Wenn einer bereits zu Beginn seines Artikels schreibt: „natürlich“, und dann als nächstes „keine Ökodiktatur“ anfügt, dann schrillen bei mir alle Alarmglocken in dunkelrot. Denn zum einen ist „natürlich“ kaum etwas von all dem, was heute als „natürlich“ behauptet wird, tatsächlich natürlich. Zumindest dann, wenn es in seinem eigentlichen Wortsinn bedeuten soll, dass etwas von seiner Natur aus so sei, wie es nun beschrieben wird. Denn was dann zumeist folgt, ist alles andere als natürlich. Zumeist ist es nichts anderes als die dogmatische Position desjenigen, der dieses „natürlich“ missbraucht, um seiner persönlichen Auffassung damit eine vorgebliche Unanfechtbarkeit zuzuschreiben. Da ist es dann natürlich legitim in dem Sinne, dass es in der Natur des Dogmatikers liegt, seine persönliche Weltsicht mit dem Hauch des Unangreifbaren zu versehen.
Eine andere und weitere, recht zweckmäßige Dimension des „natürlich“ ist die damit verbundene Assoziation, die jeden wohlstandsdekadenten Stadtbewohner sofort ergreift, sobald dieses Wort fällt. Er reagiert wie jener Hund, dem wir die Erkenntnis des Pawlowschen Reflexes zu verdanken haben: Natürlich = wie die Natur es will = paradiesische Zustände = ethisch und moralisch gut.
Das psychoaktive Schlüsselwort des Manipulativen
„Natürlich“ als psychoaktives Schlüsselwort erfüllt gleichwohl perfekt gleich mehrere Aufgaben: Es gibt dem als natürlich deklarierten Sein nicht nur die Unangreifbarkeit des Selbstverständlichen, des Unvermeidbaren – es verpasst ihm auch das unanfechtbare Attribut des Guten. Wenn für eine Merkel sie selbst „natürlich alternativlos“ ist, dann ist das so, als hätte ein Gott das in die erste Zeile seiner Steintafel gemeißelt. Womit wir nun doch auf jenen anfangs angedeuteten Artikel zu sprechen kommen. Den verfasste ein gewisser Jonas Schaible, Jahrgang 1989 und damit noch ein wenig frisch, als Rädchen im Redaktionsnetzwerk auf die rechte linke Haltung geschliffen in der Kaderschmiede von Gruner+Jahr, Spiegel und Zeit, wie er in seiner Vita auf der Internet-Plattform „t-online“ des Großvermarkters Stroer vermerkt .
Jonas, die gräzisierte Variante des biblischen Jona, gilt seit ehedem als einer der kleinen Propheten, der in der ihm eigenen Naivität von seinem Gott den Auftrag erhält, in die damalige Weltmetropole Ninive zu gehen. Statt sich nun aber auf den Landweg zur assyrischen Hauptstadt, gelegen am Oberlauf des Tigris, zu begeben, verfügt er sich zur Hafenstadt Jaffa, um von dort aus eine Seereise ins ferne Tarsis anzutreten. Das vermuten Historiker im heutigen Spanien – also ziemlich weit entfernt vom Luxusleben der Metropole.
Die Flucht vor der aufgetragenen Verantwortung erbost seinen Auftraggeber, der den Flüchtling mit einem heftigen Mittelmeersturm zur Räson bringen will. Weil man schon damals für alles einen Schuldigen finden musste, losen die vom Untergang bedrohten Seeleute aus, wer die Verantwortung am misslichen Schicksal der nunmehr ohne NGO-Shuttle-Übernahmechance in Seenot geratenen Crew trägt. Jona zieht den Kürzeren und wird über Bord geworfen – der göttliche Zorn ist ob dieses Opfers befriedigt, der Sturm legt sich.
