Da plant die SPD im Geleitzug mit den traditionellen Feinden des Verfassungsschutzes bei Grünen und Kommunisten die öffentliche Hinrichtung des Hans Georg Maaßen – und am Ende übernimmt dieser mit Billigung der SPD-Führungsfrau Andrea Nahles die zweitwichtigste Position im Bundesministerium des Inneren, während der dort von den Sozialdemokraten platzierte Gunther Adler, früherer Leiter des Vorstandsbüros der SPD, im Alter von 55 Jahren in den Vorruhestand geschickt wird. Und: Solange für den Posten des Obersten Verfassungsschützers noch kein Nachfolger gefunden ist, wird Maaßen seine bisherige Funktion kommissarisch wahrnehmen.
Außer Spesen also nichts gewesen, für die SPD? Könnte man meinen. Aber eigentlich ist das Desaster jener Partei, die die Backen zu kräftig aufgeblasen hat, kaum noch zu überbieten. Den eigenen Top-Informanten aus der Führung des Innenministeriums ist man nun los. Den Chef des verhassten Bundesamtes für Verfassungsschutz hingegen nicht. Ganz im Gegenteil: Der wird mit seiner umfassenden Sachkenntnis und seinen guten Kontakten in die bundesdeutsche Welt hinter den Kulissen nun noch enger bei seinem Dienstherren sitzen.
Seehofer hat alle an die Wand gespielt
Merkel kann derzeit nur gute Miene zum Spiel machen. Sie hat das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand. Denn der Aufstieg Maaßens wurde von ihr abgesegnet. Der Rest ist Personalangelegenheit, liegt ausschließlich in der Hand des zuständigen Ministers. Da mag die SPD nun noch so sehr zetern, dass sie ihren Mann in der Top-Etage des Hauses verliert und das mit der Ablösung Maaßens eigentlich anders gedacht war – Merkel kann daran nichts ändern, selbst wenn sie es wollte. Sie wird es, mit einer weiteren Schramme versehen, aussitzen und in wenigen Tagen einmal mehr feststellen, dass sie nicht wüsste, wo sie anders hätte entscheiden können.
Die SPD in der selbstgestellten Falle
Wie wäre es beispielsweise mit einem Sonderparteitag, um über das Schicksal der Koalition und der Vorsitzenden zu beraten? Wobei – macht auch nur wenig Sinn. Schließlich sollte sich die SPD treu bleiben und nach dem klassischen Muster des „der Herr hat’s gegeben – der Herr hat’s genommen“ verfahren. Will sagen: Da die Parteibasis über den Einstieg in die erneute Koalition mit der Union entschieden hat, müsste sie auch über den Ausstieg entscheiden. So viel Demokratie muss schon sein, liebe SPD. Andernfalls wäre doch das Mitgliedervotum wirklich zur Farce geworden.
Wenn Neuwahlen unvermeidbar werden
Und wenn doch? Wenn nun der SPD die Erleidensfähigkeit der eigenen Unfähigkeit nur noch den Weg in die Neuwahl zu lassen scheint? Wenn also Scholz, Maas und Co. es nicht schaffen sollten, ihre warmen Regierungssitze vor den neidischen Parteigenossen zu retten?
Seehofer kann sich zurücklehnen
Der Seehofer Horst jedenfalls kann sich erst einmal zurücklehnen. Nun hat er es doch noch einmal allen gezeigt. Merkel in den Torlauf gegrätscht, Nahles ins Abseits gestellt. Platzt nun die Koalition, kann er den Unschuldsengel geben und auf seine Prinzipientreue verweisen. Ansonsten hat er der Frau Bundeskanzler ein unmissverständliches Signal gesendet: Ohne die CSU geht nichts. Denn wer immer auch davon geträumt haben mag, die Bayern-Union in der aktuellen Koalition durch die Grünen ersetzen zu können – das spätestens wäre der Punkt gewesen, an dem die wenigen verbliebenen Prinzipientreuen in der CDU nicht mehr mitgespielt hätten.
Insofern bleibt die Feststellung: Das von der SPD vom Zaun gebrochene Maaßen-Theater war insgesamt überaus unterhaltsam – am meisten geschadet allerdings hat es jenen, die in des Seehofers Falle getappt sind und dieses Theater inszeniert haben. Aber sowas passiert, wenn man in der Politik nicht alle Handlungsoptionen bis zum Ende denkt. C‘est la vie.