Was die Vermögensbildung betrifft, haben die Deutschen ein Trauma: Das Telekom-Trauma. 1996 privatisierte der Bund das Staatsunternehmen in mehreren Schritten. Begleitet wurde dies von einer breiten Werbekampagne, deren Gesicht der Schauspieler Manfred Krug war. Krug war populär und spielte in der ARD-Serie „Liebling Kreuzberg“ über viele Jahre einen schnoddrigen Berliner Anwalt.
Die T-Aktie sollte zu einer Volksaktie werden, die die Deutschen endlich vom unrentierlichen Sparbuch abbringen sollte. „Die Telekom geht jetzt an die Börse. Da geh‘ ich mit!“, war der griffige Slogan. Mit 17,25 Euro startete der Kurs am 18. November 1996. Im März 2000 lag er bei 102,80 Euro, um dann nach dem Platzen der Dotcom-Blase auf 8,15 Euro abzustürzen. Viele Anleger waren tief enttäuscht von ihrem teilweise ersten Aktienengagement.
Die Hartgesottenen blieben und erlebten einen zweiten großen Aufschwung, der 2007 bei 133,60 Euro jäh endete. Die letzte große Finanzkrise ließ den Kurs dann auf ein Tief von 7,70 Euro im Jahr 2012 abstürzen. Seitdem spielt die Aktie bei vielen Kleinanlegern und Altersvorsorgesparern keine Rolle mehr. Trotz der Tatsache, dass sich der Kurs der Telekom-Aktie seitdem wieder mehr als verdoppelt hat. Er liegt aktuell bei 16,55 Euro (19.02.2020).
Sicher gibt und gab es in Deutschland bessere Aktien als die Deutsche Telekom. Aber auch die Telekom hat sich für die Anleger gerechnet, die nicht einmalig auf ein Pferd gesetzt, sondern dies regelmäßig getan haben. Wer seit dem Börsengang der Telekom jedes Jahr 1.000 Euro investiert hat, konnte Ende letzten Jahres ein Vermögen von 38.480 Euro in seinem Depot verwahren. Dies entspricht einer jährlichen Kurs-Rendite von 3,9 Prozent. Hinzu kommt eine Dividendenrendite, die im Durchschnitt bei 4 Prozent lag. Zusammen haben Anleger, die regelmäßig und langfristig in die T-Aktien investiert haben, im Durchschnitt also 7,9 Prozent pro Jahr erzielt. Das ist nicht schlecht für eine Volksaktie, die im Langzeitgedächtnis der Deutschen ein so schlechtes Image hat.
Wer sich heute auf die gesetzliche Rente verlässt, akzeptiert die Armut im Alter – Grundrente hin oder her. Wer aber die Möglichkeit hat, regelmäßig zu sparen, dem droht ebenfalls die Altersarmut, wenn er falsch spart. Wer nämlich in die Schulden des Staates investiert, der spart falsch. Denn diese Schulden werden auch künftig keine oder nur eine geringe Verzinsung abwerfen.
Wichtig ist, sich von dem Irrglauben zu lösen, dass sich der Vermögensaufbau statisch entwickelt und man sich dabei auf den Staat verlassen kann. Menschliches Handeln ist der Ursprung von Veränderung. Es ist jenseits der menschlichen Macht, sie zu stoppen und ein Zeitalter der Stabilität herbeizuführen, in dem die ganze Geschichte zum Stillstand kommt. Es liegt in der Natur der Menschen, nach Verbesserungen zu streben, neue Ideen zu erdenken und die Bedingungen seines Lebens nach diesen Vorstellungen zu ordnen. Dieses System nennen wir Marktwirtschaft. Wer dagegen sein Geld in Schuldverschreibungen des Staates anlegt, der vergöttert den Staat, der einem väterlich Hilfe verspricht, aber langfristig versagt. Denn der Staat kann keine höhere Verzinsung oder Rendite bieten als es der Markt kann. Seine Minderleistung rechtfertigt der Staat mit seiner fast unbegrenzten Kreditwürdigkeit als Schuldner. Doch diese Illusion gilt es zu überwinden: Denn der Markt mag volatil sein und seine Launen haben – er hat aber auch seine Dynamiken, die langfristig nach oben zielen. Die Statik des Staates dagegen wirkt zwar bodenständig und stabil, ist aber vor allem zäh und bisweilen näher am Treibsand als am Granit.