Tichys Einblick
Keine Chance für Rot-Rot-Grün

Keine Mehrheit ohne Union

Der PolitSeismoGraph (PSG) zum Oktober 2016 signalisiert das Ende der politischen Sommerpause und gleichzeitig einen deutlichen Anstieg der politischen Opposition.Vor allem die AfD gewinnt

Die Regierungskoalition hat im Vergleich zum Vormonat erneut 1,5 Prozentpunkte (Pp) verloren und vertritt nur noch 56,5 % der wahlbereiten Bevölkerung. Hierzu trägt die Union als größter Verlierer des Monats mit genau einem Pp bei.

Zum Oktober 2016 steht die Union noch bei 33,9 % und geht nach einem kurzen Zwischenhoch erneut auf Talfahrt. Sah es vor einem Monat noch so aus, als hätte die Union den Sockel ihres Rückgangs erreicht, könnte sich nun ein weiterer Rückgang auch unter die bisherige Tiefstmarke von 33,4 % andeuten.

Die SPD verliert zwar nicht in dem Maße wie die Union, doch liegt sie mit nun 22,6 % seit nunmehr einem halben Jahr fest in einem Korridor zwischen 20 und 25 Prozent, den sie zwar offensichtlich verteidigen, aber auch nicht nach oben verlassen kann.

Nach unten geht der Weg auch für die Grünen – minus 0,6 Pp auf nun 12,9 %. Diese Partei hat ihr durch den Wahlerfolg in Baden-Württemberg verursachtes Zwischenhoch nun hinter sich gelassen und könnte sich behutsam auf die früheren Werte zwischen zehn und zwölf Prozent einpendeln.

Geringfügige Verluste muss erneut auch die FDP hinnehmen, die zwar nur von 5,5 auf 5,4 % fällt, sich dabei jedoch behutsam der Fünf-Prozent-Marke annähert. Offensichtlich gelingt es den Liberalen nach wie vor nicht, sich als ernst zu nehmende Opposition und Alternative zum im Parlament vertretenen Parteienangebot zu präsentieren.

Gewinner zum Oktober ist mit einem leichten Zugewinn von 0,3 Pp auf nun 8,7 % die PdL, der es jedoch nun schon seit Ende 2010 nicht mehr gelingt, nachhaltig die 9-%-Marke zu überspringen.

Deutlicher Gewinner zum Oktober 2016 ist die AfD, die 1,8 Pp gutmachen kann und mit 12,5 % nah daran ist, die Grünen einzuholen. Die AfD generiert damit ihr bislang bestes Ergebnis und liegt um 0,2 Pp über ihren Zahlen von Juni und Juli des Jahres.

Das Flächendiagramm macht deutlich, dass die Parteien links von Rot-Rot-Grün wieder leichte Gewinne verzeichnen.

Der aktuelle Stand

Der aktuelle Stand im Überblick (Änderungen gegenüber Vormonat in Prozentpunkten):

Schwarz-Grün verliert Regierungsfähigkeit

Bei der angenommenen Verteilung der Bundestagssitze (ohne Überhang- und Ausgleichsmandate) ist zum Oktober die Fortsetzung der Koalition aus Union und SPD die realistischste Möglichkeit. Die derzeitige Regierungskoalition verfügte mit 352 Sitzen trotz erneuten Verlusten von neun Sitzen über eine deutliche Mehrheit.

Neben diesem schwarzgrünen Bündnis könnte jedoch ein SG2-Modell aus Union, Grünen und FDP attraktiv werden. Diese Kombination käme auf 323 Sitze und könnte die Sozialdemokratie in die oppositionelle Regeneration schicken.

Alle anderen nach Stand der Dinge denkbaren Regierungskoalitionen würden die notwendige Mehrheit verfehlen:

Wollen wir einen Blick auf die eher unwahrscheinlichen Koalitionsmöglichkeiten werfen, so hätte derzeit ein Bürgerbündnis von Union, AfD und FDP mit 323 Sitzen eine deutliche Regierungsmehrheit.

