Tichys Einblick
Masken und Wirklichkeit

Corona – Bangemachen gilt nicht

Bangemachen gilt doch – zumindest dann, wenn es von der Regierung kommt und von den Medien gefördert wird. Und wenn vor allem Letztere, ohne es zu wollen, den Unsinn manchen Bangemachens offenbaren und dennoch nicht wahrnehmen.

imago images / photothek

Bangemachen gilt nicht, pflegten wir früher zu sagen, wenn sich jemand aufplusterte und den dicken Max markieren wollte. Das hat sich zwischenzeitlich geändert. Bangemachen gilt doch – zumindest dann, wenn es von der Regierung kommt und von den Medien gefördert wird. Und wenn vor allem Letztere, ohne es zu wollen, den Unsinn manchen Bangemachens offenbaren und dennoch nicht wahrnehmen.

Der Unsinn von der Maskenpflicht

Seit geraumer Zeit herrscht Masken- und Einkaufwagenpflicht. Das ist das ideale Betätigungsfeld für die kleinen Blockwarte. Wie jenen subalternen Mitarbeiter der Discountergruppe „Penny“, der sich breitbeinig in die Tür stellt und von mir, der ich nur auf die Schnelle zwei bis drei Kleinigkeiten kaufen möchte, verlangt, mich an ein dekorativ aufgestelltes Schild auf rotem Grund zu halten. Auf diesem spricht irgendjemand von Penny alte Kumpels an und versucht ihnen zu erklären, dass sie bitte einen Einkaufswagen nehmen mögen.

Nun, mich können sie nicht meinen. Da ich nie mit irgendjemandem von Penny in der Sandkiste gespielt habe und mich auch nicht erinnern kann, mit einem der dortigen Herren/Damen/Diversen auf Bruderschaft angestoßen zu haben, reagiere ich auf Schreiben, die mich kumpelig duzen, aus Prinzip nicht. Das ist allerdings nicht alles, und ich weise den Blockwart darauf hin, dass Penny keine Desinfektionstücher bereitstellt, die Griffe der Einkaufswagen also potentielle Virenschleudern sind.

Hilft nichts – Blockwart bleibt Blockwart – ich wünsche einen guten Tag und gehe zwanzig Meter weiter zu Edeka. Andere Mütter haben auch schöne Töchter. Und dort weiß man, dass ein halbwegs schlauer Mensch auch ohne Einkaufswagen in der Lage ist, zwei Meter Abstand zu halten. Selbst dann, wenn, wie so häufig, der Slalom durch die Rollatoren angesagt ist.

Maske statt Sicherheitsabstand

Auch ansonsten ist das mit dem Bangemachen mehr etwas für den Medienbetrieb. Als noch kein Maskenzwang herrschte, achteten alle auf den Sicherheitsabstand. Die Maske macht den einen oder anderen wieder etwas rüpeliger – kann ja nichts passieren, bin geschützt! Was aus medizinischer Sicht ziemlicher Blödsinn sein soll.
Aber auch das verschleißt sich. Bei Edeka tragen mittlerweile alle Mitarbeiter Maske.

Als Modeaccessoire: Der eine unter dem Kinn, die andere locker am Ohr hängend, der Dritte am Fleischtresen sozusagen als Kehlkopfschutz. Ich treffe den Chef, er trägt Maske nasenfrei. Ich – als Kunde komplett versteckt – lache ihn an und weise scherzhaft auf die unkorrekte Trageweise hin. Er lacht zurück und sagt: „Kommt die Behörde – schwupp, ist sie wieder oben!“ Und fügt hinzu: „Mit diesen Sch…dingern kann man nicht arbeiten. Ständig beschlägt die Brille.“

Was wiederum ich aus eigener, leidvoller Erfahrung nur bestätigen kann, weshalb Einkäufe bei mir derzeit eher einem Blindflug gleichen und der Mund-Nase-Schutz schnell zur Hängepartie wird. Und weshalb das Teil umgehend nach Bezahlung wieder in der Jackentasche verschwindet, wo dann die möglicherweise eingefangenen Viren – bislang sämtlich ohne Corona – Party feiern dürfen.

Auch im Discounter kehrt die Normalität zurück

Wie gesagt: Bangemachen gilt nicht – und Anordnungen der Staatsautorität gelten nur, solange der Staat seine Aufpasser in Sichtweite hat. Das hat sich nun auch bis zu Penny herumgesprochen. Mittlerweile kann ich wieder ohne Einkaufswagen einkaufen. Die Mitarbeiter – hier überwiegend nette Damen aus dem russischen Raum – tragen den Mundschutz, wenn überhaupt, auch eher locker. Der Blockwart ist vermutlich in eine andere Filiale versetzt worden – zumindest habe ich ihn seit Tagen nicht mehr gesehen.

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An der Kasse ist eine neue Normalität ohne Kassierermaske eingekehrt. Die Damen und Herren dort sind hinter Plexiglaskäfigen versteckt und akzeptieren nach wie vor mein Bargeld, auch wenn da irgendwo ein Schild hängt, das mich bittet, mit Karte zu löhnen. Doch ich ziehe nicht nur hier Bargeld vor – wer weiß, wie viele Viren auf den kleinen Tasten heimisch geworden sind, mit denen die Geheimzahl eingetippt werden soll.

