Nach der Finanzkrise vor 12 Jahren begannen alle großen Notenbanken der Welt unkonventionelle monetäre Instrumente in ihr geldpolitisches Waffenarsenal aufzunehmen: Mit Null- und Negativzinsen und einer quantitativen Lockerung wollten sie die Wirtschaft ankurbeln und die Inflation über die selbst gesetzte Schwelle von 2 Prozent hieven. Sogar mit Anleihenkäufen schlechtester Bonität versuchen sie derzeit in der globalen Corona-Rezession Unternehmen und Staaten liquide zu halten. Um die verunsicherten Verbraucher bei Laune zu halten, wurde selbst über „Helikoptergeld“ spekuliert, das die Notenbanken direkt über die Köpfe der Bürger verteilen sollten, um die Konsumlaune zu stimulieren. In diesen Monaten ändern die amerikanische Notenbank, aber auch die EZB, ihre Inflationsstrategie: Weil sie die in ihren Augen unterdurchschnittlichen Inflationsraten der vergangenen Jahre „symmetrisch“ nachholen lassen wollen, werden sie über Jahre hin in Zukunft auch höhere Inflationsraten erlauben – ohne die durch ihre extrem expansive Geldpolitik faktisch abgeschafften Zinsen zu erhöhen.
Ob diese Milchbubenrechnung der Geldpolitiker aufgeht, wird sich zeigen. Sie werden mit der steigenden Inflation auf jeden Fall Abermillionen Verbraucher um ihre Kaufkraft bringen. Denn Inflation ist nichts anderes als die heimlichste Form der Enteignung. Sie züchten Zombie-Firmen, die nur überleben können, weil sie ihre hohe Fremdverschuldung keine Zinsen kostet und/oder die Notenbanken ihre Unternehmensanleihen aufkaufen. Sie bescheren eine wachsende Kluft zwischen Vermögensbesitzern, die über hohe Aktiendepots oder wertvolle Immobilien verfügen, und der großen Masse der Bürger, die nur bescheidene Geldbestände auf ihren Sparkonten haben. Außerdem wächst die Gefahr, dass die heute schon hohe Vermögenspreis-Inflation im Platzen von Spekulationsblasen mündet, was in der Wirtschaftsgeschichte alles andere als ein singuläres Ereignis darstellt.
Ist der zentral gesteuerte Konsument das Ziel?
Für die Erprobung von CBCD hat der Zahlungsdienstleister Mastercard bereits Anfang September eine virtuelle Plattform eingerichtet. Auf ihr können Notenbanken jetzt die Emission von digitalem Geld sowie die Zusammenarbeit mit und zwischen Geschäftsbanken, Finanzdienstleistern und Konsumenten simulieren. Ende letzter Woche stellte die Bank für internationalen Zahlungsausgleich gemeinsam mit sieben Notenbanken einen Bericht über die grundlegenden Prinzipien und Merkmale von digitalem Notenbankgeld vor. Doch darin fehlt genau die Beleuchtung des Aspekts, der die Finanzmarkt-Beobachter am meisten interessiert: Kann digitales Notenbankgeld auch dazu genutzt werden, um die noch bestehenden Grenzen der Geldpolitik endgültig zu überwinden? Denn mit den CBCDs lässt sich die noch bestehende Mauer zwischen der Geldpolitik der Notenbanken und der Finanzpolitik der Regierungen vollständig einreißen.
Digitalwährung mit Verfallsdatum