Verschluckt und wieder ausgespuckt
Damit allerdings ist es mit Jona noch nicht am Ende. Ein großer Fisch – nach heutigem biologischen Erkenntnisstand zwangsläufig ein Bartenwal und damit eigentlich ein Säugetier – verschluckt den Ausgestoßenen. Nach drei Tagen Aufenthalt im wohnlichen Bauch spuckt ihn das Ungetüm dann an der Küste aus. Sein Gott gibt ihm eine zweite Chance – und so pilgert der Mann nun doch nach Ninive, wo er Anlass findet, seinerseits recht erbost über seinen Chef zu sein, hatte dieser ihn doch mit der Verheißung die Reise antreten lassen, dass der großstädtische Sündenpfuhl innerhalb der kommenden vierzig Tage dem Erdboden gleichgemacht werde. Doch Gott – der alttestamentarische Jahwah – erbarmt sich der Stadt, weshalb Jona ziemlich zornig ist umso mehr, weil Gott auch noch einen Rizinusbaum, welcher der provisorischen Behausung des Jona Schatten spendete, im Zuge regionaler Klimaerwärmung verdorren lässt. Gott weist daraufhin seinen Mitarbeiter mit Hinweis darauf zurecht, dass die 120.000 Einwohner Ninives im Falle der ursprünglich geplanten Gleichmachung doch wohl eher zu bejammern wären als jener unbedeutende Strauch. Damit endet die Geschichte des kleinen Propheten, über dessen Reaktion und weiteren Lebensweg wir nichts mehr erfahren.
Jonas, der kleine Prophet
Unser Jonas, also der Schaible, macht seinem Namensgeber insofern Ehre, als auch er sich in der Rolle eines kleinen Propheten versucht. Denn in seinem Text, der „natürlich keiner Ökodiktatur“ das Wort reden will, übernimmt er nicht nur Gretas heiliges Wort ohne jegliches journalistische Hinterfragen – er versucht sich auch in klassischer Dialektik, um aus schwarz weiß, grün rot, Tag Nacht und Freiheit Unfreiheit zu machen. Scheinbar lapidar und dennoch umso subversiver steigt er ein mit den mittlerweile natürlichen, pardon: üblichen, haltungsbedingten Sprachschätzen der unterschwelligen Massenmanipulation. So spricht er von „Erderhitzung“ statt „Erderwärmung“ – und implementiert bei seinem Leser schon einmal das Gefühl eines Backofens, in welchem der arme Homo zu Tode gebacken wird. Selbstverständlich ist für den kleinen Propheten die von ihm erkannte Erderhitzung ausschließlich menschengemacht – all die Jonasse und die Nichtjonasse gleicher Provenienz empfinden sich als gottgleiche Schöpfer, die in ihrer Vollkommenheit alles können, sogar Klima.
Dergleichen Prophetie ist durchgängiges Grundmuster der Jonas-Offenbarung. Nur heißt sie heute „Prognose“ und wie ihrem antiken Vorgänger wird ihr die Allmacht der Sicht in die Zukunft zugeschrieben.
Der Mensch und seine Ängste
Das eigentliche Drama unseres blauen Planeten, daran führt für Jonas kein Weg vorbei, begann damit, dass die frühen Menschen irgendwann ihre Hütten zu bauen begannen. Was man selbstverständlich so sehen kann, denn ohne Mensch wäre dieser Planet natürlich so natürlich geblieben, wie die Götter ihn schufen, bevor sie ein evolutionärer Irrsinn dazu trieb, am sechsten Tag der Schöpfung diesen naturzerstörenden Zweibeiner zu kreieren. Nun aber ist es zu spät und die Untergangsprophetie einer zwei bis vier Grad „heißeren“ Welt als vor 200 Jahren – damals näherte sich gerade die Kleine Eiszeit ihrem vorläufigen Ende – wird als Szenario eines Armageddon beschrieben, in dem sogar die Zivilisation entschwinden könnte.
