Tichys Einblick
"Völkermord" an den Herero

Namibia erwartet einen Geldsegen ohne Ende

Wenn das Kriegsverbrechen des Generalleutnants von Trotha gegen die Herero zum Völkermord erklärt wird, droht aus freundschaftlicher Hilfe ein Anspruch auf Wiedergutmachung ohne Grenzen zu werden.

Heiko Maas

imago images / photothek

Vor gut einer Woche trat der Bundesminister des Auswärtigen vor die staunende Öffentlichkeit und verkündete das Ende eines seit Jahren laufenden Verhandlungsmarathons mit dem heutigen Namibia auf dem Boden des früheren Schutzgebiets Deutsch-Südwestafrika. Die BRD, so Heiko Maas, werde offiziell um Vergebung bitten für einen angeblichen Völkermord, den das Kaiserreich vorsätzlich an afrikanischen Ureinwohnern begangen haben soll. Die Abbitte werde mit einer Milliardenzahlung versüßt.

Deutsche Sozialisten im Gefolge der „Roten Heidi“

Den unseligen Stein ins Wasser geworfen hatte 2004 die ebenfalls dem linken SPD-Flügel zuzurechnende Heidemarie Wiezorek-Zeul, zu ihren Hochzeiten liebevoll als „Rote Heidi“ bezeichnet und unter dem späteren Gazprom-Aufsichtsratsmitglied Gerhard Schröder seinerzeit Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Befallen vom deutschen Mea-Culpa-Syndrom hatten die SPD nebst Angela Merkel den Selbstbezichtigungsball begierig aufgegriffen und den außenpolitischen Laien Ruprecht Polenz, unter Merkel kurzzeitig CDU-Generalsekretär, in das Land am Südwestufer Afrikas entsandt.

Der Hintergrund der Selbstbezichtigung

Was es mit dem angeblichen Völkermord, bei dem es sich faktisch um ein Kriegsverbrechen des Generalleutnants von Trotha handelte und das, wenn überhaupt, nur die Herero und nicht die Nama – vor allem aber nicht die letzte Einwanderungswelle der angolanischen Ovambo – betrifft, hatte ich in einer Zusammenfassung der historischen Geschehnisse für TE jüngst veröffentlicht.
Nun also wird aus einem weder vom damaligen Staatsoberhaupt, dem König von Preußen, noch der Reichsregierung oder dem demokratisch gewählten Reichstag befohlenen Kriegsverbrechen ein Genozid.

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Die eigentliche Dimension der sozialistischen Geschichtsinterpretation jedoch ist bislang kaum jemandem ins Bewusstsein gedrungen. Der von den nationalistischen Genossen der internationalistischen Sozialisten im Namen der Deutschen staatlich geplante und industriell durchgeführte Mord an den Juden Europas war ohne jeden Zweifel ein Völkermord. Er geschah, staatlich organisiert, mit dem definitiven Ziel, alle Menschen jüdischer Identität oder entsprechender Herkunft auf diesem Planeten zu vernichten. Das Vorgehen Trothas gegen die Herero verfolgte nicht ein solches Ziel, diesen Stamm vom Planeten zu tilgen, sondern ihn – entgegen den Ratschlägen der erfahrenen Südwester – im Sinne einer „ethnischen Säuberung“ aus dem deutschen Schutzgebiet zu entfernen. Dass Trotha dieses Ziel dadurch umzusetzen suchte, die Herero in der Omaheke-Trockensavanne vorsätzlich verdursten zu lassen, statt sie, wie von den Betroffenen selbst geplant, notfalls sogar mit deutscher Unterstützung ins britische Betschuanaland entkommen zu lassen, ist und bleibt ein krimineller Akt des vorsätzlichen Massenmords. Doch der von einer Diktatur geplante Vernichtungsfeldzug gegen die Juden hat dennoch eine gänzlich andere Qualität als der persönliche Vernichtungsfeldzug eines offenbar in seiner moralischen Integrität fehlbesetzten Oberbefehlshabers der Schutztruppe.

Das Vorgehen der internationalistischen Sozialisten seit Wiezorek verfolgt insofern mehrere Ziele:

1. Aus den Deutschen ein Volk notorischer Völkermörder machen

Der durch eine Diktatur organisierte Völkermord an den Juden konnte auch dann, wenn die Deutschen der Diktatur anfangs nicht nur keinen Widerstand entgegengesetzt hatten, sondern sie mehrheitlich bejubelten, als historischer Einzelfall in einer für die Masse des Volkes nicht überschaubaren Extremsituation begriffen werden. Die staatliche Legitimation des Genozids erfolgte durch eine ideologisch manifestierte Herrschaftsclique, die sich den zuvor demokratisch organisierten Staat unterworfen und seine Instrumente zu eigen gemacht hatte.
Die Frage der Zustimmung und vor allem der Legitimierung des Genozids durch das Volk an sich blieb damit offen: Die Schuld des deutschen Volks fand sich unmittelbar ausschließlich bei jenen, die um das Schicksal der Juden wussten, es dennoch widerstandslos billigten oder sogar aktiv daran mitwirkten. Die gemeinsame Verantwortung der Deutschen hingegen resultierte mittelbar daraus, es zugelassen zu haben, dass eine Gruppe politischer Ideologen, deren Ziele bereits zuvor in dem Hitler-Manifest „Mein Kampf“ nachzulesen waren, weitgehend ungehindert die Macht an sich reißen konnte, um dann jene zuvor bekanntgegeben Ziele effektiv umzusetzen.

