Dass US-Präsident Donald Trump auf seiner gegenwärtigen Nahost-Reise Saudi-Arabien als einzigen arabischen Staat besucht, ist in erster Linie das Verdienst des Vizekronprinzen Mohammed ibn Salman al-Saud. Denn in Washington wird die Modernisierung des gewichtigsten arabischen Landes zur Kenntnis genommen. Und unter der gegenwärtigen US-Administration findet ein außenpolitischer Paradigmenwechsel statt. Außenpolitik wird wieder offen als Wahrnehmung nationaler Interessen definiert. Tatsächlich war das nie anders. Um eine effiziente Außenpolitik zu betreiben, gilt es, die nationalen Interessen des eigenen Landes im Einvernehmen mit anderen Staaten durchzusetzen. Doch, wenn es sein muss, auch in Konkurrenz mit ihnen.
Was sich von Zeit zu Zeit verändert, ist nicht diese Grundlage der Außenpolitik, sondern deren Marketing. Also die Art und Weise, wie ein Staat seine Außenpolitik rechtfertigt. Während der Amtszeit des abgetretenen amerikanische Präsidenten Barack Obama (2009-2017) wurden Menschenrechte als Gradmesser der Außenpolitik Washingtons hervorgehoben. Tatsächlich aber orientierte sich Washington auch während der Obama-Jahre an dem, was der Präsident und seine Außenminister als die nationalen Interessen der USA verstanden. Dies zeigte sich besonders deutlich an der Nah- und Mittelostpolitik der Vereinigten Staaten. Die Obama-Regierung suchte in erster Linie ein Arrangement mit dem schiitischen Mullah-Regime Irans. Daher tolerierte Washington, dass Teheran offen seine arabischen Nachbarstaaten wie Saudi-Arabien und die Golfländer bedrohte, den syrischen Diktator Assad in seinem blutigen Krieg gegen das eigene Volk unterstützte, in Libanon die schiitische Terrormiliz Hizbollah förderte und eine iranische atomare Streitmacht zur Vernichtung Israels aufbaute.
Das 2015 erzielte Abkommen zur Begrenzung der nuklearen Aufrüstung Irans, das neben den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates auch von Deutschland unterzeichnet wurde, wird bis heute von Saudi-Arabien, den Golfstaaten und Israel abgelehnt, denn Iran bedroht weiterhin das Lebensrecht dieser Staaten. Präsident Trump nennt den Vertrag „den schlechtesten jemals geschlossenen Deal“. Teheran lässt nach wie vor Trägerwaffen für Atomsprengköpfe entwickeln. Iran finanziert weiterhin die Hizbollah, stärkt Assads Armee in ihrem Vernichtungskampf im eigenen Land. Darüber hinaus steckt Teheran hinter den Aufstand der schiitischen Huthi-Milizen im Jemen. Ziel der Huthis ist die Machtübernahme in Saana sowie ein Abnutzungskrieg gegen Saudi-Arabien.
Um diese vielfältigen Herausforderungen zu bestehen, braucht es eine dynamische Politik und eine durchgreifende Modernisierung. König Salmans Sohn, Mohammed ibn Salman al-Saud, war 2015 erst 30 Jahre alt. Doch er besaß schon damals klare Vorstellungen von den notwendigen Reformen. Die Abhängigkeit des Landes vom Öl muss reduziert werden. Es gilt, die petrochemische Industrie auszubauen und die Wirtschaft zu modernisieren. Saudi-Arabien soll zur Drehscheibe des Welthandels in Nahost entwickelt werden. Das Schul- und Bildungssystem muss effektiver werden, Frauen sollen zunehmend beruflich emanzipiert und schließlich sollen die Verteidigungsstreitkräfte ihren Standard weiter ausbauen.
Mohammed ibn Salman al-Saud entwickelte die „Vision 2030“. König Salman wusste, dass es nicht genügte, eine Vision zu entwerfen. Er wollte, dass der Zukunftsplan verwirklicht würde. Daher ernannte er seinen kreativen Sohn zum Vize-Kronprinzen und Verteidigungsminister sowie zum Chef des Hofprotokolls. Damit wurde der studierte Jurist zum zentralen Entscheidungsträger des Königreiches.
- Als Verteidigungsminister unterstützte der Vizekronprinz die legitime jemenitische Regierung in ihrem Abwehrkrieg gegen die Huthi-Rebellen. Er vermied jedoch den Einsatz von Bodentruppen, um einen blutigen Landkrieg zu verhindern.
- Der Verfall des Erdölpreises zeigte, dass es keine Alternative zu der von Mohammed ibn Salman betriebenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung und Umstrukturierung gibt. Diese Pläne sollen mit einem nie dagewesenen Investitionsprogramm finanziert und realisiert, zu diesem Zweck soll der staatliche Ölkonzern Aramco teilweise an Investoren veräußert werden. Dabei wird mit Erlösen von zwei Billionen Dollar (!) gerechnet. Ausländische Investoren sind willkommen.
Der starke Mann in Riad setzt auch außenpolitisch auf einen moderaten Kurs, den Frieden in dieser Weltgegend zu fördern. Vize-Kronprinz Mohammed möchte dazu beitragen, den arabisch-israelischen Konflikt beizulegen. Als Grundlage soll die von Saudi-Arabien entwickelte „Arab Peace Initiative“ dienen, die eine Anerkennung Israels im Austausch für einen Rückzug des jüdischen Staates auf die Grenzen von 1967 vorsieht. Über die Modalitäten der Flüchtlingsfrage herrschen allerdings noch grundsätzliche Differenzen. Doch prinzipiell sind sich Riad und Israel einig, dass der überholte Konflikt rasch beendet werden muss. Denn man hat einen gemeinsamen Gegner: das aggressive Mullah-Regime in Teheran. Der quasi offizielle Besuch des ehemaligen saudi-arabischen Generals Eshki im jüdischen Land fand dort große Zustimmung. Die Israelis begriffen, dass in Riad ein neuer Wind weht. Das Wüstenkönigreich sucht den Weg des Friedens und will als ehrlicher Makler auftreten.
Gemeinsam mit dem 81-jährigen König Salman treibt Vizekronprinz Mohammed sein Land mit aller Kraft an, sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen und sie zu meistern. Vater und Sohn sind ein Glücksfall für Saudi-Arabien und die ganze Region. Sie stehen für die Kontinuität und die Reformbereitschaft des wichtigsten arabischen Staates.