So, wie unser Jonas heimliche und unheimliche Ängste schürt, taten es dereinst auch die Propheten des Altertums und des Mittelalters. Denn sie alle wussten: Angst macht gefügig. Weshalb des Jonas‘ Credo lautet: „Alles, was alle Menschen tun und sind, wird durch die Erderhitzung beeinflusst. Es gibt kein Außerhalb der Klimakrise.“
Noch aber, sagt der Prophet, noch aber ist Zeit zur Einkehr. Doch nur noch kurze Zeit, sehr kurze Zeit, wenn Mensch Gott spielen und das Klima nach seinen Vorstellungen gestalten will: „Die Erderhitzung ist anders, ist nicht beliebig verfügbar. Sie kann entweder sehr schnell noch eingedämmt werden, oder sehr bald nicht mehr, weil dann Kipppunkte aktiviert werden und sich der Prozess der Erhitzung dem Zugriff des Menschen entzieht.“
Die Versteinerung des Kapitalismus
So nähert sich nun jener, der „natürlich keine Öko-Diktatur“ will, behutsam der metaphysischen Ziellinie seines Wollens. „Daraus folgt eine Tatsache, die der Intuition sogar noch stärker widerspricht. Sie lautet, auf eine Formel gebracht: Veränderung ist Bewahrung, Bewahrung ist Zerstörung, Mäßigung ist Übermaß.“
In marxistisch geschulten Dialektik des Propheten werden Thesen als Wahrheiten verkauft. „Es gibt keine Möglichkeit mehr, unsere Art des Lebens im fossilen Kapitalismus einfach zu erhalten“, verkündet uns Jonas und pflanzt uns unterschwellig die Pseudoerkenntnis jenes anderen Propheten mit dem Namen Karl Marx ins Unterbewusstsein. Der Kapitalismus, diese Bestie aus dem Zeitalter der Titanen, ist nicht nur von gestern – er ist „fossil“. Was bedeutet: Eigentlich gibt es ihn schon nicht mehr; nur noch versteinerte Reste lassen sich hie und da finden.
In diesem Prozess der Versteinerung dessen, was gestern noch heute war, kehren sich für den kleinen Propheten die „politischen Identitäten“ um: „Der Konservatismus, erst recht aber reaktionäre Haltungen, werden plötzlich revolutionär. Revolutionäre oder radikale Forderungen nach Veränderung werden ihrem Wesen nach konservativ.“
Will der haltungsbewahrende Jonas damit verkünden, dass heute die AfD die wahre Revolution verkörpert? Selbstverständlich nicht – oder doch. Tatsächlich geht es ihm darum, Begriffen neue, andere Bedeutungen zu geben. Und um sich gegen genau diesen Vorwurf abzusichern, nennt er ihn sogar als Risiko, welches zum Missverstehen seiner Sätze führen könne. Womit vom Propheten klargestellt wird: Auch wenn das nun folgende wie etwas Böses klingen mag – so bedeutet es doch im Gegenteil etwas Gutes.
Die Letztbegründung der Demokratie
Jonas, der Prophet, erklärt uns dann, dass allenthalben von „Öko-Diktatur“ die Rede sei. Sie sei, so Jonas, „eine viel gestellte Frage“. Was wiederum erklärt, dass er sich ganz offensichtlich in anderen sozialen Bezügen bewegt als der normale Mensch, der nicht im Traum darauf käme, derartige Vorstellungen ernsthaft zu erwägen und die Frage nach dem Klimanutzen einer Öko-Diktatur überhaupt zu stellen. So aber gestattet dieser Satz einen tiefen Einblick in die Welt, in der unser Jonas seine Prophetie entwickelt.
Doch nein, die Öko-Diktatur könne niemand wollen, weil dann eine kleine Minderheit den Allen diktieren könne, was zum Nutzen des Klimas zu tun und zu lassen und zu denken und zu nichtdenken sei. Der Prophet der oft gestellten Frage setzt dagegen auf Demokratie. Oder zumindest auf etwas, das er als geschulter Dialektiker so nennt, weil sich nicht nur für ihn die Begriffe längst verkehrt haben.
Die prophetische Verkehrung der Wirklichkeit beginnt für jenen, der sich im Besitz einer imaginären Wahrheit wähnt, mit der Behauptung, die „Gleichheit aller Menschen“ sei die „Letztbegründung der Demokratie“.
