein Signal dafür, dass auch im saudischen Königshaus die Bereitschaft vorhanden ist, die Beziehungen zu Israel auf eine neue Ebene zu stellen und die religiös begründete Feindschaft mit dem jüdischen Staat zu überwinden.

Die gemeinsame Front gegen den Iran

Der Hauptgrund dieser Überwindung einer nunmehr siebzigjährigen Feindschaft ist jedoch weniger in den USA zu finden, sondern liegt in der Region selbst. Die VAE, die ihren damals unerwarteten Ölreichtum nutzten, um hochmoderne Luxusstädte zu errichten und den Tourismus an die Küste der Wüste zu holen, schauen ebenso mit großer Skepsis über den Persisch-Arabischen Golf wie die Halbinsulaner von Bahrain. Jenseits der Straße von Hormus liegt mit dem Iran ein Land, dem die Araber seit einer Ewigkeit in islamischer Hassliebe verbunden sind. Während die schon in der Antike kultivierten Perser über Jahrhunderte mit Überheblichkeit auf die Seeräuber und Nomaden der Arabischen Welt schauten, sahen sich die Araber seit eh den Hegemonialansprüchen der nordöstlichen Nachbarn ausgesetzt. Deren schiitische Interpretation der Lehren Mohammeds war für die sunnitischen Araber insofern stets mehr als bloße religiöse Konkurrenz. 

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Schiiten gelten in den sunnitischen Ländern am Golf als fünfte Kolonne der Perser – vor allem in Bahrain ein alltägliches Problem. Der westlich erzogene Sunnit Hamad bin Isa Al Chalif sieht sich in dem Land, etwas kleiner als die Hansestadt Hamburg, in seiner ursprünglichen, heute gut 600.000 Personen umfassenden Bevölkerung einer deutlichen Mehrheit von Schiiten gegenüber, die der sunnitischen Monarchie traditionell kritisch gegenüber stehen. Allerdings haben sich die Machtverhältnisse im Staat verändert. Durch den Reichtum ins Land geholt, hat der Anteil der Zuwanderer heute in etwa die gleiche Größe wie der der ursprünglich ortsansässigen Bevölkerung. Unter den Zugewanderten stellen hinduistische Inder mit rund 200.000 die stärkste Gruppe, gefolgt von sunnitischen Bangladeshi und Pakistani mit gut 100.000 Personen. Die behutsame Säkularisierung des Staates mit dem Islam als Staatsreligion ist für das Herrscherhaus insofern ein Gebot – wodurch der Konflikt mit den Schiiten und deren Schutzmacht Iran weitere Nahrung erhält.

Noch schwieriger stellt sich die Situation in den VAE dar. Deren heute rund eine Million Staatsbürger sehen sich in Folge einer restriktiven Einbürgerungspolitik dank prosperierender Wirtschaft rund neun Millionen dauerhaft im Land ansässigen Ausländern gegenüber. Wie in Bahrain stammen diese überwiegend aus den bevölkerungsreichen Ländern Südasiens. Einst aufgrund des ausschließlich zur Perlenfischerei genutzten Golfs als Piratenküste bekannt, gehören die VAE heute zu den am dynamischsten wachsenden Regionen des Planeten. Früh hatten die Emire erkannt, dass der Ölfluss nicht ewig sein wird, und nutzten ihren Reichtum zum Aufbau einer Tourismusregion mit Luxusanspruch und als Handelsmetropole. Wie Bahrain sehen auch sie die Hauptbedrohung für ihren Wohlstand in den traditionellen Begehrlichkeiten der Perser.

Auch Erdogan ist Geburtshelfer

Die gemeinsame Frontstellung gegenüber dem schiitischen Theokratenstaat ist es letztlich, die die sunnitischen Herrscher am Golf in die Kooperation mit den Israeli gebracht hat. Längst schon ist es kein Geheimnis mehr, dass der Mossad Verbindungen zu den entsprechenden Diensten der Halbinselaraber unterhält. Der gemeinsame Feind heißt Iran – und seitdem die Mullahs mit ihrem Versuch, über die Huthi-Stämme im Jemen eine Basis am Roten Meer einzurichten, die sunnitischen Araber auch von Süden bedrohen, schien die pragmatische Überwindung der religiös aufgezwungenen Feindschaft zu Israel nur noch ein Frage der Zeit.

Doch auch der türkische Präsident Erdogan hat seinen Teil dazu beigetragen, Araber und Israeli näher zueinander zu bringen. Nicht nur dessen Versuch, mit dem Regionalkonkurrenten Iran in Syrien zu einer Allianz gegen Araber und Kurden zu kommen – mehr noch seine wiederholt erklärte Absicht, das Osmanische Großreich wiederzubeleben, sind südlich der Syrischen Halbwüste nicht ungehört geblieben. Über Jahrhunderte waren die Türken ungeliebte Kolonialmacht bis über Mekka hinaus. Dem neu entstehenden, türkischen Imperialismus etwas von Relevanz entgegen setzen zu können, ist weitere Triebfeder des Zusammenrückens von Juden und arabischen Muslimen.

