Tichys Einblick
Erst mal eine U-Bahn-Station

Der Antisemit Marx soll aus dem Stadtbild verschwinden

Simon Akstinat, Chefredakteur der in Berlin erscheinenden Jüdischen Rundschau fordert in einem Offenen Brief seiner Monatszeitschrift: Weg mit dem Antisemiten Karl Marx aus dem Berliner Stadtbild.

shutterstock/travelview

Nach Mohren, angeblichen Kolonialisten und anderen Unmenschen, den Flaggen der ersten deutschen Demokratie und anderen, den linken Systemüberwindern unliebsamen Symbolen soll es nun auch einen bekennende Rassisten aus der anderen Fraktion an den Kragen gehen. Das fordert zumindest Simon Akstinat, Chefredakteur der in Berlin erscheinenden Jüdischen Rundschau. In einem Offenen Brief seiner Monatszeitschrift fordert er nun: Weg mit dem Antisemiten Karl Marx aus dem Berliner Stadtbild:

„Es ist gut, dass sich die BVG seit Anfang Juli plötzlich so intensiv gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit engagieren will und über die Umbenennung von Bahnhöfen diskutiert. Leider ist einer ihrer U-Bahnhöfe nach einem der übelsten Rassisten, Antisemiten und Menschenfeinde Deutschlands benannt. Gerade für Juden ist es schwer erträglich, seinen Namen noch immer im Berliner Stadtbild zu sehen. Die Rede ist von Karl Marx und Ihrem U-Bahnhof Karl-Marx-Straße im Bezirk Neukölln.“

Der Rassist Karl Marx

Tatsächlich hat der Theoretiker, der von vielen als Philosoph und von manchen gar als Prophet gefeiert wird, aus seinem rassistischen Juden- und Farbigenhass nie ein Hehl gemacht. So schrieb er 1862 in einem Brief an Friedrich Engels nachfolgende Zeilen, die ihn heute um Lohn, Brot und gesellschaftliche Akzeptanz bringen würden: „Der jüdische Nigger Lassalle, der glücklicherweise Ende dieser Woche abreist, hat glücklich wieder 5000 Taler in einer falschen Spekulation verloren. Es ist mir jetzt völlig klar, daß er, wie auch seine Kopfbildung und sein Haarwuchs beweist, von den Negern abstammt, die sich dem Zug des Moses aus Ägypten anschlossen (wenn nicht seine Mutter oder Großmutter von väterlicher Seite sich mit einem Nigger kreuzten). Nun, diese Verbindung von Judentum und Germanentum mit der negerhaften Grundsubstanz müssen ein sonderbares Produkt hervorbringen. Die Zudringlichkeit des Burschen ist auch niggerhaft.”

Ferdinand Lasalle, von dem hier die Rede ist, gilt als Urvater der Sozialdemokratie.
Auch sonst zeichnete sich Marx durch wenig Freundliches gegenüber Juden aus. Bereits 1843 ließ die Ikone der Linken sich umfassend in einem Text aus, der explizit mit dem Titel „Zur Judenfrage“ überschrieben war. Marx, dessen jüdische Eltern selbst zum Christentum konvertiert waren, spricht in diesem Papier Mitgliedern der jüdischen Glaubensgemeinschaft das Recht auf die Emanzipation, die ihnen die liberal-konservative Reichstagsmehrheit dann in die Verfassung von 1871 hineinschreiben sollte, grundsätzlich ab.

Inspirator für Hitler

Hier, im Vormärz der bürgerlichen Revolution von 1843, noch reduziert der Vielschreiber seine Sicht auf das Judentum scheinbar erst nur auf die Religion. Marx als jemand, der sein Leben lang gegen alles Religiöse gehetzt hat, erwartet von den jüdischen Deutschen die vorbehaltlose Aufgabe ihrer Religion – andernfalls könnten sie niemals deutsche Staatsbürger sein: „ Die Emancipation von der Religion wird als Bedingung gestellt, sowohl an den Juden, der politisch emancipirt sein will, als an den Staat, der emancipiren und selbst emancipirt sein soll.“ Damit nimmt er eine Position ein, die sich von der des Adolf Hitler nur marginal unterscheidet. Es werden in diesen Zeilen nicht nur einmal mehr die Schnittmengen zwischen linken und rechten Sozialisten deutlich – es darf auch unterstellt werden, dass der unter der NSDAP zur Staatsdoktrin werdende Antijudaismus durchaus vom antisemitisch-sozialistischen Vordenker Marx inspiriert wurde.

