Sie war absehbar und nun ist sie da: Die Inflation mit Teuerungsraten um offiziell sieben Prozent. Absehbar war sie, weil nach dem Niederländer Wim Duisenberg der Job des EZB-Präsidenten nur noch mit Vertretern von Staaten besetzt wurde, die traditionell ihre Überschuldung durch Inflation gedeckt hatten. Jean-Claude Trichet, Franzose, war von 2003 bis 2011 „Euro-Währungshüter“. Ihm folgte von 2011 bis 2019 der Italiener Mario Draghi, gegenwärtig Chef einer italienischen Kompromissregierung mit dem Ziel, den ungeliebten Matteo Salvini nicht zu stark werden zu lassen.
Die Staaten vor allem des Euro-Südens verschuldeten sich auf Teufel-komm-raus – und wie zu jenen Zeiten, als noch mit Lira und Franc bezahlt wurde, hilft den Staatskassenverwaltern nur die gezielte Entreicherung der Bürger durch Inflation aus der Überschuldung heraus.
Woran soll Inflation gemessen werden?
Klassisch wird die Inflationsrate an sogenannten Warenkörben bemessen. Doch das birgt Manipulationsrisiken, denn ob der Warenkorb tatsächlich sachgerecht zusammengesetzt ist, darf zumindest hinterfragt werden. Und selbst Indikatoren wie Erdöl und Benzin sind nicht wirklich aussagekräftig, da sie durch Kampfhandlungen oder Marktmanipulation gezielt beeinflusst werden können.
Doch woran soll man die tatsächliche Inflation messen? Grundsätzlich gilt: Eine Sache ist nur so viel wert, wie ein anderer dafür zu geben bereit ist. Welche Werte nun erlauben eine sachgerechte und objektive Betrachtung des Geldwertverfalls?
Als „sicherer Hafen“ gelten im Allgemeinen Immobilien. Das mag zutreffen, solange sich der Eigentümer in einem stabilen Rechtsstaat befindet. Doch bereits die Diskussion darüber, Wohnungseigentum zu „vergesellschaften“ – also zu enteignen, womit der Diebstahlscharakter etwas konkreter beschrieben wird –, macht deutlich: Nicht einmal in der Bundesrepublik Deutschland kann der Grundbesitzer wirklich sicher sein, ob nicht irgendwann ein sozialistischer Savonarola vor seiner Tür steht und ihm wegen Mietwucher oder Klimaschädigung oder einfach nur wegen grundsätzlich unsozialen Verhaltens sein Eigentum wegnimmt.
Und da zudem Adel und Großgrundbesitzer ohnehin ihre Reichtümer nur anhäufen konnten, weil sie das Volk und vielleicht sogar noch fremde Kulturen ausbeuteten und knechteten, werden sich schon „gute“ Gründe finden, nicht nur Altbesitz zu vergesellschaften, sondern auch in späteren Zeiten erfolgte Grundeigentumsrechte aufzulösen, weil sie ohne das ursprüngliche Unrecht überhaupt nicht hätten zustande kommen können. Insofern: Immobilien mögen zwar wertbeständiger sein als der Euro im Sparstrumpf, aber eine dauerhafte Wertgarantie können sie auch nicht vermitteln.
Klein muss es sein und wertbeständig
Was aber bleibt denn dann, um den Wert des Umlaufgeldes real zu ermitteln? Es müsste etwas sein, das auch über Generationen seinen Wert nie vollständig verliert – und es müsste etwas sein, das zu halbwegs normalen Situationen von jedermann problemlos erworben werden kann – vorausgesetzt, er verfügt über die Barmittel, einen solchen Erwerb zu tätigen. Zudem muss es etwas sein, dass der Besitzer in der Tasche mit sich führen und vor allem problemlos vor anderen und dem Staat, Revolutionären und sonstigen Beutegreifern verbergen kann.
Denkbar wären Diamanten, die sind klein und wertvoll. Deshalb hatten sich früh schon die Juden darauf spezialisiert, denn Diamanten stellten bei der Flucht vor irgendeinem sozialneidischen Plebs oder der Zugriffigkeit der fehlgeleiteten Obrigkeit keine Belastung dar. Und doch eignen sich Diamanten nicht wirklich, um der Eigentumsverringerung des Bürgers zu begegnen. Denn tatsächlich muss man dafür Spezialist sein – kein Laie kann erkennen, ob das dargebotene Steinchen tatsächlich einen Wert – und welchen – hat.
Schon Sanherib gierte danach
Damit sind wir nun bei etwas, das tatsächlich – zumindest gemessen an der Erdmenschzeit – einen ewigen Wert hat. Das hängt weniger damit zusammen, dass es tatsächlich zu wirklich fundmental existenzsichernden Einsätzen zu nutzen wäre, sondern damit, dass seit der Frühzeit in fast allen Weltkulturen die Menschen es in ihrem Besitz haben wollten. Schon der assyrische Tyrann Sanherib ließ in seinen Annalen wissen, dass er den besiegten Offizieren der elamischen Nachbarn mit dem Schwert Hände und Arme abhackte, um so schneller an das begehrte Gut zu kommen.