Eine Allianz mit geopolitischem Gewicht

So bildet sich – ganz behutsam – eine neue Allianz, die vom Mittelmeer bis zum Indischen Ozean reicht. Die nunmehr enger werdende Kooperation lässt auch auf zivilem Gebiet neue Perspektiven erwarten. Israel ist der innovative Motor einer Region, die in der Vergangenheit durch die restriktive Fortschrittsfeindlichkeit des Islam den Anschluss an die Gegenwart verloren hatte. Zwar spülte das Öl unendlich viel Geld in die arabischen Staaten – ihre wissenschaftlich-kulturelle Rückständigkeit zu überwinden, bedarf es mehr, als die Söhne der Länder an den Universitäten in den USA und Großbritanniens ausbilden zu lassen. Hier kann eine Kooperation mit Israel den entscheidenden Impuls geben, um die geopolitischen Realitäten der Gegenwart neu zu ordnen und – auch wenn dieses bislang nirgendwo laut gesagt werden darf – den Islam dorthin zu schicken, wohin er in einer modernen Gesellschaft gehört: in die Moscheen, nicht in die Politik und am Ende auch nicht mehr in die Rechtsprechung. Bis es allerdings so weit sein kann, ist der Weg noch lang auch dann, wenn davon auszugehen ist, dass der saudische Kronprinz Muhamad ibn Salman dann, wenn er unumschränkter Herrscher der größten arabischen Regionalmacht sein wird, dem Schritt seiner beiden kleinen Nachbarn folgen wird.

Auf der Strecke bleiben die Araber des Mandatsgebiets 

Auf der Strecke bleiben jene, die als Nachkommen jener 1948 und 1967 aus dem Westen des ehemaligen Mandatsgebiets Palästina umgesiedelten, arabischen Bevölkerung der Illusion nachhängen, auf den Gebietssplittern zwischen Israel und Ägypten sowie Jordanien einen eigenen Staat zu bekommen. Zwar hat Israel in der Vereinbarung zugesagt, keine weiteren „palästinensischen“ Gebiete zu annektieren, und sieht der Plan Trumps vor, die östlichen Vororte des klassischen Jerusalem eines Tages als Hauptstadt der sogenannten Palästinenser zu nutzen, doch tatsächlich hat niemand, weder in Israel noch in den USA und in den arabischen Staaten, ein wirkliches Interesse daran, ein solches Staatskonstrukt jemals Wirklichkeit werden zu lassen.

Aussöhnung mit den Emiraten
Israels Erfolgsrezept wird bestätigt: Frieden durch Stärke
Die PLO, die über die autonomen Gebiete der Westbank herrscht, hat in jüngerer Vergangenheit jede Chance vertan, über den deklarierten Anspruch auf Eigenstaatlichkeit hinaus nach Wegen zu einer fortschrittlichen Kooperation mit Israel zu suchen. Ursprünglich von den Arabern selbst über die Flüchtlingslager als Guerillaeinheit gegen Israel gezüchtet, geht es den zu Wohlstand gekommenen Herrscherhäusern Arabiens längst wie dem Zauberlehrling. Fände sich ein Weg, den Fehler der Nicht-Integration von 1948 rückgängig zu machen – nichts täten die Führer in Kairo, Jordanien und Riad lieber.

Die Hamas, die ihre Hilfsgelder in terroristischer Tradition vorrangig dafür einsetzt, Gaza zum ewigen Terrorcamp gegen Israel umzufunktionieren, findet lediglich im klerikalen Iran Freunde – und hat sich damit längst Ägypter und Araber zu Feinden gemacht. Ein eigener PLO-Hamas-Staat ist insofern das allerletzte, an dem Araber und Juden interessiert sind.

Das allerdings birgt auch eine Gefahr, der sich aktuell nun Bahrain und die VAE ausgesetzt sehen könnten. Frustrierte Terroristen, die ihre Felle eines PLO/Hamas-Staates wegschwimmen sehen, werden nicht davor zurückschrecken, sich gegen jene zu wenden, die aus ihren Augen mit dem Abkommen zu Verrätern an ihrer Sache geworden sind. Die hochmoderne Infrastruktur beider Kleinstaaten bietet dafür zahlreiche Möglichkeiten. Damit allerdings würden sich die sogenannten Palästinenser erst recht einen Bärendienst erweisen – mit Terroristen versteht man in den arabischen Ländern noch weniger Spaß als in Israel.

EU und BRD werden einmal mehr die Zeichen der Zeit nicht erkennen

Wenn nun durch Trump die Zeichen im Nahen Osten grundlegend umgestellt werden, wäre es auch für die bislang einseitig PLO-freundliche Politik der Europäischen Union an der Zeit, die Region neu zu denken. Zu erwarten allerdings ist das nicht. Zu sehr hängt die bundesdeutsche Regierungspolitik der Illusion einer sogenannten Zwei-Staaten-Lösung an, um der EU eine realistische Politik zu ermöglichen. Was uns wenig wundern darf, haben doch heute jene das Sagen, für die die arabischen Terroristen seit eh eine Befreiungsbewegung gegen einen imperialistisch-kolonialistischen, vom Kapital gesteuerten Imperialismus sind. Wohin allerdings diese marxistischen Befreiungsutopien in der Vergangenheit geführt haben, lässt sich nicht nur perfekt an Staaten wie Nicaragua, Zimbabwe und Venezuela ablesen. 

Der Niedergang dieser Staaten ist ein Grund mehr für US-Amerikaner, Araber und Israeli, die PLO zwar noch ein wenig von einem eigenen Staat träumen zu lassen – diesen Traum dann aber irgendwann als eben einen solchen aus der realen Welt zu zaubern.

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