Ohnehin zeichnet sich jener Verschwörungsmythos des Karl Marx, der derzeit nicht nur in der Bundesrepublik ansetzt, die Geschichte neu zu schreiben – und sie damit ihrer historischen Relevanz zu berauben – um so den Staat der Deutschen (wie es noch im Grundgesetz steht) in einen sozialistischen Kollektivstaat zu transformieren, durch den ihr innewohnenden Antijudaismus aus. Nur wird dieser zumeist als Anti-Israelismus oder Anti-Zionismus verkleidet, weil – so die Pseudologik der Linken – der Zionismus, der sich in seinem biblischen Ursprung auf den Obersten Gerichtshof des antiken jüdischen Staates als Symbol der staatlichen Unabhängigkeit bezieht (vergleiche dazu auch: Spahn – Das Biblikon-Projekt Band 4 Demokratie oder Gottesstaat, ISBN 9783943726046 S.1301ff), als nationalstaatliche und damit „imperialistische“ Idee interpretiert und damit als neokolonialistisch grundsätzlich abgelehnt wird. Flankiert wird diese grundlegende Ablehnung durch den Verschwörungsmythos eines „Weltfinanzjudentums“, welches angeblich mit Sitz in Amerika für jegliche, dem Kapitalismus zugeschriebenen Schandtaten die Verantwortung trägt.

Menschenrecht als individualistischer Irrweg

Marx setzt sich in seinem Text auch mit der Frage der allgemeinen Menschenrechte auseinander und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass „die sogenannten Menschenechte nichts anderes sind, als die Rechte des Mitglieds der bürgerlichen Gesellschaft, d. h. des egoistischen Menschen, des vom Menschen und vom Gemeinwesen getrennten Menschen.“

Diese Formulierung legt unmissverständlich dar, dass der Urvater der Sozialisten von Deklarationen eines wie auch immer gearteten Menschenrechts nicht das Geringste hielt. Das wiederum liegt uneingeschränkt in der Logik dieser Ideologie, die die Freiheit des Individuums unter das Diktat des Kollektivs stellt und das gesellschaftliche Paradies nicht in einer Gesellschaft gleichberechtigter Individuen erkennt – wie es beispielsweise derzeit noch im deutschen Grundgesetz festgeschrieben wird – sondern in einer doktrinären Gleichmachung aller Menschen, die darüber ihre Individualität als – nach Marx – vom Gemeinwesen getrennt existierenden und damit dem gesellschaftlichen Kollektiv schädlichen Menschen aufzugeben haben. Daraus folgert der erste Marxist notwendig, dass auch jegliche individuelle Religionsauffassung als Egoismus gegen seine Gesellschaftsutopie gerichtet ist und deshalb der vorgeblich progressiven, linken Weltutopie im Wege steht.

Offener Judenhass des Karl Marx

Doch der Vordenker des gegenwärtigen politischen Mainstreams belässt es nicht bei dieser Religionskritik. Was in seinem rassistischen Brief an Engels 1862 gipfeln wird, zeigt sich unverhohlen bereits in dem Essay von 1843:
„Suchen wir das Geheimniss des Juden nicht in seiner Religion, sondern suchen wir das Geheimniss der Religion im wirklichen Juden.
Welches ist der weltliche Grund des Judenthums? Das praktische Bedürfniss, der Eigennutz.
Welches ist der weltliche Kultus des Juden? Der Schacher.
Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld.
Nun wohl! Die Emancipation vom Schacher und vom Geld, also vom praktischen, realen Judenthum wäre die Selbstemancipation unsrer Zeit.“
Hiermit demonstriert der 1818 in Trier geborene Redakteur bereits jenen Antijudaismus, der bis heute fester Bestandteil der Anhängerschaft sozialistischer Verschwörungsmythen ist. Ein Antisemitismus, der seinen kleinbürgerlich-proletarischen Weg finden sollte hin zum industriell organisierten Massenmord an mindestens sechs Millionen Menschen.

Eine U-Bahnstation kann nur der Anfang sein

Wenn die Jüdische Rundschau nun in einer Zeit des kulturrevolutionären Bildersturms das Verschwinden des Namens dieses Mannes fordert, hat sie dafür weit mehr Veranlassung als jene, die sich beispielsweise daran ereifern, dass ein traditioneller Straßenname mit Bezug auf einen Mohren aus dem Bewusstsein der Gegenwart getilgt wird. Allerdings wird es mit der Umbenennung einer Berliner U-Bahnstation nicht getan sein. Der Nam des Antisemiten „schmückt“ republikweit Straßen, Plätze, Institutionen. In der Logik der Kulturrevolutionäre wäre es daher mehr als angesagt, dieses offene Bekenntnis zu einem Vordenker der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit mit ebensolcher Konsequenz zu tilgen, wie dieses beispielsweise bei einem Gustav Nachtigal der Fall ist, der sich als überzeugter Antirassist vehement für ein Ende der Sklaverei eingesetzt hat.

Anzeige
Die mobile Version verlassen