Es ist bereits einige Jahre her, dass ich den Fiction-Roman „Der Schwarm“ aus der Feder des Autors Frank Schätzing gelesen habe. Ich fand das Buch damals über weite Strecken durchaus lesenswert. Ganz im Zeitgeist jenes frühen 21. Jahrhunderts griff Schätzing die Thesen einer angeblichen Schwarmintelligenz auf, die sich, ohne durch ihn tatsächlich erklärt zu werden, in den Weltmeeren dazu entschlossen hatte, der Ausbeutung und dem Missbrauch der Ozeane durch die Menschheit einen Riegel vorzuschieben.
Der Ansatz und die Botschaft waren ebenso klar wie utopistisch: Hört auf, ihr damals noch nicht ganz acht Milliarden Menschen, die Weltmeere gleichzeitig als Rohstoffpool, Nahrungsquelle und Müllkippe zu missbrauchen. Ein Ansatz, dem man sich durchaus anschließen kann auch dann, wenn diese Botschaft angesichts von Massenvermehrung und menschlicher Unvernunft eben ein gänzlich unrealistischer, utopistischer bleiben wird.
Was mich damals an Schätzings 2004 erschienenen, knapp tausend Seiten umfassenden Roman enttäuschte, war das Ende. Statt seine Botschaft im Stil der vorangegangenen, manchmal fast schon sachlich vorgetragenen Geschichte zu einem, ganz der aktuellen Selbstvernichtungsphilosophie entsprechenden, angemessenen Ende zu bringen, wird aus einem bis dahin gut und spannend aufgebauten Buch ein Chaosthriller à la Hollywood-Katastrophenfilm.
Ich wurde damals das Gefühl nicht los, dass der Autor auf Krampf versuchte, seinen Roman an Regisseure wie den 2022 verstorbenen Wolfgang Petersen zu verkaufen. Doch eine entsprechende Offerte des Großmeisters der Hollywood-Katastrophe blieb offenbar aus – vielleicht auch gerade deshalb, weil Schätzings Schluss so überhaupt nicht zu den vorangegangenen knapp 900 Seiten passen wollte. Tatsächlich allerdings hatte sich US-Schauspielerin Uma Thurman die Rechte an dem Stoff gesichert – doch die Studios wollten das Budget nicht bereitstellen und ein 2012 gemeinsam mit Schätzing gestarteter Crowdfunding-Versuch scheiterte offensichtlich. Zumindest war von dem Thurman-Film nie wieder etwas zu hören.
Das ZDF – based on Schätzing
Nun also hat sich das ZDF des Stoffs erbarmt und „based on a novell by Frank Schätzing“ aus dem Roman einen Achtteiler mit jeweils 44 Minuten geschustert. Der allerdings scheint wenig glücklich darüber, wie sein Millionenseller nun doch noch auf das gekommen ist, was früher „Leinwand“ genannt wurde. In „Die Zeit“ ließ er sich mit folgender Aussage zitieren:
„Manches ist kinoreif, anderes rühr- und redseliges Beziehungskisten-TV. Es pilchert mehr, als es schwärmt. Gute Schauspielerriege, aber unterfordert. Die globale Dimension der Bedrohung wird nicht spürbar, von Aktualität oder einer intelligenten Alien-Strategie ganz zu schweigen.“
Schätzing hat es offensichtlich versäumt, sich in die Adaption seines Buches einbringen zu lassen, weshalb der TV-Stoff eben nur auf seiner Geschichte „basiert“ und das Projekt insofern teilweise an jene Peinlich-Verfilmung des Karl-May-Winnetou-Stoffs mit dem damals vorübergehend hochgehypten Wotan Wilke Möhring erinnert. Man greift sich einen erfolgversprechenden Titel und einige „fundamentals“ der literarischen Vorlage und zaubert mit schlechter Regie und schlechtem Drehbuch das, was das ZDF stilunsicher als „Thriller-Serie“ und groß als „Serienhighlight des Jahres“ anpreist.
Was ist dazu zu sagen?
Was kaum noch auffällt: Auch die TV-Adaption wird dem seit geraumer Zeit zum vermeintlichen Erziehungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten mutierten Credo gerecht, keine Eigenproduktion ohne die obligatorischen homosexuellen Paarbeziehungen in die Wohnzimmer zu bringen. Eine Schwulen- und eine Lesbenehe, beide selbstverständlich glücklich und harmonisch, wo hingegen die klassischen Mann-Frau-Beziehungen entweder unter dem üblichen Beziehungsunvermögen der einander fremden Geschlechter leiden oder nach kurzer, mäßig emotionaler Bindung auf tragische Weise durch einen Tsunami beendet werden.