Hier also gilt: Deutschland macht sich locker. Auch wenn ein Bekannter gerade berichtete, er sei durch ständige Kontrollgänge gezwungen worden, bei seiner fünfstündigen Fahrt mit der Deutschen Bahn ständig das Teil im Gesicht zu haben, obgleich im Großraumabteil nur – mit ihm – zwei Fahrgäste anzutreffen waren und der Abstand ein vielfaches der vorgegeben 1,50 Meter betrug.

Mittagsschlaf mit Sicherheitsabstand

Die Absurdität des staatlich verordneten Kontaktverbots machte nun das beliebte Morgenmagazin der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten deutlich. Dort gab es einen netten Bericht aus einem Kindergarten in der mecklenburgischen Landeshauptstadt Schwerin. Es wurde berichtet: Die Eltern dürfen ihre Sprößlinge nur abliefern, wenn sie – also die Eltern – Maske tragen. Die Kids im Alter zwischen drei und sechs fallen dann erst einmal den Kindergärtnerinnen um den Hals. Klar – man kennt sich, ist vertraut – und nach dem langen Eingesperrtsein in heimatliche Wohnungen ist das Treffen erst einmal ein Grund zur Freude.

Wir lernen: Mögen die Eltern auch noch so verseucht sein – in dem Land mit den wenigsten Corona-Fällen sind zumindest die Kinder Corona-frei. Weshalb diese Kinder – anders kann es auch nicht sein – glücklich in die Kamera schauen und sich freuen, endlich wieder mit den Freunden im Freien herumtollen zu dürfen oder gemeinsam irgendetwas zu bauen.

Wie auch soll Spielen mit Abstand funktionieren? Wenn nun also irgendwann die gern als Drohung an die Wand gemalte „Zweite Welle“ kommt – die neudeutsch „Kitas“ genannten Kindersammelstellen dürften die Hauptübertragungsstätten sein. Eltern kennen das: Die alljährliche Scharlach-Epidemie kam so sicher wie das Amen in der Kirche. Also alles wieder normal in deutschen Kitas? Nein, selbstverständlich nicht! Beim gemeinsamen Mittagessen dürfen sich die Kids nicht mehr selbst bedienen – das Servicepersonal füllt die Teller. Vermutlich, weil die Kinder ihre Corona-Viren auf die Schöpfkelle übertragen und so die anderen, mit denen sie eben noch im Garten herumgetollt haben, infizieren könnten.

Auch verweist die Reporterin mit Ernst in der Stimme darauf, dass beim üblichen Mittagsschlaf die Matratzen mit Mindestabstand 1,50 Metern aufgestellt seien. Als ich das nun hörte, kam ich aus dem Lachen nicht heraus. Offensichtlich wird davon ausgegangen, dass schlafende Kinder Virenschleudern sind – spielende hingegen nicht. Wenn ich nun allerdings erwartet hätte, dass die MoMa-Berichterstatterin den Sinn und Unsinn der von Oben verordneten Kinderschutzabstände in Kindergärten hinterfragt – Fehlanzeige. Auch der allergrößte Blödsinn wird unkommentiert weitergegeben, wenn er von staatlicher Stelle verordnet ist.

Freiheitsberaubung in Altenheimen

Apropos Sicherheitsabstand und Kontaktverbot. Liegen eigentlich schon Anzeigen von Senioren wegen Freiheitsberaubung vor? Zumindest das gepflegte Altenheim, in dem meine Schwiegereltern vergangenen Sommer ihr letztes Domizil auf Erden genommen haben, erinnert seit einigen Wochen an verschärften Arrest. Besuche nicht mehr zulässig – Ausgang der Insassen auch nicht. Die regelmäßigen, unverzichtbaren Zusatzrationen an frischem Obst und Drogerieeinkäufen werden am Tor von einem maskierten Mitarbeiter abgeholt und intern zugestellt. Hier gilt Bangemachen offensichtlich doch.

Gegenwärtig wird im Zuge der Lockerungsübungen darüber nachgedacht, wie nun auch das Kontaktverbot gelockert werden kann. Jeder Insasse der Haft-, pardon: Seniorenanstalt darf künftig eine Person seines Vertrauens benennen, die das Heim unter Aufsicht betreten darf. Getüftelt wird noch, wie der persönliche Kontakt konkret stattfinden soll. Zimmerbesuche – ausgeschlossen. Irgendetwas in einem separaten Raum mit Trennscheibe ist im Gespräch. Komisch – warum bloß erinnert mich das an die Szenen aus US-Krimis, wo Häftlinge für fünf oder zehn Minuten unter Aufsicht mit einem Besucher Kontakt aufnehmen dürfen? Fehlt nur noch der Telefonhörer, mit dem Oma und Enkel dann kommunizieren, die Finger an die Plexischeibe drückend, welche anschließend grundlegend desinfiziert werden muss, bevor der nächste Insasse seine Kontaktperson empfangen darf.

