Eigentlich ist die mögliche Regierungsbildung in Italien gar nicht so schlecht. Nicht, weil man die Rezepte der Lega und Fünf-Sterne-Bewegung gut finden muss. Sondern weil sie Klarheit schafft. Bislang waren die Fiskalpolitik einiger Mitgliedsstaaten und die EZB-Geldpolitik eine ziemlich verlogene Veranstaltung. Die Südschiene im Euro-Club kümmerte sich nicht um die Fiskalregeln und die EZB finanzierte diesen Schlendrian durch ein Anleihenkaufprogramm in Billionenhöhe. Auf Dauer konnte und kann das nicht gut gehen. Wer als Staat mehr Geld ausgibt als er einnimmt, während gleichzeitig im eigenen Land relative Wirtschaftskraft verloren geht, kann nicht erwarten, dass er dauerhaft keine Zinsen bezahlen muss. Das erhöhte Risiko eines Zahlungsausfalls muss sich in der Höhe des Zinses widerspiegeln.
Doch das Gegenteil ist der Fall. 1989 hatte Italien eine Verschuldung von 500 Milliarden Euro und die Anleihen Italiens rentierten mit 14 Prozent. Seitdem steigt die Verschuldung und die Rendite der Anleihen nimmt kontinuierlich ab. Inzwischen liegt die Verschuldung bei 2.300 Milliarden Euro und die Rendite liegt bei rund 2 Prozent. Die Situation Italiens ist wahrlich besorgniserregend. Die Industrieproduktion hat seit 2007 fast um ein Viertel abgenommen. Der Output der Automobilindustrie ist auf dem Niveau der frühen 1960er Jahre. 1989 wurden in Italien noch fast 2 Millionen Autos gefertigt. Heute sind es nicht einmal mehr 800.000. Daher steigen auch die Target-Verbindlichkeiten gegenüber anderen Notenbanken der Eurozone auf derzeit 442 Mrd. Euro. Italien lebt seit vielen Jahrzehnten auf Pump. Finanziert wurde dies bereits vor dem Euro durch die Notenpresse. Italien wertete die Lira früher alle Jahre einfach ab. Heute wird die Verschuldung des Landes weiter über die Notenpresse finanziert. Für 337 Milliarden Euro hat die italienische Notenbank Staatspapiere des eigenen Landes gekauft. Das ist ein Drittel der gesamten Notenbankbilanz.
Angenommen, der italienische Staat würde nicht nur Bleistifte für die Beamten damit bezahlen, sondern auch Renten und Sozialhilfe mit den Mini-BOTs auszahlen, dann würde sich automatisch ein Markt für Mini-BOTs entwickeln. Denn Rentner müssten weiterhin für Lebensmittel, Kleidung und Wohnung aufkommen. In diesem Fall hätte die Verkäufer wohl keine andere Möglichkeit als diese Schuldscheine zu akzeptieren. Daraus würde sich ein Marktpreis für Mini-BOTs entwickeln und die Mini-BOTs wären handelbar und damit eine Parallelwährung zum Euro. Sicherlich keine offizielle Währung nach den Statuten der EZB und der Europäischen Verträge, aber eine faktische. Wahrscheinlich würden die BOTs sogar den Euro im alltäglichen Geschäft verdrängen. Denn hier gilt das so genannte Greshamsche Gesetz, das vereinfacht ausgedrückt besagt, dass das schlechte Geld das gute Geld verdrängt. Wenn es die Erwartung der Geldhalter ist, dass das eine Geld weniger werthaltig ist als das andere, versucht man ersteres möglichst schnell wieder loszuwerden. Das werthaltige Geld behält man, hortet es oder bringt es ins Ausland. So werden sich wahrscheinlich in diesem Fall Mini-BOTs und Euro entwickeln. Denn es ist ja nicht zu erwarten, dass Italien plötzlich zur fiskalischen Disziplin übergeht, sondern im Gegenteil eine neue Verschuldungsspirale durch die Mini-BOTs einleitet. Mini-BOTs sind daher das schlechte Geld, das man schnell wieder loswerden will, und der Euro wird gehortet. Wer hätte das gedacht, dass der Euro jemals die Chance hat, zu gutem Geld zu werden?