„Beim Geld hört die Freundschaft auf“, sagt der Volksmund. Das hartnäckige Ringen um den gewaltigen Wiederaufbaufonds und den künftigen EU-Haushaltsrahmen auf dem tagelangen EU-Gipfel bestätigte diesen Satz einmal mehr. Die Tonlage war rau und der Verhandlungsstress allgegenwärtig. Warum sich allerdings die deutsche Kanzlerin und der französische Staatspräsident im Einklang mit dem Gros der europhilen Journalisten in Brüssel und Berlin unisono über die widerspenstigen „sparsamen Vier“ mokierten, denen sie mehr oder weniger direkt eine Erpressung Europas vorwarfen, erschließt sich einem als deutscher Steuerzahler überhaupt nicht.
Machen nicht alle Erfahrungen der vergangenen Jahre deutlich, dass Finanztransfers ohne Bedingungen zur politischen Liederlichkeit verführen? Wer etwa riesige Milliardensummen nach Italien pumpt, ohne politische Reformanstrengungen nachprüfbar einzufordern, kann das Geld gleich in ein Fass ohne Boden schütten. Insofern kämpften der Niederländer Mark Rutte und der Österreicher Sebastian Kurz als Wortführer der vier renitenten Nordländer, auf dem Gipfel auch von Finnland sekundiert, letztendlich nur für Grundsätze, die auch für Deutschland einmal prägend waren.
Doch die größte Volkswirtschaft Europas agiert ausgerechnet in Zeiten ihrer Ratspräsidentschaft prinzipienlos. Der EU-Kommission die Mittelvergabe über so riesige Summen exklusiv anvertrauen zu wollen, grenzt an politische Dummheit. Die Ineffizienz der europäischen Bürokratie ist sprichwörtlich und im Zweifel winken die Brüsseler Zentralisten jede politische Mogelei durch. Noch sind die Mitgliedstaaten Träger der europäischen Souveränität. Darauf nachdrücklich gepocht zu haben ist Verdienst der kleinen Nordländer-Fraktion, die damit an diesem überlangen Brüsseler Wochenende auch anschaulich belegt hat, dass die alte Achse Berlin – Paris im Zweifel nicht mehr einfach abgenickt wird. Ob daraus im politischen Berlin Lehren gezogen werden?