Die inhaltliche Breite des Covertextes
Die ersten sechs Episoden des Achtteilers, die bislang in der Mediathek abzurufen sind, reduzieren Schätzings Inhalt auf die Umsetzung eines Covertextes. Mehr als mühsam werden die bei Schätzing gelungen gezeichneten Angriffe aus der Tiefsee in unzusammenhängenden, oberflächlichen Kurzepisoden geschildert: in Peru, vor der norwegischen Küste, in der Bretagne, in Südafrika, im Nordpazifik. Irgendwie ploppen sie anlässlich einer Themenkonferenz in der Schweiz zusammen, und jeder, der das Buch nicht gelesen hat, bleibt mit einem großen Fragezeichen im Gesicht zurück.
Es ist das filmische Niveau der B-Movies aus den Fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts, als bei Jack Arnold mit Tarantula und dem Kiemenmann vom Amazonas gruselige Aliens in Schwarzweiß durch die Kinos flimmerten. Wobei Arnold sich zumindest gelegentlich Mühe gab, den Ursprung seiner mutierten Monster irgendwie zu erklären und die damals beliebten A-Bomben-Tests manch scheinbar plausiblen Hintergrund bildeten.
Keine Erklärungen – keine Charaktere
„The Swarm“, wie die Schätzing-Adaption beim ZDF mit Blick auf internationale Märkte auch in der deutschsprachigen Version heißt, kratzt weniger als nur an der Oberfläche. Selbst eine der Schlüsselepisoden des Buchs, als vor der norwegischen Küste das Methan-Schelfeis bricht und einen Nordsee-Tsunami der Sonderklasse nebst verwüstetem Westeuropa verursacht, bleibt beim ZDF mehr als dürftig. Da ist urplötzlich Tsunami und die Exfrau des norwegischen Professors Sigur Johanson, der durch Alexander Karim verkörpert wird, davongespült. Im Buch hatte sie noch eine wichtige Rolle – im Film nimmt man sie als verzichtbar kaum wahr, auch wenn ihr letzter, tragikomisch wiederholter Satz, sie könne sich nach dessen Bekenntnis ein Leben ohne Sigur nicht vorstellen, die vermeintliche Trauer des dunkelhäutigen Professors beherrscht.
Ganz anders dagegen Klaas Heufer-Umlauf, der wie hineingefallen wirkt und offenbar den Versuch unternimmt, aus dem mit seinem Namen verbundenen intelligenten Klamauk-TV ins ernste Fach umzusteigen. Groß in der Besetzungsliste ausgewiesen, reduziert sich sein Auftritt in den ersten sechs Episoden auf eine sitzende Rolle mit Großaufnahme der markanten Gesichtszüge als Unterwasserkameralenker mit einer Dialogbreite, gegen die Arnold Schwarzenegger in seinen frühen Auftritten fast schon geschwätzig erscheint. Aber wer weiß – vielleicht entfaltet er sich ja noch in den Chaosfolgen zum dröhnenden Abschluss.
Dem ZDF geht es nicht um den Roman
Ohnehin drängt sich der Eindruck auf, dass Story und Besetzung beim ZDF eher unbedeutend sind. All das sind nur die Pheromone, mit denen Otto-Normalverbraucher vor die Glotze gelockt werden soll, um die ZDF-Botschaft zu inhalieren. Und diese Botschaft lautet, ganz im Stile von „Last Generation“ und anderen enggepolten Klimaideologen: Achtung, Menschheit! Die Natur schlägt zurück! Wobei sich „Der Schwarm“ insofern noch von den Thunbergs, Neubauers und jenen anonymen Klebertruppen unterscheidet, dass es bei Schätzing längst zu spät ist. Da mag Mensch noch so struggeln und sich um Kontaktaufnahme mit den ozeanischen Aliens bemühen – im Nachspann seines Buches sinniert Schätzing darüber, dass irgendwie alles verloren ist und es dennoch irgendwie weitergeht. Und dass der Mensch dann eben doch nur ein Würmchen im Gefüge der Natur ist, das an maßloser Hybris leidet.
Wenn die Klimachaoten sich auf „die Wissenschaft“ berufen, dann verstehen wir spätestens nach der Betrachtung dieser Adaption, dass „die Wissenschaft“ in Wirklichkeit meint: „die Wissenschaftsvertreter, die unsere Ideologie belegen“. In der Episode, in der sich die Erkenntnissammler zusammentun, um der störrischen Politik erfolglos ihre These eines intelligenten Schwarms zu vermitteln, der alle Gesetze der Biologie aushebelt, um gezielt gegen die Menschheit vorzugehen, verabschiedet sich die Chefin des Kieler Umweltinstituts aus der Phalanx. „Gefühl“ und „Instinkt“ reichen ihr nicht aus, um die Gesetze der Naturwissenschaft über Bord zu werfen.
