Ob das im Sinne des regierungsnahen Umfrageunternehmens Civey gewesen ist? In einer Umfrage zur Zukunft der deutschen Kernenergieversorgung – von Civey vorsorglich mit dem Reizwort „Atomkraft“ ausgewiesen – hat sich, Stand Montag 3. Januar 2022, 10.30 Uhr, eine deutliche Mehrheit der Befragten gegen den Ausstieg ausgesprochen.
Diese Umfrage war offenbar nötig geworden, nachdem bereits eine zuvor gestartete Langzeitumfrage nicht die erwünschten Ergebnisse gebracht hatte.
In der Langzeitumfrage keine Ausstiegsmehrheit
Vom 4. Oktober 2021 bis zum 2. Januar 2022 hatte Civey gefragt: „Befürworten Sie den geplanten Atomausstieg bis 2022?“ Bereits diese Fragestellung war überaus manipulativ, weil ein Bezug zur Energieversorgung lediglich über die Assoziationsfähigkeit des Befragten hergestellt wird – wer sich mit der Thematik nicht oder nur peripher beschäftigt, wird bei einer solchen Frage entweder gänzlich sachunkundig und emotional oder überhaupt nicht reagieren – was ohne Frage von Civey so gewünscht war. Insofern nahm Civey auch nur 3.040 Antworten in die repräsentative Auswertung. Das ist umso bemerkenswerter, da die Umfrage doch immerhin über einen Zeitraum von rund drei Monaten lief und entweder auf nur geringes Interesse stieß – oder die Auswerter sehr gezielt hinschauen mussten, welche Antworten sie als „repräsentativ“ gelten ließen.
Knifflig wurde es bei den zwei eher vagen Antwortangeboten: „Nein, das ist zu spät“ befanden 1,8 Prozent. Gemeint war mit diesem Antwortangebot offenbar, dass der Ausstieg noch früher erfolgen solle. Bei der Flüchtigkeit des WebUsers allerdings hätte die Antwort auch als „Nein, dazu ist es zu spät“ gelesen werden können, was vermutlich statt des Befürworters den Gegner angesprochen hätte. Allerdings entwickelt dieser Befrager-Kniff keine Relevanz: Lediglich 1,8 Prozent werden für diese Antwort ausgewiesen – nehmen wir sie als Befürworter, kommt das grüne Lager der unbedingten Atomaussteiger insgesamt auf 35,4 Prozent.
Hingegen votierten für „Nein, das ist zu früh“ satte 25,2 Prozent. Dieser Personenkreis kann grundsätzlich zwar den KKW-Skeptikern zugewiesen werden, ist aber angesichts der Fragestellung mit dem Fixdatum 2022 unzweifelhaft dem Lager der Ausstiegsgegner zuzuweisen. Die Civey-Umfrage kommt somit auf 61,2 Prozent und damit fast zwei Drittel der Bürger, die den Ausstieg 2022 ablehnen. Da hilft es auch nicht, dass die Webfragesteller durch eine in der Sache unkorrekte Anordnung der Ergebnisbalken den Eindruck erwecken, jene 25,2 Prozent, die gegen den 2022-Ausstieg votierten, weil er ihnen zu früh erscheint, gehörten eigentlich zu den Ausstiegs-Befürwortern. Seriös wäre dieses nur, wenn die Frage undatiert erfolgt wäre – womit dann allerdings dieses konkrete Antwortangebot keinerlei Sinn mehr entfaltet hätte.
Mit einem Schnellschuss die grüne Agenda retten
Von diesem Ergebnis offenbar erschreckt, startete Civey dann am 1. Januar 2022 eine weitere Umfrage zum Thema. Diese sollte nur bis zum 3. Januar laufen und wies an besagtem Montag um 10.30 Uhr bereits 5.077 repräsentativ gewertete Antworten aus. Wir erinnern uns – bei der Drei-Monats-Umfrage kam Civey gerade einmal auf 3.040 Repräsentative. Die Fragestellung diesmal: „Sollen die letzten sechs deutschen Atomkraftwerke Ihrer Meinung nach wie geplant bis Ende 2022 abgeschaltet werden?“
Von den 5.077 als repräsentativ ausgewiesenen Befragten (die Rohzahlen werden von Civey, nachdem TE wiederholt auf die großen Diskrepanzen zwischen tatsächlichen und repräsentativen Zahlen hingewiesen hatte, leider nicht mehr veröffentlicht) sprechen sich nun 38,2 Prozent für die Abschaltung der noch betriebsfähigen KKW bis Ende 2022 aus. Das sind nur geringfügig mehr als bei der Langzeitumfrage.
So stellen die Civey-Ergebnisse trotz aller Manipulationsversuche für die grüne Anti-AKW-Agitation der vergangenen vierzig Jahre wenn nicht eine Schlappe, so zumindest einen deutlichen Rückschlag dar. Da mittlerweile die unvermeidbaren Konsequenzen der grünen Energieträgervernichtungspolitik über die Energiekosten im Portemonnaie des einfachen Bürgers ankommen, sinkt die Bereitschaft, für die Umwelt im Kalten zu sitzen, offenbar erkennbar. Das allerdings hindert die Klimagläubigen nicht daran, ihren bürgerfeindlichen Zielen weiterhin vorbehaltlos anzuhängen. Fast zwei Drittel der Bevölkerung halten die finale KKW-Abschaltung 2022 für falsch – doch die Regierung gibt sich unbelehrbar und handelt somit gegen eine deutliche Bürgermehrheit.
Der Vorstoß der EU-Kommission, die emissionsfreie Kernenergie zumindest als Übergangsenergie mit einer Art Umweltsiegel zu versehen, stößt bei den Regierungsgrünen auf vehementen Widerstand. Sonst durch ihre unbedingte EU-Gläubigkeit charakterisiert, wird nun von Grünen sogar die Einleitung einer Klage gegen die Kommission gefordert.
Superklimaminister Robert Habeck ahnt die Zerreißprobe, die auf seine Partei zukommt: „Die Vorschläge der EU-Kommission verwässern das gute Label für Nachhaltigkeit. Es hätte aus unserer Sicht diese Ergänzung der Taxonomie-Regeln nicht gebraucht. Eine Zustimmung zu den neuen Vorschlägen der EU-Kommission sehen wir nicht.“
Österreichs grüne Amtskollegin des Habeck als Minister für Klimaschutz, Leonore Gewessler, geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie stellt fest, dass bereits eine gutachterliche Stellungnahme des Büros Redeker Sellner Dahs in Auftrag gegeben sei. Entsprechend munitioniert werde man auch vor einer Klage gegen die EU nicht zurückschrecken.
Das wiederum verblüfft, gelten doch vor allem den Grünen bislang nationale Alleingänge einzelner EU-Mitglieder als unverzeihlich. Zumindest dann, wenn sie den bisherigen Allmachtanspruch der Regierungenorganisation mit Hauptsitz in Brüssel betreffen. Aber in Sachen KKW hört offenbar auch bei den Grünen dieser Spaß der bedingungslosen EU-Treue auf. So hat jeder seine roten – wahlweise grünen Linien, an denen die EU-Kommission mehr als Anstoß erregt.