Tichys Einblick
Faktisch statt Postfaktisch

Jerusalem – Nicht Trump macht Frieden unmöglich

Egal, was Präsident Donald Trump sagt und tut, die Vortänzer der (Ver)Öffentlich(t)en Meinung verbreiten voller Inbrunst ihre Geschichten über jemanden, der an den Grundfesten ihres Selbstverständnisses rüttelt.

Palestinian protesters burn pictures of US President Donald Trump and his Prime Minister Benjamin Netanyahu following Trump's decision to recognise Jerusalem as the capital of Israel, in Gaza City, on December 7, 2017

© Mohammed Abed/AFP/GEtty Images

Es ist schon ein Kreuz mit diesem Donald Trump. Oder sollten wir besser von einem Davidstern sprechen? Zumindest in einem dürfen wir sicher sein – ein Halbmond ist es nicht. Aber egal ob Kreuz oder Davidstern – er hat schon wieder genau das getan, was seine Feinde sehnlichst erhofft hatten, weil sie meinen, ihn nun einmal mehr ans Kreuz nageln zu können.

Nein, ich möchte mit dieser Einleitung nicht den amtierenden US-Präsidenten zu einem neuen Jesus stilisieren. Davon ist dieser Trump unendlich weit entfernt. Und doch geht es ihm gegenwärtig in den Medien dieser Welt ähnlich wie einst dem Mystiker aus Galilea. Egal, was er sagt und tut, der publizierte Mainstream der gefühlten Massen richtet sich gegen ihn. Die Vortänzer der (Ver)Öffentlich(t)en Meinung verbreiten voller Inbrunst ihre Geschichten über jemanden, der an den Grundfesten ihres Selbstverständnisses rüttelt.

Dokumentation
Die Jerusalem-Rede von Donald Trump
Seit die US-Amerikaner das Verbrechen begingen, diesen Trump zu ihrem Präsidenten zu wählen, befinden sich die deutschen Medien auf dem Kreuzzug. Wer die täglichen Meldungen schaut, kommt an der Erkenntnis nicht vorbei, dass die Bundesrepublik eine Art 51. US-Staat sein muss. Denn jede Regung dieses Präsidenten, jede noch so unbedeutende Notiz wird hochgefahren, als ginge es um Deutschlands elementarste Probleme. „Unseren täglich Trump gib uns heute“, ist man versucht als eine weitere Anleihe klerikalen Handelns auszurufen – denn er gibt ihnen, die ihn zum lebendigen Satan machen, das Gefühl der ewigen, eigenen Unschuld.

Nun also wagt es dieser Trump, einen Akt zu vollziehen, den die demokratisch gewählten Vertreter der nordamerikanischen Nation bereits 1995 beschlossen hatten. Er wagt es, Jerusalem nun nicht nur nach amerikanischem Gesetz als Hauptstadt des modernen Staates Israel anzuerkennen – er manifestiert diese Anerkennung auch durch den Umzug der US-Botschaft dorthin, wo seit Jahrzehnten die Ministerien ebenso wie das demokratisch gewählte Parlament Israels ihren Sitz haben.

Das Sakrileg

Was Trump nun tat, ist ein Sakrileg, das vom unbedeutenden deutschen Geschäftsführungsaußenminister bis hin zum Weltenherrscher der UN nun alle auf den Plan rief, die sich dazu berufen fühlten. Von jenen, die aus irrealen Erzählungen des Nonfaktischen angeblich göttliche Ansprüche auf die Stadt ableiten, ganz zu schweigen.

In Erwartung dessen, was Trump als seine Position zu Jerusalem öffentlich kundtun würde, schrieb ich hier bei TE in Erwartung seiner Rede davon, dass Trump an einer „neuen Architektur der Macht“ bastele, bei der ihn „vorgeblich ewige Wahrheiten ebenso wenig interessieren wie Mainstream oder Weltmeinung.“ Ich sollte nicht enttäuscht werden.

Die Kreuzritter des Ewigguten

Tatsächlich wagt Trump derzeit nichts anderes als genau das: Er fordert wie niemand zuvor einen angeblichen Mainstream heraus, führt dabei das Schwert des Faktischen gegen all jenes, was ein weiblicher deutscher Bundeskanzler in einem Anfall von Alternativlosigkeit als „postfaktisch“ bezeichnete.

Politische Lebenslüge
Israel: Warum die Zwei-Staaten-Lösung keine ist
In diesem „Guten“, welches die nonfaktische Kultur gegen die Welt der Fakten zu verteidigen hat, mengt sich derzeit die in Europa verbreitete, christlich-mittelalterliche Aversion gegen „die Juden“, mit der Heilserwartung des angeblichen Anti-Kolonialismus, den die Totengräber der europäischen Zivilisation in politisch-sakraler Überhöhung des vom französischen Demographen Alfred Sauvy 1952 als „trois Mondes, une planète“ geschaffenen Begriffs der „Dritten Welt“ selbst erschaffen hatte.