Hieraus ergibt sich notwendig, dass es zwar eine kollektive Verantwortung für den Genozid an den Juden gibt, aber keine Kollektiv- und schon gar keine Erbschuld mit dem Menschheitsverbrechen der nationalistischen Sozialisten verknüpft werden kann.

Wird nun das Kriegsverbrechen des Generalleutnants von Trotha offiziell zum Völkermord stilisiert, ändert sich die Situation fundamental. Denn anders als nach 1933, als die tribalistische Ideologie der NSDAP erst die Vertreibung und den Massenmord an den jüdischen Deutschen, dann den an den Juden Europas organisierte, gilt für die Situation von 1904, dass sie trotz der geschichtsrevisionistischen Versuche, eine Alleinverantwortung beim damaligen Präsidenten des Bundesstaats „Deutsches Reich“ zu suchen, innerhalb eines demokratischen Systems stattfand.

Zur Erklärung. Die erste demokratische Verfassung des geeinten Deutschlands von 1871 schrieb fest; „Das Präsidium des Bundes steht dem Könige von Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser führt.“ Das heute so genannte „Kaiserreich“ war auch dann, wenn Wilhelm die Verfassung am 16. April 1871 als „von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.“ verkündete, alles andere als jene „Kaiserdiktatur“, als welche sie heute gern behauptet wird. Nach dem Wortlaut der damaligen Verfassung gab es überhaupt kein „Kaiserreich“ – nur einen „Bund“, dessen Präsidium in Personalunion dem König von Preußen (und damit auch nicht notwendig dem Hause Hohenzollern) zustand. Dieser Bundespräsident führte den Namen „Deutscher Kaiser“ – ein Zugeständnis der Demokraten an Preußens König Wilhelm, der noch zu sehr „old-school“ war, um sich ohne diesen Namen als Präsident zu verstehen, jedoch als Integrationsfigur vor allem für die damals in zahlreichen Bundesländern noch tonangebenden Fürsten und Kleinkönige benötigt wurde. Ein Gottes-Gnaden-Kaisertum ist das Deutsche Reich jedoch niemals gewesen. Und dieses umso mehr, als die Gesetzgebung gemäß Artikel 5 der Reichsverfassung über ein Zwei-Kammern-System geregelt war: „Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt durch den Bundesrath und den Reichstag. Die Uebereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem Reichsgesetze erforderlich und ausreichend.“ Die legislative Gewalt lag somit weder bei der Exekutive noch beim Staatsoberhaupt.

Hier genau liegt nun die Fußfalle, die die Sozialisten mit ihrem Bestreben, aus Trothas Kriegsverbrechen einen deutschen Völkermord zu machen, sorgsam aufgestellt haben: Anders als nach 1933 erfolgte der vorgebliche Genozid von 1904 in einem föderativ-parlamentarischen Staatswesen und wird dadurch zur demokratisch legitimierten Handlung des deutschen Volkes, und damit zu einer niemals zu überwindenden, deutschen Erbschuld. Damit kann es endlich gelingen, die einmalige Situation des Genozids unter Hitler, aus der zukünftigen Generationen keine rückwirkende Schuld, jedoch eine vorwärtsschauende Verantwortung erwächst, als nun eingestandene und damit manifestierte Bereitschaft zum wiederholten Völkermord auch unter demokratischen Bedingungen zu einer generationen-übergreifenden Ewigkeitsschuld umzuschreiben.

Namibia
Maas will völkerrechtliche Fakten wider die Wahrheit schaffen
Anders formuliert: Mit dem Anerkenntnis des Kriegsverbrechens von Namibia als staatlich legitimierter Genozid wird das deutsche Volk zu einem Volk notorischer Völkermörder. Alle Deutschen – selbst jene, die nach 1933 geboren wurden und deshalb überhaupt nicht in der Lage waren, an dem Völkermordverbrechen der nationalen Sozialisten Schuld auf sich zu laden, laufen ab sofort als Vertreter eines Volkes von Völkermördern durch die Welt, belegt mit einer Erbschuld, die abzustreifen bei noch so viel „Wiedergutmachung“ unmöglich ist.
Damit sind auch die noch ungeborenen Deutschen schon vor ihrer Geburt notorische Völkermörder und als solche jederzeit in Haftung zu nehmen für angebliche Völkermordverbrechen ihrer noch so weit entfernten Vorfahren.

