Solange ich mit der CDU zu tun habe, hatte diese Partei ein Frauenproblem. Aber nicht ein solches, wie es anlässlich der Quotendebatte Linksausleger wie Karin Prien oder der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen als Schreckgespenst an die Wand gemalt haben. Das Frauenproblem der CDU war es, das sich einfach nicht genug Frauen für die Politik interessierten – oder durch ihre Lebenssituation auf politisches Engagement verzichteten.
Deshalb war die Situation ganz im Gegenteil eine solche, dass dann, wenn sich Frauen für die Politik in der CDU interessierten, diese zumeist auf Händen nach oben getragen wurden. Nicht nur Karin Prien ist eine solche Frau, die es auch ohne Quote geschafft hat, sich durchzusetzen.
So war es bereits in der Jungen Union der Siebzigerjahre selbstverständlich, dass die jungen Frauen gleichberechtigt in den Vorständen vertreten war. Keine dieser damals jungen Frauen – und kaum eine der älteren, die ich in späteren Jahren kennenlernte – sprach sich für eine Frauenquote aus. Emanzipierte und selbstbewusste Frauen hatten in der Union niemals Bedarf daran, sich über ein Quotenticket in ein Amt bringen zu lassen. Ganz im Gegenteil: Sie alle empfanden es als würdelos und beleidigend, sich durch eine Quote befördern zu lassen.
30 Jahre zu spät dem grünen Zeitgeist hinterhergelaufen
Trotzdem zeigte Friedrich Merz einmal mehr seine Unfähigkeit, der Partei mit klarer Führung voranzugehen. Unter dem Druck der vergrünten CDU-Oberen kam er nicht umhin, die Frauenquote auf dem ersten Präsensparteitag seit drei Jahren zur Debatte zu stellen.
Freya Gräfin Kerssembrock brachte das eigentliche Problem auf den Punkt. Nie habe sie ein Problem damit gehabt, ein Mandat zu erhalten. Dennoch stellte sich immer häufiger die Frage, ob sie nicht der Politik den Rücken kehren müsse, weil ihre Lebenssituation mit Beruf und Kindern es nicht mehr erlaubte, sich auch noch der Politik zu widmen. Sie habe sich deshalb an ihren Landesvorsitzenden gewandt und ihm die Situation erläutert – und es hätten sich Wege gefunden, die Arbeitsweise der Partei so zu verändern, dass sie Politik und Familie unter einen Hut bringen kann. Ihr Appell an die Delegierten: „Geben Sie mir nicht mit der Quote mehr Ämter – geben Sie mir die Gelegenheit, meinen Ämtern gerecht zu werden!“
Parteitagsmehrheit grenzt emanzipierte Frauen aus
Doch es half nichts. Die mehrheitlich männlichen Delegierten übten sich einmal mehr in traditioneller Obrigkeitshörigkeit und beschlossen mit Mehrheit ein verbindliches Quotenmodell bis 2029. Es geschah das, was Denise Bittner in der Debatte als unbedingt zu vermeidenden Offenbarungseid beschrieben hatte: „Jetzt kommen wir und machen das, was die Grünen, was die SPD, was die Linken machen.“ Das sei nicht nach vorn geschaut, sondern rückwärtsgewandt.
Es ist einmal mehr ein verzweifeltes Hinterherlaufen hinter einem linken Zeitgeist, den das pseudoemanzipatorische Trommelfeuer der vereinigten Linken nun einmal mehr der CDU aufgedrückt hat.
Der frühere Hoffnungsträger Merz hat einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er nicht nur nicht die Vergangenheit, sondern auch nicht die Zukunft einer Partei repräsentiert, die selbstbewusst mit eigenen Vorstellungen das Land regieren möchte.
Die linken Protagonisten in und außerhalb der Union wird es freuen: Nachdem nun bereits die FDP ins rotgrüne Lager übergelaufen ist, besteht für die CDU weder dort noch bei den Konservativen weiterer Bedarf. Was überaus bedauerlich ist, denn das grünrotgelbe Regierungsdesaster hätte einer kraftvollen, selbstbewussten und bürgerlichen Opposition dringend bedurft. Doch ein selbstgewähltes Schicksal sollte man nicht bedauern. Auch wenn für emanzipierte Frauen das Feld politischer Betätigung in der grünen Republik nun noch kleiner geworden ist.