Die daueradoleszenten Kinder der europäischen Zivilisation sehnten sich nach dem „edlen Wilden“, dem der deutsche Romancier Karl May dereinst in seinem Apachen Winnetou ein Denkmal gesetzt hatte, und der sich als der Geist des Ewigguten bis heute in den Hirnen der übersättigten, sich angesichts der Taten ihrer unmittelbaren Vorfahren auf ewig selbst kasteienden, weißen Europäer festgesetzt hat.

Jerusalem, die Stadt, die einstmals von einer mächtigen Allianz der Revolutionäre auserkoren war, nach Babylon der zweite Mittelpunkt der Welt zu sein, und die über die Jahrtausende zum natürlichen Heiligtum von Juden und Christen und zum künstlich geschaffenen der Anhänger Mohameds wurde, soll, so will es nun der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, auch offiziell Hauptstadt des Landes seiner engsten und treuesten Verbündeten sein in einer Region, die als Wiege der Kultur gilt.

Der Feldzug gegen Präsident und Beelzebub

Tatsächlich treibt es beiden, den muslimischen Arabern wie den europäischen Träumern, die Wut des Zornes ins Gesicht, zerstört doch der Faktizismus des Donald Trump die nonfaktische Illusion der Selbstbeglückungsphilosophen. Der US-Präsident zerstört mit seinem Entschluss nicht nur die längst zu einer Schimäre aus Neverland gewordene Illusion eines „Friedensprozesses“ zwischen den „kolonialen Zionisten“ und den „unterdrückten Naturmenschen“, zwischen den Demokraten Israels und den Autokraten eines fiktiven Staates „Palästina“. Vor allem aber vernichtet er die Komfortabilität der Selbstgewissheit des Ewigguten der postkolonialistischen Europäer, die nun das unvermeidbare Ende einer bequemen Lüge vor Augen haben, mit welcher sie sich selbst der Realität verweigern konnten.

Trump hält sich an das Gesetz?
Jerusalem: Aus Chaos folgt Ordnung
Trump tat einmal mehr etwas, was Träumer niemandem verzeihen können: Er brachte einen gigantischen Lebenstraum, der sich als Lebenslüge entpuppt, erkenn- und nachvollziehbar zum Platzen: Ein geteiltes oder ein muslimisch regiertes Jerusalem wird es nur geben, wenn die Kämpfer Mohameds die Kraft haben sollten, ihr Ziel, ihre jüdischen Verwandten ins Mittelmeer zu treiben, Wirklichkeit werden zu lassen. Niemals kann, niemals darf und niemals wird ein demokratisches Israel den Anspruch auf seine ungeteilte Hauptstadt aufgeben – so wie die geteilten Deutschen niemals den Anspruch auf ihre ungeteilte Hauptstadt aufgeben durften, wollten sie als deutsche Identität die Chance einer Zukunft haben.

Der vorgebliche Anspruch der Araber auf diese Stadt, die sie mit ihrem zweimaligen, gescheiterten Versuch, die Zionisten zu vertreiben, selbst erst diesen in die Hand gegeben haben, beruht allein auf jenen nonfaktischen Märchen einer frühmittelalterlichen Eroberungsphilosophie. Der Anspruch des Staates Israel hingegen beruht auf der normativen Kraft des Faktischen – er besagt: Ich bin es, der über diese Stadt verfügt. Ich bin es, der einen historischen, bis weit in die Antike greifenden Anspruch auf diese Stadt geltend machen kann. Ich bin es, der gewährleisten kann, dass diese Stadt als Erbe der Menschheit allen zugänglich bleibt, die friedlich sie besuchen wollen – und nicht einem rassistischen Diktat unterstellt wird, welches wie in Mekka heilige Stätten unter Bruch der Menschenrechtscharta einer breiten Mehrheit der Menschheit verweigert.

Trumps Argumente der Vernunft

All dieses sind die Beweggründe des Donald Trump, die er in seiner ausgewogenen und vernünftigen Rede deutlich darlegte:

Jeder souveräne Staat hat das Recht, selbst über den Sitz seiner Hauptstadt zu verfügen, so er über die verfügt. Niemand von außen hat das Recht, in dieses Recht einzugreifen. Israel ist ein souveräner Staat und er hat die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über Jerusalem. Wer also darf sich anmaßen, diese Hauptstadt Israels infrage zu stellen?

Israel ist eine Demokratie. Es gewährleistet allen seinen Bürgern, in einem säkularen Staat nach ihren jeweiligen Glaubensvorstellungen zu leben. Wo sonst in der beschriebenen Weltregion ist dieses der Fall?

Israel gewährleistet den Zugang aller Religionen zu den ihnen heiligen Stätten. Und es gewährleistet den Zugang zu diesen Stätten auch jenen, die einer anderen oder keiner Glaubensrichtung angehören.