Selbstverständlich irrt sie – und wie hübscher hätte die Parabel ausfallen können als Regieanweisung für die nun anstehende Phase der großen Transformation? Möge die traditionelle Wissenschaft auch noch so fundiert vortragen – stimmen die Erkenntnisse nicht überein mit dem, was instinktiv gefühlt von den Gretas dieser Welt als anstehender Weltuntergang befürchtet wird, dann spielt das keine Rolle. Das plakative „hört auf die Wissenschaft“, mit dem schon unter dem Corona-Diktat jeder wissenschaftliche Ansatz vernichtet wurde, entlarvt sich als dumm machendes Lutschbonbon für die Masse der Nicht- und Schwerdenker.
Die Botschaft des ZDF
Um dieses Lutschbonbon entsprechend zu verpacken, garniert das ZDF seinen „Schwarm“-Auftritt in der Mediathek mit Agitprop-Formaten zur Seligsprechung der „Umweltaktivisten“ ebenso wie mit „Terra X“-Angeboten, in denen Fach-Idioloten den Basisfehler des Zoologen Alfred Brehm begehen und Tiere nach menschlichen Bewertungskriterien messen. Nur, dass hier nicht einmal mehr das einzelne Tier als irgendwie denkendes und fühlendes Individuum gemeint ist, sondern vom Schwarm und dessen vorgeblicher Intelligenz die Rede ist.
Der neomarxistisch-grüne Kollektivierungsansatz wird spätestens dann deutlich, wenn in diesen Sendungen ein Etwas einen Stock auf einen Ameisenhaufen wirft und daraufhin einige der sich angegriffen fühlenden Tierchen wahllos ihre Ameisensäure abfeuern. Es ist unfassbar, aber der Kommentar zu diesen Bildern spricht allen Ernstes von „wehrhafter Demokratie“, zu der die Ameisen in der Lage seien. Die indoktrinative Zielwirkung wird zudem dadurch unterstrichen, dass mehr als einmal behauptet wird: Das einzelne Tier ist dumm – doch der Schwarm ist intelligent!
Botschaft verstanden? Das reaktive Schwarmverhalten, das sich in frei agierenden Schwärmen wie Heringen und Staren darauf reduziert, möglichen Gefahren auszuweichen ohne dabei den nächstschwimmenden/fliegenden zu berühren und damit ein Chaos auszulösen, wird allen Ernstes zu vorausschauendem Handeln. Das ist absurd zumindest dann, wenn der Intelligenz-Begriff noch in irgendeinem Zusammenhang mit der Eigenschaft entwickelter Lebewesen in Verbindung gebracht werden soll, künftiges Handeln zielorientiert vorzudenken.
Die Zukunft im klimaideologischen Gleichschritt
Was hingegen die ZDF-Macher wollen, ist offensichtlich. Der Mensch des transformierten Klimazeitalters soll auf jeden individuellen Anspruch verzichten und sich als Rädchen der vermeintlichen Klugheit des Kollektivs unterwerfen. Das eigene Denken wird an der Eingangstür zur schönen, neuen Welt abgegeben – das bleibt „dem Schwarm“ überlassen, der zumindest in der Natur dann auch gern einmal kollektiv im Maul eines Bartenwals sein gemeinsames Ende findet. So ist es das, was bei den Freitagshüpfern bereits Realität ist, was das ZDF uns zu vermitteln sucht: das Nachbeten von Doktrinen und Glaubenssätzen ohne Eigenreflexion. Und das in der fiktiven Erwartung, den Weltuntergang durch kollektive Unterwerfung unter vermeintlich rettende Selbstkasteiung irgendwie aufhalten zu können.
Das allerdings würde die Milliardenindustrie der grün-marxistisch Bußfertigen in ihren Grundfesten erschüttern – und so konzentriert sich das mit Zwangsgebühren finanzierte ZDF weiterhin darauf, einer antirationalen Klimaideologie das Wort zu reden. Mit fragwürdigen Wissenschaftssendungen, einseitiger Agitprop und als Garnitur der mehr als schwachen Umsetzung eines Buchprojekts, das vor knapp zwanzig Jahren einmal ganz vielversprechend begonnen hatte, um sich dann jedoch bereits damals in sich selbst zu verlieren.