Tichys Einblick
Nach schönem Schein bitteres Sein

Wahlplakate nach einem Jahr: Ampelparteien sind Meister im Brechen von Versprechen

Was hat uns die politische Klasse vor der Bundestagswahl im Herbst 2021 alles versprochen: Wohlstand, florierende Wirtschaft, bezahlbare Energie und Wohnungen. Ein kleiner Rückblick auf die Wahlplakate von Grünen, FDP und SPD.

In der Berliner Republik ist heutzutage ein Politik-Kalauer so aktuell wie noch nie: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!“ Ex-Bundeskanzler Konrad Adenauer wollte in diesem Kontext wenigstens noch „weiser werden“, aber das Schicksal ihres Volkes durch ihre Politik tangiert die jetzige Führungselite höchstens nur noch peripher, selbst wenn sie täglich via staatstragende Medien das Gegenteil behaupten. Das müssen sie ja, denn sie wollen schließlich im Herbst 2025 wieder gewählt werden, und zuvor wieder viel versprechende Plakate drucken.

Schließlich können sich grüne Spitzenpolitiker wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck oder Bundesaußenministerin Annalena Baerbock die horrenden Energiekosten und Preise für alle Lebensbereiche locker leisten. Sie genießen ein politisches Sonderversorgungssystem, das hart arbeitende Menschen mit ihren Steuern finanzieren. Im Gegenzug dafür bürdet die politische Klasse – verantwortlich ist jetzt im Bund eine Ampelregierung von SPD, FDP und Grünen – Bürgern und Wirtschaft ungeheuerliche Lasten für die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg auf. Vor allem die Mittelschicht, für die schuldenfinanzierte Entlastungspakete fast keine oder nur ganz geringe Wirkung entfalten, soll dabei draufzahlen und ärmer werden.

Man hätte es ahnen können. „Wirtschaft und Klima ohne Krise“, warben die Grünen vor einem Jahr im Bundestagswahlkampf.

Screenshot / gruene.de

Noch im Mai dieses Jahres versprachen die Grünen im Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen sogar ein „grünes Wirtschaftswunder“. Millionen Deutsche können dies im Nachhinein gut und gerne als angekündigte Drohung empfinden, die jetzt mit ausufernden Energie- und Lebensmittelpreisen, sinkender Wirtschaft, steigender Schulden und Arbeitslosigkeit ihre brutale Wirkung zeigt.

Screenshot / gruene-nrw.de

Alles gipfelt dann noch darin, dass Spitzengrüne uns Bürger mit ihren Wahlplakaten, man kann es nicht anders nennen, nicht nur belogen haben, sondern uns jetzt noch im Staatsfernsehen für dumm verkaufen.

So will Wirtschaftsminister Habeck partout nichts von einer drohenden Pleite- und Insolvenzwelle wissen, die Wirtschaftsexperten ankündigen. Er könne sich lediglich vorstellen, räsoniert er abends bei Maischberger in der ARD, „dass bestimmte Branchen aufhören zu produzieren“ – einen Automatismus für reihenweise Firmenpleiten gebe es deshalb jedoch nicht. Ach was. Wörtlich fabulierte Kinderbuchautor Habeck: „Dann sind die nicht insolvent, aber sie hören auf zu verkaufen.“

Ergo: Läden, Betriebe oder Handwerker sind dann nicht pleite, erklärt der Apothekersohn aus Lübeck den öffentlich-rechtlichen Zuschauern dummes Zeug. Was Habecks Vater wohl zu diesem Unsinn sagen würde, wäre interessant, ändert aber nichts an der Unverfrorenheit, mit der Grüne uns täglich täuschen.

Foto: © Olaf Opitz

Klimaschutz und sichere Arbeitsplätze, was für ein grüner Witz. Das schnelle Abschalten von Kohle- und Atomkraftwerken sowie das totale Umsteigen auf Gas- und Spontanenergie wie Wind und Sonne beweist jedem heute die verheerenden Folgen grüner Klimapolitik, die Baerbock und Habeck als Spitzenkandidaten in rosagrünen Farben als Segen für unsere Zukunft anpriesen.

In gewisser Weise hat sich Schriftsteller Habeck in seinem Buch über Patriotismus ehrlich geoutet: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht.“ Man merkt es spürbar in seiner grünen Regierungspolitik als Wirtschaftsminister. Ex-CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wetterte vor der Bundestagswahl: „Jemand wie Habeck sollte nie Verantwortung für dieses Land bekommen.“ So kann man sich zwar täuschen, aber es ist ja nur konsequent. Habeck setzt nur den wirtschafts- und energiepolitischen Abstieg Deutschlands fort, den Ziemiaks CDU-Bundeskanzlerin Dr. Angela Dorothea Merkel eingeleitet hat.