Doch Trump hat eben auch dieses Sakrileg begangen, einen Tabubruch, den es durch die Nonfaktischen der Katharsis ohne Wenn und Aber zu verdammen gilt. Denn er hat es gewagt, der Welt des Nonfaktischen zu erklären, dass für ihn nur Fakten zählen. „Dies ist nichts mehr und nicht weniger als eine Anerkennung der Realität“, ließ er die Welt wissen. Doch genau diese AnerkennungVeranstaltungs-Kategorien der Realität ist sein Verbrechen in den Augen jener, die sich der Realität verweigern, weil diese Realität eine ist, die ihre Illusionen des Nonfaktischen zerstört.

Nicht Trump macht den Frieden unmöglich

Man muss bei weitem nicht alles bejubeln, was Trump seit seiner Inauguration dekretiert hat. Aber man muss die Konsequenz anerkennen, mit der er seinen Weg geht.

Er beschränkt sich nicht mehr auf Signale und Wünsche, verabschiedet sich von der Politik der Symbole. Im Nahen Osten bedeutet dieses, einen Friede zu finden, der Tatsachen anerkennt und sich nicht wie bisher durch die Irrealität des Geträumten selbst im Wege steht.

Wet Liberalism Bye, Bye
Trump und Jerusalem - Wiederkehr der klassischen Machtpolitik
Doch nicht Trump macht durch seine Ankündigung einen Frieden in Nahost unmöglich. Es sind die Fanatiker, die sich nicht lösen können von ihren Illusionen und dem Beharren auf Legenden aus dem Reich von Tausendundeinernacht, ebenso wie die Träumer des Nonfaktischen, gezeugt durch das Europa der Selbstkasteiung. Jene hier wie dort, die meinen, sich in ihrer eigenen Irrealität dem Irrealen des scheinbar Religiösen unterwerfen zu müssen. Dabei hat das, was die Araber auf den Westbanks und in Gaza derzeit fordern, mit Religiosität weder in Ursache noch in Ziel auch nur das Geringste zu tun. Nur mit einem politischen Herrschaftsanspruch, der sich religiös verpackter Märchen bedient, um seine Anhänger wie seine Gegner zum Opfer seiner totalitären Herrschaft machen zu können.

Ginge es darum, dass Muslime in den ihnen heiligen Stätten in Jerusalem friedlich zu ihrem Allah beten wollen, so kann dieses niemand besser garantieren als ein Jerusalem, das Hauptstadt eines demokratischen Israel ist. Doch den Kämpfern Mohameds ging es eben nie um Spiritualität – sondern immer um Herrschaft und Macht. Deshalb – und nur deshalb – wollen sie nicht anerkennen, dass Jerusalem heute wieder nicht nur Teil, sondern Hauptstadt eines jüdisch geprägten, unabhängigen Staates ist.

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen

Weil Politik niemals erfolgreich sein kann, wenn sie sich den Blick auf die Wirklichkeit mit dem Beharren im Irrealen des Nonfaktischen vernebelt, ist Trumps Jerusalem-Entscheidung richtig. Und deshalb auch sollte sich die deutsche Meisterin des Nonfaktischen daran erinnern, was sie am 18. März 2008 in der Hauptstadt Israels in der Knesseth – dem Parlament – dieses Landes den Menschen versprach:

„Israel und Europa sind durch gemeinsame Werte, Herausforderungen und Interessen verbunden. Deshalb unterstütze ich ausdrücklich die von Israel gewünschte stärkere Annäherung an die Europäische Union. Sie wäre für beide Seiten ein Gewinn. Sie böte eine Vielzahl neuer Chancen … es sind besondere, einzigartige Beziehungen – mit immerwährender Verantwortung für die Vergangenheit, mit gemeinsamen Werten, mit gegenseitigem Vertrauen, mit großer Solidarität füreinander und mit vereinter Zuversicht …. In diesem Geist wird Deutschland Israel nie allein lassen, sondern treuer Partner und Freund sein.“

Sollte Angela Merkel diese, im Namen des deutschen Volkes gesprochenen Worte ernst gemeint haben, dann wäre es nun an der Zeit, diesen Worten Taten folgen zu lassen und sich dem Schritt des US-Präsidenten anzuschließen. Wer wie Merkel „Israel nie allein lassen, sondern treuer Partner und Freund sein“ will, der muss dieses insbesondere dann sein, wenn es anderen, die niemals derart treue Freunde gewesen sind und niemals sein werden, nicht gefällt.

Als Pastorentochter wird sie wissen, wie jener, der in Jerusalem begraben und auferstanden sein soll, nicht ganz gendergerecht jene nannte, die Sonntagsreden statt Taten tun:

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, sagte Jesus laut Matthäus 7 und endete seine Worte mit der Feststellung: „Jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht tut, der wird einem törichten Manne verglichen werden, der sein Haus auf den Sand baute.“

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