Dieser Tage hatte ich ein höchst interessantes, vielleicht sogar aufschlussreiches Gespräch mit einem erfolgreichen Unternehmer über die angeblichen Probleme der Rohstoffbeschaffung und unterbrochene Lieferketten. Der diplomierte Volkswirt, der erfolgreich im Segment mobiler Wohnmöglichkeiten unterwegs ist, bestätigte zwar, dass Rohstoffe wie Holz und anderes auf dem Weltmarkt derzeit unter erheblich ansteigenden Preisen leiden und angesichts der Corona-Panik manche Lieferketten ins Stocken geraten seien, doch das eigentliche Problem liege auf einer anderen Ebene.
Nicht vorrangig die Rohstoffe brächten demnach die Produktion ins Stocken, sondern unternehmerische Entscheidungen jener, die bereits veredelte Produkte produzieren, die für die Endfertigung unverzichtbar sind. Diese wiederum hätten die Lager im Gegensatz zu landläufigen Darstellungen durchaus gefüllt – nur würden sie derzeit nichts mehr verkaufen und ausliefern. Die Gründe: Es werde erwartet, dass die Preise in absehbarer Zeit deutlich ansteigen werden, möglicherweise sogar inflationäre Tendenzen zeigen. Und sie hätten es gegenwärtig auch überhaupt nicht nötig, Gewinne zu generieren und könnten deshalb hochwertige Produkte horten – schadeten sich damit nur selbst. Denn: Staatliche Corona-Maßnahmen hätten eine Gewinnerwirtschaftungsabsicht bis auf weiteres überflüssig gemacht, Gewinne seien nicht unternehmerisch sinnvoll zu investieren.
Das klingt auf den ersten Blick nach einer klassischen Verschwörungstheorie, laufen doch die Nachrichten rauf und runter, dass die Bundesregierung deshalb Milliardenschulden aufnimmt, um die Unternehmen zu retten. Und doch ist die Begründung plausibel. Sie setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen, welche jedoch als ineinander greifende Faktoren die Darstellung nachvollziehbar machen.
Kurzarbeitergeld und Home-Office
Mit Corona wurden die bisherigen Regeln für Kurzarbeitergeld aufgehoben und Corona-Sonderregelungen in Kraft gesetzt. Diese Sonderregeln gelten laut jüngstem Regierungsbeschluss vorerst bis zum Ende des Jahres 2021. Ein Unternehmen kann nun Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall von mindestens zehn Prozent betroffen sind. Bislang galt dieses bei 30 % der Arbeitnehmer. Außerdem können nun auch Leiharbeiter Kurzarbeitergeld beziehen.
Diese Situation produzierte für viele Unternehmen geradezu paradiesische Zustände. Die Arbeitgebersozialleistungen – 50 Prozent an Renten-, Kranken- und Pflichtversicherung – wurden eingespart. Die Mitarbeiter wurden zu 30 % Arbeitslohn in Home-Office geschickt. Dort aber erbringen viele Angestellte deutlich mehr als nur das bezahlte Drittel ihrer bisherigen Leistung. Ob aus Langeweile oder um sich die Weiterbeschäftigung nach dem Ende der Corona-Maßnahmen zu sichern, soll die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung bei 60 bis 70 Prozent liegen. Einfache Rechnung: Zahlte der Arbeitgeber beispielsweise bislang für 100 Prozent Arbeitsleistung 3.000 Euro, dann zahlt er unter Kurzarbeit für 60 bis 70 Prozent Arbeitsleistung nur noch 1.000 Euro. Mit anderen Worten: Pro solchem Mitarbeiter bekommt er jeden Monat Arbeitsleistung im Wert von 1.000 Euro geschenkt. Oder anders herum: Der Arbeitgeber spart zwei Drittel seiner Lohnaufwendungen, muss aber nur auf ein Drittel der Arbeitsleistung verzichten.
