Angela Merkel wird die Namen Stefan Grüttner und Thomas Schäfer wohlwollend in ihr Handy tippen. Die beiden hessischen CDU-Minister haben mit dem hessischen Wirtschaftsminister von den Grünen, Tarek Al-Wazir, einen gemeinsamen programmatischen Vorschlag zur Verbesserung der Altersvorsorge gemacht. Der Inhalt des Papiers wird die Kanzlerin nicht dauerhaft beeindrucken. In der Gunst der Kanzlerin werden die beiden Christdemokraten aber aufgestiegen sein, weil sie mit einem Grünen öffentlich einen inhaltlichen Vorschlag gemacht haben. So etwas passt Merkel ins Kalkül.
Denn der Vorgang untermauert die Annäherung der CDU an die Grünen in der Fläche. Es passt in ihren großen Plan für die Bundestagswahl 2017. Dabei ist ihr das Erstarken der AfD nicht unlieb. Verhindert es doch eine Mehrheit ohne die CDU. Ihre strategische Position wäre dann besser als 2013.
Damals war zumindest zahlenmäßig eine Mehrheit ohne die Union im Bundestag möglich. SPD, Grüne und Linkspartei hätte eine Koalition unter einem SPD-Kanzler Gabriel bilden können. Es kam bekanntlich anders, dennoch kann Siegmar Gabriel innerhalb der großen Koalition mit diesem Gedanken spielen. Das weiß die Kanzlerin und deshalb will sie es 2017 sein, die den Koalitionspartner bestimmt. An ihr vorbei soll keine Koalition möglich sein. Das ist ihr strategisches Ziel. Das kann durchaus gelingen, solange die Union in den Umfragen im Korridor zwischen 35 und 40 Prozent bleibt.
Zwei Gefahren lauern für die Kanzlerin: 1. Die AfD erhält weiter Zulauf von Nichtwählern, die das Staatsversagen in der Flüchtlingspolitik der Regierung anlasten. 2. Die FDP schafft den Wiederaufstieg und kommt wieder in den Bundestag. Beides ist aus heutiger Sicht durchaus möglich.
Aus Sicht der Kanzlerin sind beide Punkte heikel. Bei der Flüchtlings- und Einwanderungsfrage lässt sie deshalb die CSU vom Zügel, damit Seehofer enttäuschte Unionswähler wieder an die Union bindet. Über die FDP redet sie nicht, damit nicht über die Liberalen geredet wird. Gertrud Höhler hat bereits 2012 in ihrem Buch „Die Patin – Wie Angela Merkel Deutschland umbaut“ über das Verhältnis der Kanzlerin zur FDP geschrieben: „Keine Partei steht so entschieden für Bürgertugenden und Bürgerrechte in einer Leistungskultur, die Bürgerfreiheit auf Platz eins setzt, um all dies zu gewährleisten. Keine politische Gruppe bedroht das Allparteien-System der Kanzlerin so entschieden wie die FDP.“ Und weiter: „Die Kernbotschaften der Liberalen sind der Gegenentwurf zur Allmachtsvision der Regierungschefin.“
Deshalb freut sich Merkel über die Annäherung der CDU an die Grünen. Hessen war für ihre Pläne die Blaupause. Wenn jetzt im März bei den Landtagswahlen auch noch Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz dazu kämen, ja dann wären drei westdeutsche Kernländer schwarz-grün regiert und der Weg frei für eine schwarz-grüne Bundesregierung in 2017.
Welche Politik dann gemacht wird, kann sehr gut am Vorschlag der drei hessischen Minister abgelesen werden. Ihr Vorschlag für einen Deutschland-Fonds für die Altersvorsorge läuft auf ein obligatorisches Fondssparen für alle Arbeitnehmer hinaus. Die Beiträge sollen von den Arbeitgebern an die Deutsche Rentenversicherung abgeführt werden, die dann das Geld möglichst breit gestreut anlegen soll und zum „Selbstkostenpreis“ verwaltet. Schon beim Wort „Selbstkostenpreis“ sollten man zusammenzucken. Welche „Kosten“ die Deutsche Rentenversicherung dann „selbst“ produziert, will ich mir erst gar nicht ausmalen, geschweige denn den Anlageerfolg der „Anstalt“ des Bundes. Was einen bei so viel Paternalismus und Vergötterung staatlicher Planung endgültig misstrauisch machen sollte, ist der Appell der Minister: „Der Staat organisiert den Deutschlandfonds und steht mit seinem guten Namen.“ Spätestens jetzt sollten Sie dem alten Grundsatz folgen: Verlangt der Staat nach „Opfern“, lauf um Dein Leben und achte auf Deine Brieftasche.