Spanische Konquistadoren nahmen die Auslöschung ganzer Völker in Kauf, um in dessen Besitz zu gelangen – den ihnen dann englische Piraten mit königlichem Sonderauftrag streitig zu machen suchten. Die nationalen Sozialisten sollen, als ihnen bewusst wurde, dass sie ihren Terrorkrieg nicht mehr gewinnen konnten, Tonnen davon in irgendwelchen Bergseen der Alpen versenkt haben – so wie der Legende nach schon im Mittelalter ein gewisser Hagen von Tronje wagenweise den Stoff der Begierde in den Rhein geschüttet habe, wo er bis heute auf seine Wiederentdeckung warte.
Kurzum: Die Rede ist vom Gold. Gold ist ein schweres Metall, welches in der Antike und auch später sogar für Tränen der Sonne gehalten wurde, denn es erstrahlt in einem satten Gelb und hat zudem die berückende Eigenschaft, nicht „anzulaufen“, also mit Sauerstoff zu oxidieren. Aus diesen und anderen Gründen war und ist Gold begehrt. Sei es, weil man es sich um Hals, Arm und Finger schmieden lassen kann; sei es, weil eine Goldmünze gewichtig in der Hand liegt; sei es, weil der sanfte Glanz des Goldbarren das Gefühl existenzieller Sicherheit vermitteln.
Tatsächlich ist es so, dass die Besitzer von Gold selbst zu übelsten Zeiten dieses Metall gegen etwas Nützliches eintauschen konnten. Soweit sie nicht beim Tauschversuch Opfer der Gier des Anderen wurden und das Gold infolge eines Tötungsdelikts den Eigentümer wechselte.
Gold als Weltinflationsindikator
Nach aktuellen Schätzungen soll die Menschheit in ihrer Geschichte bislang 190.000 Tonnen Gold gefördert haben. Das entspricht 190.000.000 Kilogramm. Bezogen auf den aktuellen Stand von knapp acht Milliarden Menschen entfielen damit auf jeden Menschen 23,75 Gramm Gold, was wiederum seinen Teil dazu beiträgt, dass dieses Metall begehrt ist.
Traditionell wird der Wert von Gold in Feinunzen bemessen. Eine Feinunze sind 31,1034768 Gramm, sodass wir aktuell von rund 6,13 Milliarden Feinunzen Gold ausgehen können, die sich irgendwo auf diesem Planeten befinden. Bei einem Tageswert von 1.778,85 € je Feinunze am 12. Juni 2022 beläuft sich der Gesamtwert allen Goldes auf 10,9 (europäische) Billionen Euro.
Die Goldpreisentwicklung unter EZB-Präsidenten
Schauen wir nun auf die jeweiligen Amtszeiten der EZB-Präsidenten und die Entwicklung des Goldpreises.
- In der Amtszeit Duisenbergs von 1998 bis 2003 stieg der Gold-Unzenpreis von 250 € auf 330 €. Das entspricht einer Teuerung von 32 Prozent und durchschnittlich 6 Prozent im Jahr.
- Trichet übernahm den Goldpreis der 330 € und reichte ihn, als er 2011 aus dem Amt schied, mit 1.300 € weiter. Das entspricht einer Teuerung von 294 Prozent und im mathematischen Durchschnitt 37 Prozent im Jahr.
- In Draghis Amtszeit fiel der Goldpreis erst einmal auf bis zu 900 € je Unze. Als Draghi übergab, lag er bei 1.350 €. Gehen wir von dem Übernahmekurs aus, so liegt die Inflation in Draghis Amtszeit mit nur 50 € Teuerung im Durchschnitt bei 0,5 Prozent. Legen wir allerdings die 900 € Tiefstpreis zugrunde, sieht es schon anders aus. Dann betrug die Teuerung über sechs Jahre 450 € bzw. 50 Prozent und 8,3 Prozent pro Jahr.
- Lagarde übernahm bei 1.350 €. Aktuell wird Gold mit 1.780 € je Unze gehandelt. Damit beläuft sich die Teuerung auf knapp 32 Prozent, allerdings durchschnittlich gut 10 Prozent im Jahr.
Was bei all diesen Rechnungen nicht berücksichtigt wurde, ist die Tatsache, dass weiterhin Gold abgebaut wird, womit die Gesamtgoldmenge wächst, was nach den Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage eigentlich für ein Sinken des Goldpreises sorgen müsste. Real lägen die Goldpreise bezogen auf die verfügbare Menge daher noch ein wenig höher.
Ein rasanter Euro-Wertverlust
Betrachten wir die Goldpreisentwicklung seit der Bargeldeinführung des Euro am 1. Januar 2002, so musste der Goldkäufer damals 308,18 € je Unze berappen. Gegenwärtig sind es besagte 1.780 €. Der Wertverlust des Euro kann nunmehr an den Goldkursen festgemacht werden. Im Januar 2002 war ein Euro fast exakt 0,1 Gramm Gold wert. Zwanzig Jahre später sind es nur noch 0,018 Gramm Gold, die es für einen Euro gibt.
Wer mag, kann sich nun ausrechnen, um wie viel reicher er heute wäre, wenn er damals alles Geld in Gold angelegt hätte. Und wie viel ihm die Inflation von seinem Vermögen in den vergangenen 20 Jahren weggefressen hat.