Bezugnehmend auf einen Artikel der Zeit, getitelt mit „Bundesregierung bietet eine Milliarde Euro zur Rettung der Pipeline – Den Weg für Nord Stream 2 freikaufen: Mit einem Milliardenangebot will der Bundesfinanzminister nach Recherchen der Zeit die USA zum Umdenken bei der Pipeline bewegen“ geistert die Behauptung durch den Raum, Scholz habe den USA quasi ein Bestechungsgeld in Höhe von einer Milliarde Euro angeboten, um die drohenden Sanktionen gegen das russische Pipeline-Projekt in der Ostsee abzuwenden.
Der Focus, unter Helmut Markwort immerhin noch ein Magazin, das zumindest den Versuch unternahm, halbwegs seriös daher zu kommen, leitet die Geschichte ein mit der Zeile „Lösegeld für Trump“.
Der Spiegel, sonst als Relotionierungsmedium bekannt, scheint nun doch ein wenig gelernt zu haben. Er titelt unter Bezug auf die Konkurrenz etwas zurückhaltender „Deutschland will USA angeblich mit Milliardenzahlung besänftigen“.
Der sensationsheischende Tenor all dieser Publikationen: Die Bundesregierung will den unwilligen US-Präsidenten bestechen, damit dieser seinen Widerstand aufgebe. Anders geht es bei den Haltungsjournalisten offenbar nicht mehr: Egal, worum es geht – Hauptsache gegen Trump!
Eine Chance für US-Flüssiggas
Was aber hat es mit dem angeblichen Bestechungsgeld tatsächlich auf sich? Worum geht es der Bundesregierung?
Was aber hat ein solches Angebot mit „Bestechung“ zu tun, wie in den deutschen Medien insinuiert?
Eine sinnvolle Zukunftsinvestition
Nimmt man die redaktionsverpflichtende Anti-Trump-Hassbrille von der Nase, sollte man selbst bei Spiegel und Focus schnell zu der Erkenntnis kommen können, dass es sich bei diesem vorgeblichen Angebot um eine überaus sinnvolle Zukunftsinvestition handelt. Und diese wiederum nicht in erster Linie für die USA, sondern für Europa und vor allem für Deutschland.
Doch auch wirtschaftlich macht ein solches Projekt Sinn. Von den beiden Häfen kann Flüssiggas durch Deutschland bis weit nach Europa hinein verbracht werden. Nicht nur für die strukturschwachen Räume wäre dieses ein Wirtschaftsmotor von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
Keine Scholz-Erfindung
Anders, als die Einheitsmeinungsmedien verbreiten, ist die Idee auch nicht neu – und schon gar keine Erfindung des Bundesministers der Finanzen.
Bereits im Dezember 2018 teilte der Energiekonzern Uniper mit, dass er mit der japanischen Mitsui OSK Lines eine Vereinbarung über ein erstes Flüssiggas-Projekt in Wilhelmshaven geschlossen habe. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier griff dieses Projekt im März 2019 auf und erklärte, der von der Bundesregierung geförderte Bau eines Hafens für „Liquified Natural Gas“ erfolge gänzlich unabhängig vom Bau der Ostseepipeline und diene im nationalen Interesse der Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit.
Scholz verkauft „olle Kamellen“
Was also hat Scholz tatsächlich getan? Er hat lediglich ein ohnehin längst beschlossenes Projekt nun mit einer festen Bundesbeteiligung aufgerufen und seinem US-Kollegen als großartiges Entgegenkommen übermittelt. Man könnte es auch anders formulieren: Ein deutsches Schlitzohr versucht, ein US-Schlitzohr mit etwas auszutricksen, das ohnehin längst beschlossen ist. Scholz hat eine „olle Kamelle“ hübsch neu verpackt und im Präsentkörbchen über den Atlantik geschickt.
Sollte Scholz damit erfolgreich sein und sollte Mnuchin erkennen, dass sich mit den Flüssiggashäfen den US-Gas-Exporteuren erhebliche Verkaufschancen eröffnen – und sollte daraufhin der Widerstand gegen Nord Stream 2 gebrochen sein – so wäre Scholz durchaus zu gratulieren. Wenn nicht – nun, dann war es immerhin den Versuch wert – und der Flüssiggashafen wird als sinnvolle Zukunftsinvestition für Deutschland trotzdem gebaut.
Medien im Trump-Hass-Modus
Bemerkenswert ist angesichts dieser Sachlage jedoch das Getöse im Mainstream. Zwei bis drei kurze Google- oder Bing-Recherchen hätten die Erkenntnis gebracht, dass es hier nicht um Bestechung eines US-Präsidenten geht, sondern bestenfalls um ein wenig regierungsamtliche Trickserei auf höchster Ebene. Stattdessen aber wird einfach abgeschrieben – Hauptsache, es geht gegen Trump, dem man auf diesem Wege mehr als unterschwellig unterstellen kann, bestechlich zu sein.
Dass der SPD-Kanzlerbewerber dabei, weil unseriös und überspendabel, schlecht aussieht, wird angesichts der Chance des Trump-Bashing billigend in Kauf genommen. Was nicht verwundern darf, ist doch die schwarzgrüne Koalition unter Baerbock-Habeck ab 2021 in besagten Redaktionen ohnehin längst mental eingetütet. Da kann man den SPD-Notnagel dann auch gern einmal ins schlechte Licht rücken. Ab Herbst ´21 hat der seine Zukunft schließlich hinter sich.