Die Unlockerheit der Auguren

Während nun also im alltäglichen Leben die Lockerungen die Menschen tatsächlich wieder lockerer machen, füllen die warnenden „Experten“ ganz unlocker die Medienkanäle. Allen voran dieser Karl Lauterbach, wahlweise präsentiert als „SPD-Gesundheitsexperte, Mediziner, Epidemologe“ – er hat solche Dinge mit Cofinanzierung durch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung einstmals studiert – ist allgegenwärtig und darf seinen mit leiernder Stimme vorgetragenen Senf ständig und überall dazugeben.

Was mich bei diesem Menschen viel mehr interessieren würde: Warum bloß assoziiere ich ihn ständig mit einem Krankenkassenlobbyisten? Ob das damit zusammenhängt, dass er noch vor einem Jahr im Chor mit der Regierungsberatungsstelle „Bertelsmann-Stiftung“ dafür plädierte, bis zu 50 Prozent der Krankenhausbetten einzudampfen, weil die angeblich nicht gebraucht würden? Naja – vielleicht recherchiere ich das irgendwann noch mal – ansonsten gilt zurzeit in der Politik allenthalben der klassische Satz vom Geschwätz von gestern, welches heute nicht mehr interessiert. Dabei hätte ich zu gern gewusst, wie Lauterbach und sein Kumpel Jens Spahn heute zu ihren 2019er-Empfehlungen des radikalen Bettenabbaus stehen.

Die grünmarxistischen Überzeugungstäter wittern Morgenluft

Dabei ist Lauerbach ja eher noch einer jener, dem man zumindest den Versuch abnimmt, sich mit der Pandemie irgendwie halbwegs sachlich auseinanderzusetzen. Das ist bei den Grünmarxisten gänzlich anders. Die waren die ersten Opfer von Corona – ihr aktuelles Lieblingsthema, welches sie in Einheitsfront mit den Medien angesichts der jahresüblichen Wärmewelle im Frühjahr (hatten wir regelmäßig bereits in der 90ern, dass es im April warm und trocken wurde, worauf dann ein durchwachsener Mai folgte) wieder als stimmenbringende Klimahysterie hochfahren wollten, wurde von der Corona-Hysterie abgelöst.

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Die Grünmarxisten gerieten plötzlich aus dem Blickfeld. Mittlerweile allerdings haben sie sich wieder gefangen und werden zu Corona-Trittbrettfahrern, die – wie üblich – ohne jeglichen Sachverstand wirre und unausgegorene Thesen zum klimagerechten Wirtschaftsumbau, Überwindung des Föderalismus, Fleischmindestpreis, Mindestlohn, Verkehrsvernichtung, Reiseverboten und sonstigen Staatsvorgaben verbreiten. Irgendwie beginne ich zu ahnen: Die wohlstandsdekadenten Vertreter einer intellektuell verarmten Generation könnten am Ende die Corona-Gewinner sein.

Flächendeckend ohne rechtliche Grundlage Radwege zulasten des „bösen“ Autos installiert – Berlin ist da bereits Vorreiter. Die Tierhaltung verteuert, sodass die Geringverdiener, wie einst in den 50ern, sich ihr Fleisch nur noch als Sonntagsbraten leisten können (die Pasta-Industrie wird es freuen, nachdem die unnötig angelegten Hamsterkäufe dann irgendwann abgebaut sind). Die Dumping-Angebote im Flugverkehr ausgemerzt – Fliegen wird wieder etwas für die gehobenen Schichten.

Achja – und dann natürlich die besten Argumente, um den zumindest von den Grünen angestrebten Austausch der einstmals slavogermanischen Bevölkerung Deutschlands durch Zuwanderer aus aller Welt begründen zu können. Fallen die Billig-Urlaube nach Ägypten, Thailand und in die Karibik aus, weil das Fliegen zu teuer wird, stehen dort unzählige Geringverdiener auf der Straße. Dann gilt tatsächlich: Kommt der Wohlstand nicht in Form von zahlungsfähigen Touristen zu uns, gehen wir zum Wohlstand.

Wobei – das mit dem Wohlstand – nunja. Das Duo Merkel-Macron arbeitet bereits mit Hochdruck daran, den nun abschließend abzuschaffen. Die Corona-Soforthilfen nebst allem weiteren haben allein staatsintern so viel Geld verbraucht, dass sich Generationen am Schuldenabbau erfreuen dürfen. Da kommt es dann auf die paar 500 Milliarden auch nicht mehr an, mit denen die maroden Staatshaushalte zwischen Paris und Rom saniert werden sollen. Hätten wir da nicht einen Sebastian Kurz, der etwas mehr Verstand mitbringt als die komplette deutsche Bundesregierung – der Ausverkauf deutscher Interessen wäre nicht mehr aufzuhalten. Und im Übrigen sollte auch hier gelten: Bangemachen gilt nicht. Auch wenn einem angesichts des weitgehend erfolgreich durchgeführten Probelaufs eines totalen Ausnahmezustands und der infolgedessen nun propagierten und versuchten Systemüberwindung durchaus manchmal Angst und Bange werden könnte.

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