Das ist wahrlich ein historischer Schritt. Wer hätte sich sonst „systematisch“ darüber Gedanken gemacht, was an Ostern frische oder hartgekochte Eier bedeuten. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht. Dankbar muss man dem Bund der Steuerzahler sein, der hier immer wieder Licht ins dunkle Steuerdickicht bringt.
Also dann wollen wir mal „systematisch“ drangehen. Das Hühnerei aus dem Discounter wird mit sieben Prozent Mehrwertsteuer belegt. Ist es dagegen hartgekocht, sind 19 Prozent fällig. Ist es jedoch ein frisches Hühnerei vom Bauern nebenan, dann fallen 10,7 Prozent an. Hätte ich nicht drei, sondern nur zwei Hühner in meinem Garten und würde sieben Eier pro Woche verkaufen, dann fiele gar keine Mehrwertsteuer an – 0 Prozent!
Doch ist hier der Steuerwahnsinn schon zu Ende? Weit gefehlt! Besteht das Osterei aus Schokolade, fallen sieben Prozent Mehrwertsteuer an. Sind solche Eier aus Holz oder Papier, dann sind es wieder 19 Prozent. Ist es ein Kinder-Überraschungsei einer bekannten Marke aus Italien, dann handelt es sich um einen Kombinationsartikel, der wiederum mit sieben Prozent besteuert wird. Wer es sich anders überlegt und keine Eier färben, sondern morgens ein Rührei machen will, sollte sich das vorher überlegen. Rühreier werden mit sieben Prozent besteuert. Gut, dass die Fürsorgepflicht des Staates sich auch auf den Gesundheitszustand der Bürger richtet. Der Paternalismus zieht nicht an Ostern vorbei. Schon deshalb besteuert Vater Staat faule Eier generell mit 19 Prozent. Selbst an solchen F-eier-tagen muss man sich mit der Frage beschäftigen, warum es nicht gelingt, die Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer zu beseitigen und den allgemeinen Satz auf dann 16 Prozent zu reduzieren …
Und auch die Arbeitnehmer müssen bluten. Wer Ostersonntag arbeiten muss, hat Pech. Es gibt keinen F-eier-tagszuschlag für ihn oder sie. Es sei denn, der Arbeitsort ist in Brandenburg. Dann hat man Glück gehabt, denn dort ist Ostersonntag ein gesetzlicher F-eier-tag. In der Backwarenindustrie macht das schon mal einen Zuschlag von 175 Prozent statt dem üblichen 75 prozentigen Zuschlag an einem normalen Sonntag aus. Schön, dass der Karfreitag und der Ostermontag wiederum gesetzliche F-eier-tage sind.
Wer Karfreitag feiern will, muss frühzeitig entscheiden, wo er es krachen lassen will. Brandenburg ist dafür völlig ungeeignet. Das weiß man eigentlich schon seit 2005, als Rainald Grebe sein Lied über Brandenburg veröffentlichte. Eine Hommage auf die Einsamkeit. Darin heißt es: „Es gibt Länder, wo was los ist; Es gibt Länder, wo richtig was los ist; und es gibt Brandenburg, Brandenburg. In Brandenburg ist wieder jemand gegen den Baum gegurkt!“ Seitdem weiß man auch, dass in Berlin was los ist: „Im Adlon ist Brad Pitt und der Washington, Denzel! Im Autohaus in Schwedt ist Achim Menzel! Brandenburg, Berlin, Halelluja Berlin, Halelluja Berlin, alle wollen da hin!“
Grebe wusste, dass man in Berlin am Karfreitag bereits ab 21 Uhr auf die Piste gehen kann. Lediglich beim Kinobesuch machen die Berliner auch auf Spaßbremse. Das liegt nicht an den Berlinern selbst, sondern an der bundeseinheitlichen Regelung. Ein Hoch auf den Zentralismus! Hier ist es egal, in welchem Bundesland man wohnt oder ins Kino geht. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) legt seit vielen Jahren fest, welcher Film an stillen Feiertagen vorgeführt werden darf oder nicht. Für die Älteren unter uns hat die FSK in der Vergangenheit schon mal so Kracher wie „Top Gun“ oder „Police Academy“ auf die Rote Liste gesetzt.
Was lernen wir aus alldem? Die Freiheit des Einzelnen endet an der Kinokasse und in der Weite Brandenburgs. Zumindest an Karfreitag. Was die Besteuerung der Ostereier aber nicht einfacher macht, auch nicht in den – naja – ruhigen Landstrichen rund um die Bundehauptstadt.