Tichys Einblick
METZGERS ORDNUNGSRUF 51-2019

Weihnachtswunsch: Nicht mehr, sondern weniger Staat

„Wir leben nicht mehr in Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat“, schreibt Peter Handke. Trotzdem wünscht sich der Autor an sentimentalen Tagen wie diesen von der Politik: Lasst den Leuten endlich mehr von den Früchten ihrer Arbeit.

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Die Politik hat Ruh‘. In diesen Weihnachtstagen verstummen Politiker und Journalisten wie auf Kommando – in der Regel fast bis Dreikönig. Wir alle können Politikabstinenz praktizieren. Nur die fast immer gleich salbungsvollen Neujahrsansprachen von Bundespräsidenten, Kanzlerinnen und Ministerpräsidenten unterbrechen die Politikstille. Seit Jahrzehnten genieße ich diese gut zwei Wochen von Weihnachten über den Jahreswechsel bis zum 6. Januar. Selbst die Aufregungskurven in den sozialen Netzwerken verflachen in diesen Tagen – welch‘ eine Wonne!

Doch in diesen politikfreien Zeiten kommt man auch auf manch‘ seltsame Gedanken. Was wäre, wenn Politiker sich viel weniger in das Alltagsleben der Menschen einmischten? Sie nicht ständig für sich in Anspruch nähmen, besser zu wissen, wie wir zu leben, was wir zu essen und zu konsumieren hätten? Ob wir Flugzeug, Auto, die Bahn, das Fahrrad oder die eigenen Füße zur Fortbewegung nutzten? Sie dem Volk nicht vorhielten, dass es die falsche Partei wählt und auf Populisten hereinfällt? Und ein immer noch größerer Teil der Menschen den dringend notwendigen Kampf gegen rechts nicht verstanden habe?

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Was wäre, wenn wir uns als Bürger wieder mehr darauf besännen, dass wir auf eigenen Füßen stehen wollen und können? Dass wir nicht alle Verantwortung auf den Staat und damit auf die Politiker abwälzen möchten? Dass ein gesunder Mensch arbeiten kann und nicht vom Staat leben muss? Dass Eltern die Hauptverantwortung für ihre Kinder tragen und nicht die Gesellschaft? Dass Chancengerechtigkeit für alle Menschen gilt, unabhängig davon, wie dick der Geldbeutel der Eltern ist oder wie es um deren Bildungsniveau steht? Dass ein falsch verstandener Gerechtigkeitsbegriff aber nicht zu einer leistungsfeindlichen Einkommensnivellierung umgedeutet werden darf?

Wenn sich Millionen von Menschen in den leistungsbereiten Schichten unserer Gesellschaft bewusst machten, dass sie die Rechnung für die sozialpolitische Großzügigkeit der Politik zu bezahlen haben, auch dann, wenn sie vermeintlich selbst davon profitieren? Das Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“ scheint nicht mehr verstanden zu werden. Was großzügige Sozialpolitik für eine Sogwirkung entfaltet, wenn wir das deutsche Asylsystem im Kontext der globalen Armutsmigration bewerten? Welch‘ aberwitzige Konsequenzen die praktizierte deutsche Umweltpolitik hat, deren ökologische Effekte bescheiden, deren ökonomische Folgen für die Energiepreise aber katastrophal sind?

Lasst den Leuten endlich mehr von den Früchten ihrer Arbeit, möchte man auf den politischen Weihnachtswunschzettel ganz oben schreiben. Schröpft endlich den Faktor Arbeit im Steuerrecht deutlich weniger! Flacht den Mittelstandsbauch ab und sorgt für eine massive Erhöhung der oberen Proportionalzone, damit nicht immer mehr Facharbeiter in die Nähe des Spitzensteuersatzes geraten. Sorgt in der Sozialpolitik für Anreizstrukturen, die Arbeit belohnen und nicht das Nichtstun! Lasst Freiberuflern, Selbständigen und Unternehmern Luft zum Atmen, weil sich nur aus unternehmerischer Freiheit kreative Wertschöpfung entwickeln kann! Sorgt in der Umweltpolitik für marktwirtschaftliche Lösungen statt auf die vermeintliche Allwissenheit der Politik zu setzen!

Nicht mehr, sondern weniger Staat tut not, wenn die Menschen dauerhaft in Frieden und Wohlstand leben sollen. Den Satz sollten sich allerdings auch die Wähler hinter die Ohren schreiben, die einerseits ständig über hohe Steuern und Abgaben klagen, andererseits aber immer weitergehende Forderungen an den Staat stellen. Denn auch beim Staat gilt: „Wer bestellt, bezahlt!“

Doch: „Wir leben nicht mehr in Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat.“ (Das Zitat habe ich mir aus Peter Handkes Roman „Wunschloses Unglück“ geliehen.) Deshalb bin ich mir sicher, dass mein sentimentaler letzter Ordnungsruf des Jahres 2019 wirkungslos verpufft. Es geht in vertrauten Bahnen im kommenden Jahr weiter. 

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