Die politischen Wunderheiler produzieren in Corona-Zeiten immer absurdere Ideen. Jetzt dürfen also Pflegekräfte auf Staatskosten einen Monat lang mit Mietwagen zur Arbeit fahren. 10 Millionen Euro stellt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dafür für zunächst zwei Monate zur Verfügung. Doch bezahlen wird das der Steuerzahler, nicht der Minister. Aber damit sorgt er zumindest für ein bisschen Umsatz bei den Mietwagen-Unternehmen, die derzeit darben. Dass alle Arbeitnehmer die Fahrtkosten zur Arbeit ohnehin über die Entfernungspauschale oder die nachgewiesenen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel geltend machen können: geschenkt!
Im verordneten Ausnahmezustand der Virus-Pandemie scheinen Wirtschafts- und Gewerkschaftslobbyisten, aber auch das gemeine Volk immer lauter zu rufen: Staat hilf! Politiker gebärden sich pflichtschuldigst als Alchemisten, die mit aberwitzigen Summen die Staatsgläubigkeit bedienen, als ob es kein Morgen gäbe. Wenn Bundesfinanzminister Olaf Scholz allen Ernstes behauptet, bei der Verschuldung gebe es „keine Grenze nach oben“, dann ist er als oberster Kassenwart der Republik eigentlich untragbar. Denn qua Amt müsste er die langfristige Tragfähigkeit seiner Volksbeglückungspolitik für die öffentlichen Budgets sowie die Sozialversicherungen im Auge haben. Doch auf dem Auge scheint der Sozialdemokrat derzeit blind. Wenn ein DGB-Vorsitzender heute eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 100 Prozent fordert, dann desavouiert er so nebenbei die jahrzehntelange Tarifarbeit seiner Mitgliedsgewerkschaften, die schließlich für viele Branchen tarifliche Regelungen mit den Arbeitgebern zur Aufstockung der gesetzlichen Leistungen getroffen haben. Ein Bundesarbeitsminister, der die gesetzlichen Leistungen für Kurzarbeiter auf 80 Prozent für Kinderlose und 87 Prozent für Väter und Mütter aufstocken will, wirft das komplette Gefüge beim Bezug von Versicherungsleistungen über den Haufen. Denn Kurzarbeiter erhalten dann deutlich mehr als Menschen, die ihre Arbeit verloren haben und Arbeitslosengeld beziehen. Von den Kosten ganz zu schweigen. Setzt sich Hubertus Heil mit seinem Begehr durch, dann schmilzt die aktuelle Rücklage der Arbeitslosenversicherung (AV) von 26 Milliarden Euro nicht nur wie Butter in der Sonne. Nein, dann benötigt die AV nach Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit – bei unterstellten 2,3 Millionen Kurzarbeitern im Jahresdurchschnitt – bereits in diesem Jahr einen Zuschuss in knapp zweistelliger Milliardenhöhe aus dem Bundeshaushalt.
Dividendenstopp für Unternehmen, die Staatshilfe erhalten
Für Großunternehmen übernimmt der Fiskus eine hundertprozentige Ausfallgarantie für einen Finanzrahmen von 600 Milliarden Euro, den die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den jeweiligen Hausbanken der antragstellenden Unternehmen verbürgt. Nach einer Auswertung der „Wirtschaftswoche“ verfügen die 30 deutschen DAX-Konzerne über Barmittel in Höhe von 362,7 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr haben sie laut Ernst & Young rund 37 Milliarden Euro an Dividenden an ihre Anteileigner ausgeschüttet. Für das laufende Jahr haben sie ihren Eignern nach bisherigem Stand noch höhere Ausschüttungen in Aussicht gestellt, weil das vergangene Jahr ein Boom-Jahr war, das bis zum Corona-Shutdown Ende des I. Quartals 2020 anhielt. Warum verbindet der Staat mit seinem gigantischen Hilfspaket für Großunternehmen nicht die Auflage, dass Dividendenzahlungen zu unterbleiben haben, wenn man Staatshilfe in Anspruch nimmt? Warum hat mit Adidas ein Konzern einen staatlich verbürgten Kredit über 2,4 Milliarden Euro erhalten, der in den vergangenen zwei Jahren durch Aktienrückkäufe seinen Aktionären zwei Milliarden Euro „gönnte“?
Trotz einzelner mahnender Stimmen vergeht immer noch kein Tag, an dem nicht schrankenlos nach staatlicher Unterstützung gerufen wird. Je mehr der Staat gibt, umso mehr scheinen die Ansprüche zu wachsen. „Maßhalteappelle“ täten heute weit mehr Not als zu Zeiten von Ludwig Erhard, der als Kanzler für solche Aufrufe in den Sechziger Jahren verlacht wurde. Doch Erhard wusste nur zu gut, dass der Wohlstand auf Leistung beruht, auf der redlichen Anstrengung und Kreativität von vielen Unternehmern und Arbeitnehmern. Er warnte stets davor, dass ein zu üppiger Sozialstaat die Menschen bequem macht, ihre Schaffenskraft mindert und Mitnahmeeffekte generiert. Er benannte auch die Konsequenzen für den Geldbeutel der Bürger: Die Kosten eines Vollkasko-Staates fressen die Früchte des persönlichen Einsatzes auf – in Gestalt von immer höheren Steuern und Abgaben. Deshalb müssen Unternehmer wie Arbeitnehmer diesen ausufernden Vollkasko-Staat fürchten, weil er seine kreditfinanzierten Versprechungen nicht einhalten kann, sondern die brutale Rechnung sehr zeitnah präsentiert.