Die sicherheitspolitische, querliegende 8 mit dem Kreuzungspunkt in den USA nimmt täglich neue Formen an. Soll der atlantisch-baltische Kreis mit Finnland und Schweden konstruktive Verstärkung bekommen, macht US-Präsident Joe Biden nun den pazifischen Kreis rund. Die USA als global agierender Weltpolizist sind wieder da – zumindest in dokumentiertem Wollen und unmissverständlichen Beistandserklärungen.
Von der Beistandslogistik zum Militäreinsatz
Hatte Biden vor wenigen Monaten bereits den Zorn der kommunistischen Volksrepublik China (VRC) auf sich gezogen, als er der Republik China auf der Insel Taiwan/Formosa eine grundsätzliche Beistandsadresse schickte, so legte Washington nun unmissverständlich nach. Bei einem Besuch des Pazifik-Verbündeten Japan erklärte Biden, inspiriert durch den russischen Überfall auf die Ukraine, dass die VRC keinerlei Recht habe, sich die unabhängige Inselrepublik mit Gewalt einzuverleiben.
Tatsächlich gab es angesichts der permanenten Drohungen und Provokationen gegen die Inseldemokratie in Washington zu Beginn der Ukraine-Invasion Befürchtungen, Pekings Rotchinesen könnten die Chance nutzen, um im Handstreich die von den USA unterstützte Insel zu besetzen. Die USA, bereits mit der Eindämmung Russlands in Europa beschäftigt, hätten in einem solchen Falle an zwei heißen Fronten aktiv werden müssen.
Tatsächlich allerdings zögerte Chinas Präsident Xi. Zum einen wollte er die ohnehin angespannte Handelssituation vor allem mit der EU nicht zusätzlich belasten, zum anderen führte der Blick auf die Erfolgslosigkeit Putins bei seinem Projekt einer blitzkriegsartigen Übernahme seines westlichen Nachbarlandes zu einem gewissen Umdenken.
Nur eine scheinbare Änderung der US-Strategie
Für das US-Militär hebt Biden damit die Beziehung zu Taiwan scheinbar auf eine neue Ebene. Entsprechende Zusagen militärischer Verteidigung gab es bislang nur für die Verbündeten Japan und Süd-Korea. Allerdings war in den Stäben von Luftwaffe und Marine längst klar, dass der anti-chinesische Feuerring, der nun auch im Pazifik um die Komponente Russland erweitert wurde, militärstrategisch nur Sinn macht, wenn der Beistand für die dem chinesischen Festland zentral vorgelagerte Insel über bloße Logistik spürbar hinaus geht. Die USA schmieden seit geraumer Zeit an einem pazifischen Pendant zur Nato, dem eben jene beiden traditionellen Verbündeten ebenso angehören wie Australien und Neuseeland.
Die feste Einbindung Taiwans in die US-amerikanische Verteidigungsstrategie ist insofern sowohl eine Antwort auf die rotchinesische Pearl-Chain der ausgelagerten Stützpunkte, als auch auf den russischen Expansionismus.
Peking unterstreicht sein Narrativ
In Peking fiel die Reaktion entsprechend aus. „Niemand sollte die feste Entschlossenheit, den unerschütterlichen Willen und die starken Fähigkeiten des chinesischen Volkes bei der Verteidigung der nationalen Souveränität und territorialen Integrität unterschätzen“, verlautete im Stile russischer Faktenumkehr aus dem Außenamt der VRC. Peking manifestiert damit seine Ein-China-Ideologie, die die historisch nur für einen kurzen Moment nach dem Ende der japanischen Besetzung mit dem Festland vereinte Insel, ähnlich dem russischen Ukraine-Anspruch, als ewigen Bestandteil seine Reichs betrachtet, obgleich es den Kommunisten zu keinem Zeitpunkt gelungen war, die Republik China zu erobern und zu unterwerfen.
Setzte Deng Xiaoping noch mit dem Konzept der zwei Systeme in einem Land auf eine friedlichVereinigung, so wurde der Riss in den letzten Jahren kontinuierlich tiefer, als Xi entgegen den Verträgen mit dem Vereinigten Königreich Stück für Stück die Demokratie in Hongkong im wahrsten Sinne des Wortes abwürgte. Die Inselchinesen haben abschließend jegliches Vertrauen in die Vertragsfähigkeit der kommunistischen Führung verloren und rüsten sich für einen bewaffneten Konflikt mit der zahlenmäßig und waffentechnisch deutlich überlegenen, sogenannten „Volksbefreiungsarmee“.
Ein wenig mehr Sicherheit für Taiwan
Xi zentrale Probleme und Bidens Signal
Biden wird es bei seiner unmissverständlichen Erklärung vorrangig darum gehen, eben nicht noch neben Europa eine zweite, offene Krise an der amerikanischen Machtperipherie zu bekommen. Dass die USA in diesem Zusammenhang ihre strategische 8 ausbauen, kommt in Washington nicht ungelegen. Zumindest haben die führenden Köpfe beider politischen Lager mittlerweile verstanden, dass die Illusionen der Obama-Merkel-Ära wie Seifenblasen geplatzt sind. Der US-Präsident lässt keine Zweifel mehr, dass sein Land die Führung gegen die Autokraten und Despoten beansprucht. Und dass es bereit ist, dafür auch seine Armee einzubringen.