Barbara Hendricks Zeit als Ministerin ist abgelaufen. Trotzdem wird Sie dem Mittelstand lange in Erinnerung bleiben. Als scheidende Umweltministerin wird sie einen bleibenden Eindruck bei vielen Unternehmen hinterlassen. Ihr Erbe ist die neue Gewerbeabfallverordnung, die seit Anfang August in Kraft ist. Sollte sich der Mittelstand jemals über Bürokratie beschwert haben, dann mögen die Mittelständler bitte die Abfallverordnung aus dem Hause Hendricks lesen.
Anders als für den Hausmüll, der je nach Region zwischen Bio-, Wertstoff-, Papier- und Reststofftonne getrennt wird, müssen Gewerbetreibende künftig gewerbliche Siedlungsabfälle in 8 (!) Kategorien trennen, sammeln und einer Verwertungsanlage zuführen. Papier, Glas, Kunststoffe, Metalle, Holz, Textilien, Bioabfälle und Sonstige-Fraktionen nennt die Verordnung. Welche Farben die Mülltonnen auf dem Betriebsgelände für die acht Fraktionen haben sollen, lässt der Gesetzgeber offen. Ob die betroffenen Unternehmen mit dieser Freiheit verantwortungsvoll umgehen können, wird sich zeigen. Ansonsten wird die Novellierung der Gewerbeabfallverordnung sicherlich auch das bald regeln.
Das alles wäre ja schon ambitioniert, aber damit ist die Ministerin noch lange nicht mit ihrem Latein am Ende. Es geht noch Konkreter. Lediglich fünf Prozent Fehlerquote akzeptiert die Verordnung. Kommt es zu Verstößen, dann ist mit einer Strafe von bis zu 100.000 Euro zu rechnen. Wahrscheinlich werden sich bald Dienstleiter finden, die Unternehmen für die rechtlich einwandfreie Mülltrennung zertifizieren. Da soll noch einer sagen, der Staat würde keine Jobs schaffen.
Schon jetzt sinniert der verantwortungsbewusste Teetrinker in der Betriebskantine beim Pausentee schon bisweilen: „Was passiert eigentlich mit dem gebrauchten Teebeutel? Gehört er zur Papier-, Bio- oder Sonstigen-Fraktion? Muss er gegebenenfalls sogar nach der Teewässerung händisch in Beutel, Teeblätter und Metallklammer getrennt werden, um das Fünf-Prozent-Ziel einzuhalten? Wer weiß?“
Und ja, es geht noch eine Eskalationsstufe weiter. Wird die Betriebskantine abgerissen und müssen anschließend die angefallenen Bau- und Abbruchabfälle entsorgt werden, dann ist das nur zulässig, wenn sie vorab in 10 (!) Fraktionen getrennt wurden. Glas, Kunststoff, Metalle, Holz, Dämmmaterial, Bitumengemische, Baustoffe auf Gipsbasis, Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik. Wird zwischen den Abbruchabfällen ein Teebeutel gefunden, dann muss dieser wie gewohnt dokumentiert, bebildert und abgeheftet werden – 3 Jahre lang. So kann ein falsch sortierter Teebeutel ganz schön teuer werden.
Bürokratie wie diese schadet kleinen und mittleren Unternehmen ganz besonders. Ob sie der Umwelt nutzt oder ob nicht eine Stärkung des Eigentums durch mehr Haftung und Verantwortung viel sinnvoller wäre, sei dahingestellt. Doch Hendricks Verordnung verändert schleichend die Wirtschaftsstruktur in diesem Lande. Kleine und mittlere Unternehmen können nicht ausweichen. Die Bürokratiekosten belasten sie daher besonders. Irgendwann wird der Aufwand zu groß, sie verschwinden vom Markt oder werden von den Konzernen geschluckt, die es sich leisten können, eigene Abfallabteilungen zu betreiben. Ludwig von Mises hätte wohl über Barbara Hendricks gesagt: „Jeden Tag maßen sich Bürokraten mehr Macht an; bald schon werden sie das gesamte Land leiten.“