An der miserablen Lage heute ist nach Ansicht der Grünen natürlich nicht ihre verfehlte Wirtschafts- und Energiepolitik mit der Abhängigkeit von russischem Gas, dem gleichzeitigen Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom sowie einer industriefeindlichen Klimapolitik und bauernfeindlichen Agrarpolitik in Bund und Ländern schuld, sondern ganz allein Russlands Kremlmachthaber Wladimir Putin. Jedenfalls soll das der Durchschnittsbürger jetzt glauben und die Wahlplakate schnell vergessen.

Doch das Netz vergisst nichts. „Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete“, versprachen die Grünen noch vor einem Jahr.

Mit den Lieferungen von militärischer Ausrüstung und Panzerfahrzeugen ins Kriegsgebiet der Ukraine wissen die Bürger nach der Bundestagswahl: Es war eine politische Lüge. Einst grüne Pazifisten sind jetzt Bellizisten geworden, frei nach dem neuen grünen Motto: „Frieden schaffen mit schweren Waffen.“

Besonders im Ukraine-Krieg ist das Wahlvolk Außenministerin Baerbock offensichtlich egal. Auf einem internationalen Forum erklärte sie jüngst wörtlich auf Englisch: „Egal, was meine deutschen Wähler denken: Ich möchte für die Ukraine liefern.“ Baerbock ließ den üblichen Politikerspruch von ihren Adlaten absondern, der Satz sei aus dem Zusammenhang gerissen worden.

Doch die Grünen fallen nicht allein um. Einhundertachtzig-Grad-Wenden können auch andere Koalitionspartner. Auch FDP-Spitzenkandidat und Parteichef Christian Lindner warb in seiner Kampagne zur Bundestagswahl mit Plakaten, die heute wie eine vollendete Drohung klingen: „Wie es ist, darf es nicht bleiben.“

Screenshot / FDP

Deutschland auf wirtschaftlicher Talfahrt, wachsende Schuldenberge, Pleitensturm voraus, galoppierende Inflation, dramatische Energieknappheit und Verarmung von Massen – besser hätte Karl Marx die aktuelle Krise des Kapitalismus (heute Marktwirtschaft) – nicht beschreiben können. Und wer hätte das gedacht, die FDP ist jetzt voll dabei als Marktwirtschaftspartei.

Bundesfinanzminister Lindner hat sich in der Ampelregierung als neuer Herr der Schulden qualifiziert: Schuldenbremse dieses Jahr ausgesetzt, 100 Milliarden Euro für Bundeswehraufrüstung hier und 95 Milliarden für drei Hilfspakete dort. Wirtschafts- und Finanzpolitik mit Augenmaß, dafür steht die FDP nach der Wahl nicht mehr. Schließlich sind auch Abgaben und steigende Steuerbelastungen für die Bürger durch Preisexplosionen heute der tägliche Wahnsinn, egal, was Wahlplakate einst versprachen. Von Aufschwung in einer Zeit rasanten Abschwungs kann ohnehin keine Rede mehr sein. Wer will derzeit in ein Land mit höchsten Energiepreisen, Löhnen, Umweltvorschriften, rasanter Inflation und fallenden Euro noch investieren?

Screenshot / FDP

FDP und Grüne werden bei ihren Versprechungslegenden zur Bundestagswahl jedoch auch von der Kanzlerpartei nicht im Stich gelassen. Seit an Seit schreitet hier Bundeskanzler Olaf Scholz höchst selbst samt seiner SPD. Als „Kanzler für bezahlbares Wohnen“ pries ihn die Sozialdemokratie auf ihren Plakaten an. Doch auch das war einmal.

Foto: © Olaf Opitz

Angesichts horrender Energiepreise, steigender Mieten und Abschlagszahlungen bei den Nebenkosten, wissen viele gar nicht mehr, wie sie ihre Mieten und Kosten fürs Häuschen noch bezahlen sollen. Ja, das packt Scholz jetzt an. Aber nicht so, wie viele es sich erhofft hatten.

Dabei formulierte es Schauspieler Joachim „Blacky“ Fuchsberger wohlweislich warnend: „Politiker versprechen alles, vom dem sie glauben, es diene dem Erhalt ihrer Macht.“ Merke also für die Zukunft: Wahlversprechen auf Plakaten sind eben immer nur schöner Schein, danach folgt fast immer bitteres Sein.

IMAGO / Fotografie73

 

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