Kurz vor Weihnachten ertönt wieder einmal die Frohe Botschaft aus dem Bundesfinanzministerium: Zum vierten Mal in Folge erzielt der Bundeshaushalt Überschüsse. Im laufenden Jahr 2018 sollen es gut 10 Milliarden Euro sein, doppelt so viel wie am Ende des letzten Jahres. Dass diese Überschüsse vor allem aus den immer noch sprudelnden Steuereinnahmen herrühren, aber auch aus den niedrigen Refinanzierungskosten der Staatsschulden, rückt bei den Berufspolitikern im Berliner Reichstag leicht in den Hintergrund. Die steuer- und abgabepflichtigen Bürgerinnen und Bürger sind dagegen doppelt gekniffen. Sie bezahlen seit Jahrzehnten immer höhere Anteile ihres Einkommens an den Staat: als Steuern und Sozialabgaben. Sie spüren auch die gesunkenen Zinseszins-Effekte bei den traditionellen Altersvorsorge-Sparformen der Deutschen (Lebensversicherungen und Sparbuch), eine Folge der Nullzins-Politik, mit der die Europäische Zentralbank die Kreditaufnahme der europäischen Schuldnerländer alimentiert und gleichzeitig das private Sparen bestraft.
Dass Parteitagsbeschlüsse oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt stehen, bewies die Unions-Bundestagsfraktion am 13. Dezember, also nur fünf Tage nach dem Hamburger Bundesparteitagsbeschluss. In namentlicher Abstimmung
stimmten alle (!) teilnehmenden MdBs von CDU und CSU gegen die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags, wie ihn die FDP-Fraktion per Gesetzentwurf
eingebracht hatte. Es gab keine Enthaltungen aus der Unionsfraktion, aber 22 von 246 Abgeordneten blieben – aus welchen Gründen auch immer – der Abstimmung fern.
Bei der SPD-Fraktion stimmten alle 136 teilnehmenden Abgeordneten gegen die Abschaffung. Es gab keine Enthaltungen. 16 SPD-MdBs nahmen an der Abstimmung nicht teil. Ähnlich eindeutig war das Ergebnis bei der Fraktion der Linken. Alle 57 teilnehmenden MdBs stimmten mit Nein. 12 Abgeordnete fehlten bei dieser Abstimmung. Die Grünen komplettieren die Liste der Neinsager. 58 teilnehmende Abgeordnete stimmten gegen die Soli-Abschaffung, 9 Grüne fehlten bei diesem Votum.
Zustimmung gab es natürlich bei der antragstellenden FDP-Fraktion. 74 Abgeordnete sagten Ja, 6 nahmen nicht an der Abstimmung teil. Aus der AfD-Fraktion stimmten 74 Abgeordnete der Soli-Abschaffung zu. Es gab eine Enthaltung. 17 Abgeordnete der AfD stimmten nicht ab. Zwei Jastimmen gab es auch aus dem winzigen Lager der fraktionslosen Abgeordneten. Ein fraktionsloser MdB nahm nicht teil.
Übrigens: Weil sich wirtschaftliche Abschwung-, gar Rezessionsgefahren am Horizont abzeichnen, wäre eine Steuerentlastung beim Solidaritätszuschlag jetzt ein Stimulans für die Binnenkonjunktur. Sie würde kaufkraftsteigernd wirken. Wenn die Politik zu lange mit der Abschaffung abwartet und die aktuellen Überschüsse in gewohnter Weise wieder in die Ausweitung des Sozialstaats steckt, dann wird in der nächsten Rezession wieder Ebbe in den Staatskassen herrschen. Das ist dann nicht die Zeit für Steuersenkungen. Denn kreditfinanzierte Steuersenkungen entfachen nur konjunkturelle Strohfeuer, wie man derzeit in den USA beobachten kann.