Es gibt sie doch, die Erfolgsgeschichte der Europäischen Union. Leider sind zwar weder die wirtschaftliche Entwicklung in Portugal, Italien noch erst recht in Griechenland wirklich vorzeigbar. Ein eindrucksvoller Erfolg ist aber mit der erfolgreichen Integration der osteuropäischen Staaten nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs gelungen. Die EU-Osterweiterung kann sich wirklich sehen lassen. Sie ist eine historische Leistung! Vor 20 Jahren wurde die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen von den damals 15 Mitgliedsstaaten der EU beschlossen. 2004 traten die zehn „neuen“ den „alten“ EU-Staaten bei. 2007 folgten Bulgarien und Rumänien. Die Verhandlungen waren nicht einfach. Ängste überwogen. Die einen wollten ihren Arbeitsmarkt vor billigen Arbeitskräften schützen, die anderen ihre Landwirtschaft und wieder andere waren nicht bereit, noch mehr Geld in den EU-Haushalt zu bezahlen.
In unserem Nachbarland Tschechien herrscht heute Vollbeschäftigung! In Polen hat sich die Arbeitslosenquote von 19,1 (2004) auf 6,2 Prozent (2016) gedrittelt. In allen osteuropäischen Ländern gibt es sowohl bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf als auch bei der Arbeitslosenquote eine positive Entwicklung. Diese wirtschaftliche Entwicklung ist nicht selbstverständlich und auch nicht überall gleich ausgeprägt, denn nicht überall wurde der Rechtsstaat konsequent eingeführt und Investoren eingeladen zu investieren. Wie brüchig das Vertrauen in den Rechtsstaat ist, sehen wir aktuell in Polen und Ungarn. Dabei ist für den wirtschaftlichen Fortschritt Vertrauen notwendig, nur dann wird dauerhaft investiert.
Doch nicht nur die Neumitglieder haben profitiert: beiden Seiten hat die Öffnung der Märkte für Waren und Dienstleistungen geholfen. Deutsche Unternehmen konnten Produktionen in die unmittelbare Nachbarschaft verlagern und dortige Lohnvorteile nutzen. Dies wurde vielfach als verlängerte Werkbank bezeichnet. Das klingt despektierlich, ist es aber nicht. Die Direktinvestitionen der Autobauer aus Deutschland in Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei haben die Wettbewerbsfähigkeit von BMW, Daimler und VW enorm erhöht, und gleichzeitig zum Wohlstand der Beschäftigten dort beigetragen. Es ist eine klassische Win-Win-Situation. Beide profitieren von der grenzüberschreitenden Arbeitsteilung. Es sind die Mitgliedsstaaten selbst, die diese Vorteile teilweise wieder gefährden. So ist die Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie in den einzelnen Mitgliedsstaaten zum Bürokratiemonster geworden.
Die Vorteile der Arbeitsteilung werden damit durch Protektionismus innerhalb des Binnenmarktes aufs Spiel gesetzt. In viele Bereichen mischt sich die EU ein, wo es nicht ihre Aufgabe ist oder wo sie ihre Rolle überinterpretiert. Die Grundfreiheiten von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen sind der Kern des europäischen Zusammenwachsens. Auf deren Durchsetzung sollte sich die EU-Kommission konzentrieren. Denn wenn es noch eines Beweises bedarf, dass Freihandel nicht nur Wohlstand für alle schafft, sondern auch friedensstiftend ist, dann ist die Osterweiterung der EU das beste Beispiel dafür.