Das Paradies des glückseligen Gleichseins
Das Paradies, von welchem Jonas in seiner Prophetie schwärmt, wenn er von einer Gesellschaft der Gleichen spricht, ist jenes, welches 1993 in „Demolition Man“ so wunderbar karikiert wurde. Die Verordnung staatlicher Glückseligkeit bei Verzicht auf Individualität. Die mit Pizza gefütterte Ameise in der Masse der Klone, geführt vom totalitären Willen des Obergleichen, der ihnen als demokratisch verkauft wird.
Das Credo des Propheten Jonas lautet: „Also ist nur ein politisches System legitim, in dem alle Gleichen gemeinsam im Prozess definieren, was gut und richtig ist: Demokratie.“
Die Unsinnigkeit, der Widerspruch, der sich allein in diesem einen Satz findet, entzieht sich dem Propheten. Wären tatsächlich alle gleich, dann bedürfte es nicht mehr der Demokratie und nicht mehr der Gut-Richtig-Definition in gemeinsamen Prozessen. Denn beides zieht seine philosophische Begründung ausschließlich aus eben dieser einen, biologisch unausweichlichen Erkenntnis der Ungleichheit der Menschen bei gleichzeitig philosophischem Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe am Prozess der gemeinsamen Lebensgestaltung. Eine Gesellschaft der Gleichen dagegen bedarf keiner Prozesse und keiner Demokratie, denn da alle gleich sind, haben sie auch alle die gleichen Ziele, Wertvorstellungen, Wünsche und Hoffnungen.
Das Dilemma des Jonas
Jonas spricht von einem Dilemma, in dem sich die Demokratie befände, weil jenes, was alternativlos richtig sei, nur dann durchzusetzen wäre, wenn es undemokratisch daherkomme. Und er wirft einen kurzen Blick auf die Gemeinde, die der Prophetie der „Klimaerhitzung“ anhängt: „Es mag gewiss auch einige Antidemokrat_innen in der Klimaschutzbewegung geben, doch der große Rest, zu dem auch Greta Thunberg gehört, handelt ebenso wie seine Gegner in einer Lage, die keinen guten Ausweg bietet. Man kann unter den Bedingungen der Erderhitzung die Demokratie, wie wir sie kannten, nicht nicht strapazieren.“
Einmal mehr gilt es, auf die Feinheiten der Sprache zu achten. „Die Demokratie, wie wir sie kannten,“ hat die Demokratie, wie wir sie kennen, bereits gedanklich beerdigt. Wer solche Sätze schreibt, für den ist das, was die westeuropäische Zivilisation unter dem Demokratiebegriff geschaffen hat, längst tot. Sie ist ein „Fossil“, wie der Prophet der Erderhitzung andernorts wissen ließ. Gleichzeitig gibt der Dialektiker damit die Route der Reise vor, auf die sich zu begeben er die Unwilligen auffordert. Denn wenn nicht die „Demokratie, wie wir sie kannten“, dann eben eine Demokratie, wie wir sie noch nicht kennen. Irgendetwas, das so genannt wird, auch wenn es mit der „Demokratie wie wir sie kannten“, nicht mehr das Geringste zu tun hat.
Die Demokratie, die wir noch nicht kennen
Wie diese Demokratie, die wir noch nicht kennen, funktionieren soll – auch dafür weist der Prophet in seiner Weisheit erste Wege. Um nicht als das wahrgenommen zu werden, was sie ist, müsse die Demokratie der Gleichen den Menschen das Gefühl vermitteln, sie wandelten aus freiem Willen auf dem einzig richtigen Pfade. Dieser jedoch wird von der Führung der Demokratie vorgegangen und vorgegeben, auch ohne dazu die Legitimation durch die Gleichen zu haben – was in der Logik des Gleichen auch nicht nötig wäre, denn den Gleichen ist alles gleich.