Hinzu kommt, dass ein erheblicher Teil der Betriebskosten wie Strom, Heizung etc. unter Home-Office verlagert werden. Die gehen nun zu Lasten des Arbeitnehmers – früher lagen sie beim Arbeitgeber, der zwar immer noch die Büros bezahlen muss – aber auch das wird bereits in zahlreichen Unternehmen überprüft, wenn Heimarbeit zur Regel statt zur Ausnahme wird. Weiterhin hätte sich zahlreiche andere, kostenaufwendige Ausgaben spürbar verringert: Angefangen beim Zurückfahren der Kantinenleistung bis hin zu Dienstreisen, deren Haushaltsposition sich der Null nähert. Alles betriebswirtschaftliche Einsparungen, die die Ausgaben der Unternehmen deutlich reduziert haben.
Corona schuf Rücklagen und Materialpolster
Aus diesen Einsparpotentialen hätten sich bei den Unternehmen bereits erhebliche finanzielle Rücklagen gebildet – und die Erkenntnis, dass selbst nach Ende der Corona-Maßnahmen manche der neuen „Errungenschaften“ beibehalten werden könnten. Der gescheiterte Versuch der SPD, Home-Office gesetzlich zu verankert, war insofern völlig überflüssig: Die Unternehmen werden von sich aus überall dort, wo nicht Menschen in der Produktion unmittelbar benötigt werden, am Home-Office-Modell festhalten, denn sie haben erkannt, dass das mit erheblichen Einsparungen verknüpft ist.
All das wird naturgemäß von den Unternehmen grundsätzlich begrüßt – und Hubertus Heil, der seine Kurzarbeitsgeldgeschenke als Hilfsmaßnahme für Arbeitnehmer und sich selbst als großen sozialistischen Wohltäter verkauft, betreibe insofern das Geschäft der Arbeitsgeberseite – weshalb wiederum von der Union dagegen auch kaum Widerstand zu vermelden ist.
Wohin mit dem unverhofften Reichtum?
Durch Kurzarbeit und Heimarbeit seien insofern in den vergangenen Monaten die Kontostände vieler Unternehmen in ungeahnte Höhen geklettert. Gleichzeitig hätten sie mangels funktionsfähigem Wirtschaftskreislauf gut gefüllte Lager. Was also tun? Die Ware jetzt zu verkaufen, macht betriebswirtschaftlich keinen Sinn. Denn dann stiegen nur die Gewinne, brächten Strafzinsen bei der Bank und eine deutlich höhere Steuerlast, über die sich zwar die Finanzämter freuen – nicht aber die Unternehmenseigner.
So kommen zwei Faktoren zusammen, die den Warenfluss ins Stocken gebracht haben: Der staatliche Corona-Geldsegen und die „Flucht“ in die Sachwerte, die durch die EZB-Politik der inflationären Geldvermehrung mehr als sinnvoll erscheint.
Alles im Sinne des Merkel’schen Systemumbaus
Geschieht nun aber die Zerstörung des bisherigen Systems von Wirtschaft und Arbeit aus Dummheit oder Unkenntnis gleichsam im Sinne eines Bagatellschadens? Unser Volkswirt sagt nein. Und das aus guten Gründen. Denn die Bundesregierung nebst dem Parteienkartell agieren wie hypnotisiert nur noch mit Blick auf die sogenannten CO2-Ziele. Ein maßgebliches Zielfeld hierbei ist die Mobilität.
Keine Verschwörungstheorie, sondern Regierungspolitik
All das mag auf den ersten Blick nach Verschwörungstheorie klingen. Nicht mehr allerdings dann, wenn man beispielsweise der Rede der Frau Bundeskanzler lauscht, welche sie am 8. Juni 2021 vor dem Nachhaltigkeitsrat – einem maßgeblichen Bestandteil der neuen, die parlamentarische Demokratie aushebelnden Kanzlerräterepublik – gehalten hat.
In dieser Rede stellt Angela Merkel als Erstes den Ressourcenhunger an den Pranger. Will sagen: Je höher die Rohstoff- und Zuliefererpreise, desto eher wird dich die Menschheit daran gewöhnen, dass verschwenderischer Luxus eine Sünde von gestern war. Merkel unterstreicht die uneingeschränkte, führende Mitwirkung an der UN-Agenda 2030, die darauf abzielt, global gleiche Lebensverhältnisse zu schaffen. Was notwendig bedeutet, dass der Lebensstandard der bisherigen Industrienationen deutlich heruntergefahren werden muss.
