Tichys Einblick
METZGERS ORDNUNGSRUF 10 – 2018

Wo Donald Trump Recht hat

Der US-Präsident attackiert bei den Themen Migration und globaler Handel Missstände, über die - politisch korrekt - jahrzehntelang hinweggesehen wurde.

© Chip Somodevilla/Getty Images

Donald Trump als Person will ich nicht gerecht werden. Er ist ein twitternder Narzisst, oft genug von jeder Sachkenntnis frei und in seiner Irrationalität für die Aufgabe als Staatsmann der stärksten Wirtschafts- und Militärmacht der Welt denkbar ungeeignet. Nichtsdestotrotz hat er bei einer Reihe von Megathemen recht, die er in seinem Wahlkampf und in seinen 16 ersten Amtsmonaten in den Fokus gerückt hat. Das Thema illegale Masseneinwanderung und seine Parole „America First“, die sich vor allem gegen unfaire Handelspraktiken Chinas richtete, brachten ihn als politischen Außenseiter durch Wahl an die Macht. Er nannte offenkundig Probleme beim Namen, die das politische Establishment nicht nur in den USA nicht mehr beim Namen nannte, aber einer schweigenden Mehrheit auf den Nägeln brannte.

Unvereinbarkeit von offenen Grenzen und Wohlfahrtsstaat

Einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, Nobelpreisträger Milton Friedmann, formulierte vor Jahrzehnten fast apodiktisch: Der moderne Wohlfahrtsstaat ist mit offenen Grenzen unvereinbar. Mit verbaler Brachialgewalt und einem Schutzzaun-Bauversprechen, um die Grenze zu Mexiko vor illegaler Masseneinwanderung zu sichern, rückte der US-Präsident das Migrationsthema in den Fokus. In Deutschland können wir seit dem Spätsommer 2015 ein Lied davon singen, welch eine große Attraktivität offene Grenzen und ein großzügiger Sozialstaat entfalten. Die Einwanderung in den Sozialstaat auf dem Ticket des Asylantrags ist in vollem Gang. Wer das immer noch leugnet, verkennt die statistischen Fakten. Von Monat zu Monat werden die Fallzahlen im Hartz IV-Bezug weiter steigen, weil immer mehr Migranten mit Bleibestatus jahrelang nicht von Erwerbsarbeit, sondern von Sozialhilfe leben werden. Seriöse wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass erst nach sieben Jahren etwa die Hälfte der Migranten durch Erwerbsarbeit auf eigenen Füßen steht. Eine mehr als unerfreuliche Perspektive auch für die vielen Steuerzahler, die mit ihren Sozialabgaben und Steuern für diese Folgen einer falschen Asylpolitik geradestehen müssen.

Einwanderung in die Sozialsysteme statt Produktivitätssteigerung

Historisch gründet die wirtschaftliche Prosperität von ganzen Kontinenten – Amerika etwa oder Australien – auf Migration. Die Zuwanderer erschlossen das Land, steigerten die Zahl der Erwerbsbevölkerung und die Produktivität. Die segensreiche Wirkung dieser althergebrachten Form von Migration ist aber in Zeiten des Wohlfahrtsstaats längst abgelöst worden durch eine Einwanderung in die Sozialsysteme. Statt weitere Wohlfahrtsgewinne für Einheimische wie Zuwanderer zu bewirken, ist die neue Wanderungsbewegung mit einer Umverteilung des Einkommens von Einheimischen an Migranten verbunden. Der politische Preis dieser unproduktiven Lastenverschiebung lässt sich am Erfolg von Protestparteien und Politikern messen, die von frustrierten Wählern in die Parlamente und manchmal bereits in Regierungsverantwortung gewählt werden.

Fairen Freihandel in der WTO durchsetzen

Das zweite Megathema, mit dem der US-Präsident zuhause punktet, ist die von ihm eingeforderte Fairness im globalen Handel. Natürlich generiert ein fairer Freihandel globalen Wohlstand. Jeder spezialisiert sich auf die Güter und Dienstleistungen, die er am besten kann, und erwirbt dafür im Tausch die Produkte anderer. So entsteht mehr Wohlstand und die Fakten belegen die gewaltigen Wohlfahrtsgewinne der vergangenen Jahrzehnte für Hunderte von Millionen Menschen auf diesem Globus.
Wenn allerdings ein Staat, insbesondere die inzwischen zweitstärkste Wirtschaftsmacht China, systematisch für die eigenen Unternehmen ausländische Märkte und Technologien erobern will und sich bei diesem Kampf einen Teufel um die Eigentumsrechte anderer schert, verstehe ich gut, dass sich die USA gegen diesen geistigen Diebstahl zur Wehr setzen. Den von Trump gewählten Weg über protektionistische nationale Maßnahmen halte ich allerdings für falsch. Um solche elementaren Streitigkeiten zu lösen, gibt es die Welthandelsorganisation WTO. Ein Handelskrieg mit immer neuen bilateralen protektionistischen Maßnahmen mündete in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts in wirtschaftlichem Elend und im II. Weltkrieg.

Unterbewerteter Euro befördert deutsche Exporte

Auch Deutschland wird für Trump immer stärker in den Fokus rücken. Die Berliner Republik verlässt sich gern auf die militärische Schutzmacht Amerika, steuert aber im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Stärke nur einen bescheidenen Anteil zu ihrer äußeren Verteidigungsfähigkeit bei. Die in vielen Bereichen nicht einsatzfähige Bundeswehr gibt dafür ein beredtes Zeugnis.

Gleichzeitig führt der für Deutschland massiv unterbewertete Euro zu historisch einmaligen Handelsüberschüssen – zu Lasten anderer Volkswirtschaften, aber auch zu Lasten deutscher Konsumenten. Ursache dafür ist die Europäische Währungsunion, die allein durch die Geld- und Anleihekaufpolitik der Europäischen Zentralbank noch zusammengehalten wird. Deutschland würde ein Zinsniveau von drei und mehr Prozent vertragen, während Italien ohne die EZB Staatsbankrott anmelden könnte.

Thomas Mayer: „Verteidigungsausgaben erhöhen, Exporte besteuern!“

Um den absehbaren Vorwurf aus dem Weißen Haus zu kontern, Deutschland sorge mit Währungsmanipulationen zu Lasten der USA für Vollbeschäftigung zuhause, machte Thomas Mayer in seiner Sonntagskolumne in der FAS einen interessanten Vorschlag.

Wenn die deutsche Bundeskanzlerin demnächst Donald Trump träfe, rät ihr Mayer zu folgender Doppelstrategie: Erstens solle sie eine Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben konkretisieren und die Materialbeschaffung vorwiegend bei amerikanischen Herstellern in Aussicht stellen. Und zweitens könnten deutsche Exporte mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz belastet und Importe von der Mehrwertsteuer befreit werden. Davon würden nicht nur ausländische Anbieter, sondern auch deutsche Konsumenten profitieren, so Mayer. Dass Angela Merkel auf Thomas Mayer hört, ist allerdings nicht zu erwarten.

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