So erklärt uns Jonas auch unmittelbar, wie wir uns in der die künftige Öko-Diktatur oder Demokratie, wie wir sie noch nicht kannten, die Freiheit der Gleichen vorzustellen haben. Wie wir uns die Welt vorzustellen haben, wenn dann allen denkbaren Umfragemehrheiten zum Trotz oder ihnen entsprechend nach den nächsten Bundestagswahlen die Grünen an die Macht kommen: Die Regierung beschließt nach ihrem eigenen besten Wissen und Gewissen, was wahr und richtig ist und setzt es durch, auch wenn es nicht auf dem Umfragethermometer einer gefühlten Mehrheitsmeinung im grünen Bereich steht. Die Demokratie-Diktatur der ökologischen Gleichheit „führt“ – so etwas hatten wir schon einmal, auch wenn den meisten der Weg, auf dem uns der Führer führte, nur noch aus medialer Dauerberieselung bekannt ist.
Warum die ökodiktatorische Demokratie der Gleichen nun überhaupt noch Wahlen benötigt, erklärt uns der kleine Prophet nicht. Oder sollte ich als Freiheitsaktivist etwa gar den Halbsatz als demokratischen Wahlvorgang fehlinterpretiert haben, wonach sich die Führung nach Exekution ihres klimarettenden Wollens wider die Welterhitzung gegenüber den Menschen zu verantworten hätte? Denn tatsächlich steht da ja nur etwas von einer einmal gewählten Führung. Nicht von einer wiedergewählten. Im Übrigen „darf“ die noch gewählte Regierung „versuchen“, ihr undemokratisches Handeln zu begründen. In freier Wahl, versteht sich. Oder auch nicht. Sollte hier vielleicht nur die freie Wahl der Mittel oder die freie Wahl des Tuns im Allgemeinen gemeint sein?
Was nun aber – wenn die Regierung nicht will? Wenn sie in freier Wahl beschließt, ohne Volkes Meinung zu beschließen? Dann darf sie trotzdem immer noch. Aber sie muss nicht. Und ohnehin: Wem gegenüber überhaupt sollte sie? Denn eine Regierung der Gleichen, die beschließt, was wahr und richtig und deshalb zu tun ist, bedarf keiner parlamentarischen Kontrolle mehr. Weder durch gleiche noch durch ungleiche Abgeordnete. Weshalb es auch konsequent ist, dass in des Jonas Prophetie ein solches nicht erwähnt wird.
Vielleicht aber sollten wir uns aller prophetischen Dialektik zum Trotz auch erinnern: Jene Führung, die 1933 an die Macht kam und dem Volk den Weg wies, war gewählt – sie musste nicht mehr wiedergewählt werden und durfte, wenn sie wollte, dem Volk ihr Tun erklären. Wenn sie es nicht wollte, war das auch recht, denn sie wusste ja, dass sie das einzig Wahre und Richtige tat und dass unter ihr die Volksgenossen alle so gleich waren, dass die wenigen Ungleichen oder der Ungleichheit behaupteten staatlich aussortiert und beseitigt werden konnten.
Vom Notstand in die ökodemodiktatorische Symbolik
Den logischen Weg in die ökodiktatorische Demokratie hat Jonas, der Prophet, perfekt verpackt beschrieben und dabei doch auf jenen Schlüsselmoment verzichtet, der den finalen Bruch zwischen „der Demokratie, wie wir sie kannten,“ und der Demokratie, wie wir sie kennenlernen sollen, möglich machen wird. Vielleicht aber auch hielt er diesen nicht mehr der Beschreibung für notwendig – denn auch dieser Schritt ist längst gegangen. Erst von unbedeutenden Gemeindevertretungen wie jener der Bodenseekommune Konstanz, jüngst nun auch vom Parlament der Europäischen Union höchstselbst. Die Welle ist nicht aufzuhalten und überspült als „Klimanotstand“ nun den erdüberhitzten Kontinent nebst Hitzefolgen in den Hirnen.
„Eher symbolisch“ seien solche Notstandserklärungen gemeint, versuchen uns die großen Medienhäuser und der Staatsfunk zu erklären. So wie einst jene „atomwaffenfreien Zonen“, mit denen die KGB-ferngesteuerten Aktivisten aus dem grünalternativen Lager uns in den Achtzigern erfreuten und uns die beruhigende Gewissheit gaben, dass mit dieser Deklaration nun die Gefahr jener auf unsere Köpfe zielenden SS20 für alle Ewigkeit gebannt war.