„Echte Transformation“ – das ist das, was der Davos-Initiator Klaus Schwab als neomarxistische Weltsystemüberwindung in seinem Buch mit fast gleichem Titel beschrieben hat. Am Ende soll eine Weltgesellschaft stehen, die virtuell statt analog kommuniziert, regional produziert und verbraucht, weitgehend demobilisiert ist, kein Eigentum an was auch immer mehr benötigt und Geld überflüssig macht. Für Merkel muss das alles in diesem Jahrhundert erreicht sein – und am besten in der ersten Hälfte. Deshalb UN-Agenda 2030, EU-Green-Deal 2050 und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Politik des Heute unter dem Aspekt der Menschen von Morgen als „Generationengerechtigkeit“ einfordert.
Merkel beschreibt den Weg wie folgt: „Das nationale Etappenziel zur Emissionsreduzierung für 2030 wird um zehn Prozentpunkte auf minus 65 Prozent gegenüber 1990 angehoben. Bis 2040 gilt ein neues nationales Klimaschutzziel von mindestens minus 88 Prozent, ebenfalls gegenüber 1990. Bereits bis 2045 sind die Treibhausgasemissionen so weit zu mindern, dass wir Nettotreibhausgasneutralität erreichen. … Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Industrie, Mobilität, Landwirtschaft und im Gebäudesektor – also in Bereichen, in denen die CO2-Einsparpotenziale besonders hoch sind. …“
Gleichzeitig macht Merkel deutlich, dass die von ihr angestrebten, radikalen Umbaupläne der Gesellschaft gefährdet sind: „Bei 18 von insgesamt 75 Zielen bis 2030 gibt es eine Lücke von mehr als 20 Prozent zum festgelegten Ziel. Sieben Indikatoren entwickeln sich sogar in die falsche Richtung – beispielsweise der Endenergieverbrauch im Güter- und Personenverkehr oder die CO2-Emissionen des privaten Konsums.“
Eine kollabierende Wirtschaft schafft Klimarettung
Und so passt nun alles. Zusammenbrechende Warenströme vermindern den Güterverkehr – Verlagerung der Arbeitskraft ins „Home-Office“ wirkt gegen den Personenverkehr. Beides zusammen reduziert den privaten Konsum. Selbst die Vernichtung des Mittelstandsgewerbes in Endverbraucherhandel und Gastronomie macht dabei Sinn: Gibt es in den Innenstädten keine Geschäfte mehr, wird auch das die CO2-Emmission deutlich verringern. Deshalb wird die Staatskasse geplündert, um den angestrebten Zusammenbruch behutsam, ohne Aufstand und vor allem nicht vor den Bundestagswahlen deutlich werden zu lassen. Für Merkel ist die große Transformation längst in vollem Gange – und Kritik daran nicht nur störend, sondern gefährlich.
Künftig also bestimmt eine/r als Bundes-Koordinator, wohin die Reise geht. Ministerien werden zu Erfüllungsorganen des Bundeskanzleramts, Länderpräsidenten zu Außenstellen und die Parlamente überflüssig. Und da Merkel dazu neigt, immer als Musterschüler gelten zu wollen, verspricht sie nicht nur, noch vor der Bundestagswahl ihrer Nachfolgeregierung mit einem „Sofortprogramm 2022“ Fesseln des Handelns anzulegen und dem „High-level Political Forum on Sustainable Development“ der supranationalen Regierungenorganisation UN einen „freiwilligen Staatenbericht“ vorzulegen. Auch dass nichts anderes, als künftigen Politikergenerationen schon heute ihr künftiges Handeln vorzuschreiben.
Insofern bleibt es auch dabei: Corona war ein Geschenk an Merkel, welches sie besser nicht selbst hätte erfinden können. Die Eingriffe in individuelle Freiheit und Markt gaben ihr die einmalige Möglichkeit, ihre Kanzlerschaft in die nähere Ewigkeit zu verlängern auch dann, wenn sie irgendwo auf dem Altenteil sitzen sollte und nur noch zuschauen kann.