Gleichzeitig ist die Anerkennung eines Genozids in Namibia geeignet, den tatsächlichen Genozid an den Juden zu relativieren. Wenn jedes Kriegsverbrechen zum Völkermord werden kann – wo ist dann am Ende das Besondere bei einem „Kriegsverbrechen“ an den Juden? So könnte auf mittlere Sicht auch die deutsche Verantwortung für den Staat Israel relativiert werden – etwas, das sozialistischen Bestrebungen, gleich ob von links oder von rechts, durchaus genehm wäre.

2. Wiedergutmachung ohne Ende

Damit sind wir nun bei dem zweiten Punkt, den Maas im Gefolge seiner Genossin Wiezorek durchgesetzt hat, und bei dem er durch einem immer dann zur Selbstanklage neigenden Bundespräsidenten, wenn es gegen das eigene Volk geht, aktiv flankiert wird. Frank-Walter Steinmeier plant, im von den Ovambo beherrschten Parlament von Namibia offiziell das Kriegsverbrechen zum Genozid zu machen und die Opfer (besser: die Nachkommen der Überlebenden) „um Vergebung“ zu bitten. Damit wird die sozialistische Geschichtsinterpretation zur bundesdeutschen Staatsdoktrin und ein Volk von Unbeteiligten zu Mittätern auf Ewigkeit.

Um jene, die demnach zu vergeben hätten, dazu geneigt zu machen, hat sich die Bundesrepublik nach den Worten des Ministers des Auswärtigen verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 1,1 Milliarden Euro für Projekte des „Wiederaufbaus“ (von was?) und zwecks „Wiedergutmachung“ auszukehren.

Nun ist es nicht so, dass Namibia nicht ohnehin schon ganz oben auf der Liste jener Staaten stünde, deren Aufbau (ohne „Wieder“) mit deutschen Mitteln aktiv unterstützt wird. Die Nichtregierungsorganisation (NGO) „Deutsch-Namibische Entwicklungshilfe e.V.“ weist darauf hin, dass Namibia aufgrund der „freundschaftlichen Beziehungen“ pro Kopf die höchsten Entwicklungshilfeleistungen im Vergleich zu anderen Ländern Afrikas erhält.

Genau diese Kooperation auf Grundlage freundschaftlicher Beziehungen droht nun aber der Maas-Vertrag zu zerstören. Denn wer auf Basis einer eingestandenen Erbschuld fordert, kann kein Freund mehr sein.

So meldete sich umgehend ein Operettenprinz als selbsternannter Stammesführer der Herero zu Wort und befand die 1,1 Milliarden als „Beleidigung“. Nun ist dieser Mann allerdings jemand, den trotz seiner Phantasieuniform kaum jemand ernst nimmt. Mit dem Versuch, in den USA wegen angeblichen Völkermords eine Reparationszahlung der BRD in vielfacher Höhe der nun versprochenen Summe durchzusetzen, war er zuvor bereits krachend gescheitert.

Problematischer allerdings ist das, was jetzt Namibias Vizepräsident Nagolo Mbumba wissen ließ. Auch er blies entgegen den Aussagen des Bundesministers in jenes Horn des „Nicht-genug!“. Seine Forderung nach „mehr“ allerdings musste er überhaupt nicht als solche verkaufen, denn wenn seine Aussage zutreffend ist, dann muss Namibia überhaupt nichts fordern, sondern bekommt ohnehin. „Deutschland“, so Mbumba, habe „zugestimmt, den Betrag bei der Umsetzung des Abkommens zu überdenken und neu zu verhandeln“.

Hat Maas gelogen?

Des Maasens 1,1 Milliarden also nichts anderes als eine Luftnummer? Eine willkürlich gegriffene Zahl, um Deutschlands Verantwortliche gefügig zu machen, das scheinbar leidige Thema im Sinne der sozialistisch erwünschten Erbschuld eines notorischen, deutschen Charakterzugs zur Genozid-Bereitschaft im Eiltempo durchwinken zu lassen?

Sollte Mbumba nicht nur seinerseits eine unzutreffende Aussage getroffen haben, um damit Unmut in Namibia zu begegnen, dann stünde zwangsläufig die Frage im Raum: Hat Maas vorsätzlich die Unwahrheit gesagt über den Inhalt des Vertrages? Gibt es ein geheimes Zusatzprotokoll, wonach die 1,1 Milliarden Euro nichts anderes als eine belanglose Zahl sind, die je nach Bedarf Namibias ins Unendliche aufgestockt werden kann? Hat Maas also Deutschland faktisch an Namibia verkauft?
An einer Feststellung jedenfalls ändert sich so oder so nichts: Mit der Anerkennung der Erbschuld durch ein notorisch zum Genozid neigenden Volkes hat Maas nicht nur Namibia alle Tore geöffnet, um die deutschen Völkermörder bis in alle Ewigkeit zu melken. Sollte ihm dieses nicht bewusst sein, so darf er fraglos als unfähigster Außenminister aller Zeiten betrachtet werden. Sollte dabei jedoch Vorsatz festzustellen sein, so mag der geneigte Leser selbst darüber entscheiden, wie er diesen zu beurteilen gedenkt.

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