Nicht ganz so gut käme eine um die FDP erweiterte Volksfront davon. Immerhin aber könnte R2G+Gelb zusammen auf 309 Sitze kommen und damit eine Regierung bilden. Allerdings dürften insbesondere die Widersprüche zwischen PdL und FDP kaum zu überwinden sein.

Keine Regierung ohne Union

Nach wie vor ist eine Regierungsbildung ohne die Union derzeit nicht vorstellbar. Allerdings wird die Union in jede künftige Regierung deutlich geschwächt gehen und – wenn sie nicht die Mehltau-Koalition mit der SPD fortsetzen will – auf zwei Regierungspartner angewiesen sein.

Wollen sich SPD und Grüne eine Chance erhalten, nach 2017 an den Pfründen der Macht zu sitzen, werden sie weiterhin alles daran setzen müssen, die AfD als vorgeblich undemokratisch und rechtsextrem auszugrenzen. Sobald Union und FDP zu der Überlegung kämen, mit einer AfD-Beteiligung eine Regierung zu bilden, böte sich in Deutschland die Chance, die linken Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte gezielt und erfolgreich zurückzuschrauben.

Gleichzeitig würde eine solche Entwicklung die klassische Distanz zwischen den Parteiblöcken wieder herstellen. Damit könnten sich sowohl die Parteien links der gedachten Mitte als auch jene rechts derselben wieder auf ihre klassischen Politikfelder konzentrieren und damit die den Wählern verloren gegangene Unterscheidbarkeit zwischen den früheren Volksparteien wiederherstellen.

Insofern ist die Feststellung berechtigt, dass insbesondere die SPD durch ihre irrationale Verteufelung der AfD aktiv am eigenen Niedergang arbeitet. Dieses nicht nur deshalb, weil sie sich damit dauerhaft zum Unions-Anhängsel macht, sondern insgesamt ihr politisches Profil verliert.

Neu denken

Die Unionsparteien hingegen könnten ebenso wie die FDP über Koalitionsangebote an die AfD sowohl deren tatsächliche Politikfähigkeit aufzeigen, als auch die Rechtausschläge innerhalb dieser Partei abfedern. Möglicherweise gelänge es wie bei früheren Parteigründungen rechts der Union, diese über die eigene Politikunfähigkeit in die Bedeutungslosigkeit zu drängen. Oder aber aus der immer noch nicht homogenen AfD eine tatsächlich konservativ-bürgerliche Partei werden zu lassen, die – da sich die CSU diesem nach wie vor verweigert – längerfristig eine bundesweite parlamentarische Mehrheit rechts von den zur Linken neigenden Parteien sichert.

Insgesamt wäre bei einer solchen Konstellation davon auszugehen, dass die Politik durch das Aufzeigen klarer Alternativen deutlich an Attraktivität gewinnt. Die Frage wird also sein, ob die etablierten Parteien ihre Fehler der Nach-Landtagswahlen-Regierungsbildungen fortsetzen, damit die AfD stärken und weiter auf die Mehltau-Politik setzen, in der Widerstände innerhalb der Gesellschaft durch Denkverbote ausgegrenzt werden sollen und so extreme Positionen gestärkt werden.

Anmerkung: Der PolitSeismoGraph basiert auf den Befragungsergebnissen von rund 2.000 Wahlberechtigten und berücksichtigt im Trend die längerfristigen Entwicklungen. Hierdurch werden kurzfristige Stimmungsschwankungen vorsätzlich abgefangen.

Der PSG versteht sich daher ausdrücklich nicht als Prognostik im Sinne der Wahlvorhersage. Er gibt vielmehr die politische Tendenz zum jeweiligen Monatsanfang wieder und dient so vorrangig der Feststellung langfristiger politischer Entwicklungen.

Daten und Grafiken © 2016 FoGEP

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