Vor fünf Jahren, am 7. Mai 2010, beschloss der Deutsche Bundestag das erste Griechenland-Paket. Schon damals hieß es, Griechenland habe nicht einmal ein Grundbuch. Fünf Jahre später haben sie immer noch keins. Und auch im Jahr 2020 wird es in Griechenland immer noch kein solches geben. Der Termin sei nicht mehr zu halten, hieß es kürzlich, da eine Finanzierungslücke zur Vollendung von derzeit 220 Mio. Euro bestünde.
Jeder weiß inzwischen, Griechenland hat nicht nur ein Problem mit dem fehlenden Grundbuch, sondern auch die Korruptionsrate ist so hoch wie in einem Entwicklungsland. Deshalb reicht es eben nicht, langwierige Reformen von außen zu oktroyieren und gleichzeitig immer mehr Geld in ein Fass ohne Boden zu werfen.
Das Hauptproblem Griechenlands ist das mangelnde Vertrauen der Investoren. Weder investieren Bürger aus dem eigenen Land in die Wirtschaft des südlichen Euro-Staates, noch investieren ausländische Geldgeber in einem Land, in dem es keine verlässlichen Strukturen in Staat und Gesellschaft gibt.
Dieses Problem hat jedoch nicht nur Griechenland. Viele Staaten auf dieser Welt kennen diesen Teufelskreis aus Entwicklungshilfe, Korruption und Misswirtschaft. Alles hängt letztlich daran, dass Eigentum nicht rechtssicher erworben und übertragen werden kann, dass Eigentum in seiner Verfügbarkeit eingeschränkt ist und staatliche Willkür keine Planungssicherheit gewährleistet.
Aus diesem Dilemma kommen viele Länder nicht heraus. Denn es erfordert einen kulturellen Wandel in den Köpfen der Menschen, damit sich dies oftmals erst über Generationen hinweg ändert. Der Einzelne hat es in solch einem Umfeld schwer. Unternehmensgründer, Investoren und Eigentümer haben meist nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Also entweder auf den Sankt-Nimmerleinstag für eine Eintragung ins Handelsregister zu warten oder mit „Fakelaki“ nachzuhelfen.
Die Rettung wird vielleicht die Cyberwährung Bitcoin bringen. Denn das Revolutionäre an Bitcoin ist, dass er ohne Staat auskommt, nicht zentral gesteuert wird und werden kann. In der kommenden Woche kommt im Finanzbuchverlag München dazu ein neues Buch auf den Markt: „Bitcoin – Geld ohne Staat“ von Aaron König. König stellt darin den Nutzen der Cyberwährung für die Vereinfachung des Zahlungsverkehrs dar – aber nicht nur. Er zeigt zusätzlich auf, welche fast schon unbeschränkten Möglichkeiten sich rund um Bitcoins künftig ergeben.
Denn die geniale Idee des Erfinders, der unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto bekannt ist, war die Blockchain-Technologie. Blockchain ist ein öffentliches Protokoll im Internet, das dazu dient, Transaktionen mit Bitcoins für jedermann zu dokumentieren. Ein öffentlicher Schlüssel dient als eine Art Kontonummer, an die jeder, der sie kennt, Bitcoins überweisen kann. Um jedoch an die Bitcoins heranzukommen, benötigt der Empfänger einen privaten Schlüssel, der nur ihm bekannt ist. Das öffentliche Protokoll schützt vor Missbrauch. Nicht eine Regulierungsbehörde, der Staat oder eine Zentralbank überwacht die Einhaltung der Regeln, sondern alle Nutzer gleichzeitig.
Diese dezentrale Verteilung der Kontrolle ermöglicht ganz neue Möglichkeiten. Warum braucht man noch ein Grundbuch, wenn die Eigentumsverhältnisse eines Grundstücks in einer Blockchain nachgewiesen werden können. Warum braucht man noch ein Handelsregister, wenn die neuen Eigentümer eines Unternehmens in der Blockchain für alle sichtbar nachgewiesen werden können. Und warum braucht man noch ein Standesamt, wenn der Bund fürs Leben auch in der Blockchain öffentlich dokumentiert werden kann.
Die große Chance dieser Technologie ist, dass in korrupten Staaten keine Beamten mehr bestochen werden müssen, um eine Genehmigung zu bekommen. Auch die notarielle Beurkundung entfiele, wenn Eigentümeränderungen in einer Blockchain veröffentlich würden. Der öffentliche Glaube, der durch die Eintragung im Grundbuch oder Handelsregister derzeit erreicht werden soll, ist durch eine Blockchain ebenso, aber viel unbürokratischer und preiswerter möglich. Staatliche und notarielle Gebühren entfielen, Behördengänge und Wartezeiten wären überflüssig und staatlicher Willkür liefe ins Leere.
Für viele Entwicklungs- und Schwellenländern würde so die Grundlage für Fortschritt und Wohlstand geschaffen. Es wäre vergleichbar mit der Entwicklung und Verbreitung des Mobiltelefons. Bürger und Unternehmen mussten nicht mehr darauf drängen, dass das Festnetz ausgebaut und funktionsfähig vom Staat oder seinen beauftragten Unternehmen zur Verfügung gestellt wird, sondern die Verbreitung der Mobiltelefone hat in diesen Ländern die Festnetztechnologie schlicht übersprungen.
Für viele scheint dies alles utopisch und unrealistisch zu sein. Doch was ist schon realistisch? Als Adam Smith 1776 in seinem Buch „Wohlstand der Nationen“ für den Freihandel warb, war dieser fern jeder Realität. Er glaubte selbst nicht daran. 90 Jahre später war dieser fast weltweit erreicht. Sicherlich konnte sich eine übergroße Mehrheit der kriegsgebeutelten Bürger in Deutschland am 8. Mai 1945 nicht vorstellen, dass Ludwig Erhard drei Jahre später mit der Freigabe der Preise und dem Ende der Zwangsbewirtschaftung die Grundlage für die marktwirtschaftliche Ordnung in Deutschland schuf. Das Richtige setzt sich über kurz oder lang durch, weil die Idee der Freiheit stärker ist als jeder Zwangsapparat, jedes Verbot und jede Knechtschaft. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
Treffen Sie Frank Schäffler persönlich auf dem Wirtschaftsgipfel 2015 Economic Summit in Seeheim bei Frankfurt am Main.