Die Symbolik des Ausnahmezustands
Die Deklaration eines Notstandes allerdings ist bereits der Einstieg in die nächste Stufe der Eskalation des Diktats der Ökodemokratie, wie wir sie kennenlernen werden. Notstandserklärungen ebneten schon einmal den Weg für eine Staatsführung, die antrat, den gleichen Willen aller Gleichen zu exekutieren.
Wer den Notstand erklärt, der ruft den Ausnahmezustand aus. Wir erinnern uns an den gleichnamigen Film von 1998 mit Denzel Washington und Bruce Willis in den Hauptrollen, der unter dem Originaltitel „The Siege“ (Die Belagerung) eben einen solchen beschreibt. Der Ausnahmenzustand rechtfertigt die totalitäre Durchsetzung jeglicher von den ihn Ausrufenden als „richtig und wahr“ erkannten Zielen. Ohne Rücksicht auf demokratische Legitimation, auf geltende Regeln, auf Menschen- und Individualrecht. Durchgesetzt gegen jeden Widerstand und mit dem Einsatz der als unverzichtbar definierten Gewalt.
Die Ökodiktatorische Demokratie
Weil trotz begriffsverkehrender Dialektik für die ökodiktatorischen Demokraten immer noch die Gefahr besteht, der eine oder andere, trotz aller Gleichschaltungsbemühungen immer noch Ungleiche könnte sich des tatsächlich wahren Gehalts eines Notstandes und dessen real exekutierter Konsequenzen erinnern, verkaufen die Fürsprecher der ökodiktatorischen Demokratie den unbedarften, künftig Gleichen diese Deklarationen als „eher symbolisch“. Wobei allein schon dieses „eher“ verräterisch ist, denn es bedeutet eben „nicht nur, sondern auch“.
Noch und für den Blick von außen mögen manche der unbedarft gleichgeschalteten und klimanotstandsdeklarierenden Parlamentarier und Volksvertreter tatsächlich noch der Meinung sein, hier nur etwas „Symbolisches“ zu beschließen. Doch der Blick auf die Prophetie des kleinen Jonas Schaible und die Erkenntnis dessen, was ein Notstand, der eben nicht symbolisch, sondern nur „eher“ so gemeint ist, für Konsequenzen haben kann, vollendet die Vision des Morgens, in dem die Demokratie, wie wir sie kannten, lange Vergangenheit ist.
Hat das EU-Parlament nun schon den Notstand erklärt, so wird der Bundestag spätestens nach der nächsten Wahl folgen. Offiziell immer noch nur eher symbolisch, wird er der dann grün-wieauchimmerzusätzlichgefärbten Bundesregierung den Weg in die Demokratie, wie wir sie noch nicht kennen, ebnen.
Die Prophetie des Jonas ist längst auf dem Weg in die Realität. Und diese ist „natürlich keine Ökodiktatur“, sondern etwas anderes. Etwas, das wir noch nicht kannten. Sagt uns der Prophet.
Offenbar ist es auch mit der Freiheit so, wie mit dem Klima in der Beschreibung des Jonas. Auf eine lange Epoche der Klimadauerschwankungen mit heftigen Überhitzungen und Unterkühlungen folgte unerwartet eine erdgeschichtlich kurze Phase gleichbleibend gemäßigter Klimabedingungen, die überhaupt das Entstehen der menschlichen Zivilisation erst ermöglichte und die nun angeblich wieder zu Ende geht, weil der Mensch die Erderhitzung gemacht hat.
In der Politik folgte demnach analog auf eine Phase der Diktatur und der Selbstvernichtung eine zeitgeschichtlich kurze Phase der freiheitlichen Gesellschaft. Doch die geht dann gemeinsam mit den gleichbleibenden Klimabedingungen vorbei, um zurückzufinden in ihren Normalzustand des notstandsbedingten Ausnahmezustands.
So ist denn gestern morgen und heute war gestern, weil morgen schon heute ist. Temporis iterare.