Über Zombieunternehmen wird seit vielen Jahren geschrieben. Das Phänomen ist also nicht neu, gewinnt aber in Corona-Zeiten, wo alles und jeder gerettet werden soll, an wachsender Bedeutung. Alexander Horn ist es zu verdanken, dass er das Phänomen jetzt intensiver untersucht hat. Sein Buch „Die Zombiewirtschaft – Warum die Politik Innovation behindert und die Unternehmen in Deutschland zu Wohlstandsbremsen geworden sind“ ist eines der besten Wirtschaftsbücher in diesem Jahr.
Als Zombieunternehmen gelten Unternehmen, denen es über einen längeren Zeitraum nicht gelingt, anfallende Schuldzinsen aus ihrem Jahresüberschuss zu bezahlen. Die Anzahl dieser Firmen nimmt seit Jahren zu. 2013 lag der Anteil in Deutschland bei 12 Prozent, 2017 bei 15,4 Prozent und aktuell wird er wahrscheinlich noch höher sein. Horn verweist dabei auf eine Analyse von Creditreform, dass etwa 20 Prozent aller Unternehmen akut gefährdet wären, würden ähnliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie vor der Finanzkrise 2008 herrschen. Steigende Fremdkapitalzinsen oder eine leichte Rezession mit sinkenden Umsätzen würden sie in die Verlustzone bringen. In der Corona-Krise drohen zwar keine steigenden Fremdkapitalzinsen, das wird die EZB mit Sicherheit verhindern, aber sinkenden Umsätze betreffen weite Teile der Wirtschaft.
Eigentlich sieht es viel schlimmer aus, denn die wachsende Anzahl von Zombieunternehmen untergräbt insgesamt das Innovationspotential in der Wirtschaft, weil das notwendige Kapital für Investitionen im Inland nicht bereitgestellt wird. Horn belegt das auch mit vielen Zahlen. Seit Anfang der 2000er Jahre sind die Bruttoanlageinvestitionen der Unternehmen und des Staates von über 30 Prozent des BIP auf nur noch 20 Prozent gefallen. Wer die Infrastruktur an Straßen, Brücken und Breitband in Deutschland betrachtet, hat schon länger das Gefühl, dass an diesem Argument etwas dran ist. Wird die laufende Wertminderung noch berücksichtigt, dann findet faktisch nur ein sehr geringer Zuwachs an Investitionen statt. Schon vor der Corona-Krise war diese Nettoinvestitionsquote auf einem – mit Ausnahme der Weltwirtschaftskrise 1929 – historisch einmalig niedrigem Niveau. Und dies alles trotz ebenfalls historisch niedrigen Finanzierungsbedingungen.
Die Analyse ist daher niederschmetternd: Der gesamtwirtschaftliche Kapitalstock stagniert und in der Industrie sinkt er sogar seit mehr als einem Jahrzehnt. Diese Entwicklung sei seit dem Beginn der Industrialisierung einmalig und nur vergleichbar mit der Zeit vor der Weltwirtschaftskrise 1929 und der wirtschaftlichen Depression, die darauf folgte. Auch damals stagnierte der Kapitalstock über eine längere Phase und ging sogar zeitweise deutlich zurück. Keine gute Aussichten!
Horn argumentiert im Sinne von Joseph Schumpeter, wenn er beklagt, dass die wachsende Anzahl der Zombies den Bereinigungsprozess in einer Wirtschaft verhindert. Die „schöpferische Zerstörung“ dient in einer Wirtschaft dazu, dass auf dem Boden des Alten etwas Neues entstehen kann. Er verweist auf die notwendige Kapitalbereinigung, die vom Staat nicht behindert, sondern vorangetrieben werden muss. Das dies nicht ausreichend geschieht, liegt seiner Meinung nach an „subjektiven und dann auch objektiven Barrieren, die die Unternehmen davon abhalten, ihre Rolle als wohlstandssteigerndes Kraftzentrum wahrzunehmen“. Die Investitionsschwäche der Wirtschaft werde weder von den Regierungsparteien noch von der politischen Opposition zum Thema gemacht. Das stimmt leider. Vielleicht ändert dieses Buch etwas daran. Es wäre zu wünschen.