Die Alternative für Deutschland war im Osten nicht nur bei den Europawahlen der eindeutige Wahlsieger und mit Abstand die stärkste Kraft dank 27,1 Prozent der Stimmen. Nach langwierigen Auszählungen der parallel stattgefundenen Kommunalwahlen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie zuvor in Thüringen kommt jetzt heraus, dass die von Politik und Medien so bekämpfte rechte Alternative vor allem im Süden Ostdeutschlands von ihrem eigenen Erfolg regelrecht überrascht worden ist.
Allein bei den Kreistagen und Stadträten kreisfreier Städte etablierte sich die AfD in Sachsen vor der CDU klar als Nummer eins mit 26,9 Prozent und 321 Mandaten. Sie legte im Vergleich zu den Kommunalwahlen vor fünf Jahren um 5,7 Prozentpunkte zu, was einem Zuwachs von 69 Mandaten entspricht. Die CDU verlor einen Prozentpunkt und 22 Mandate. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte aus dem Stand in Sachsen 8,5 Prozent mit 93 Sitzen in den Kommunalparlamenten.
In Thüringen steigerte sich die AfD auf 25,8 Prozent (+ 8,1 Prozent), blieb in den Kommunen insgesamt aber knapp hinter der CDU (27,2 Prozent).
Übrigens stieg die AfD selbst im Westen bei der Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz mit 14 Prozent (+ 5,7 Prozent) und jetzt 240 Mandatsträgern zur drittstärksten Kraft nach CDU und SPD auf.
In vielen mitteldeutschen Städte- und Gemeinderäten können jedoch wegen akutem Personalmangels errungene Sitze nicht besetzt werden. Die Kandidaten der Wahllisten haben für die prozentualen Erfolge einfach nicht ausgereicht – vor allem bei der AfD, aber auch vereinzelt beim BSW.
Politische Angriffe auf die AfD in den Kommunen verpufft
Alle politisch organisierten Angriffe auf die AfD und die eigenen Querelen mit dem EU-Spitzenpersonal haben offensichtlich an der kommunalen Basis überhaupt nicht gewirkt.
Auch in Brandenburg ist AfD mit großem Abstand stärkste Kraft vor der CDU. Sie gewann bei der Kommunalwahl am Sonntag 9,8 Prozentpunkte und erreicht jetzt 25,7 Prozent. Die Nummer eins ist die AfD auch in Mecklenburg-Vorpommern mit 22 Prozent an der kommunalen Basis dank einem Zuwachs von acht Prozentpunkten. Die CDU verliert hier 6,4 Prozentpunkte und erreicht nur noch 19 Prozent auf Platz zwei. Das BSW gewinnt an der Ostseeküste auf Anhieb 10 Prozent.
Durch erstaunliche Gewinne wurde die Alternative für Deutschland auch in Sachsen-Anhalt in vielen Kreistagen wie zum Beispiel in Dessau-Roßlau mit 25,5 Prozent stärkste Kraft.
Oft gibt es jedoch in der Fläche nicht genügend Kandidaten für die vielen errungenen Mandate. Politikforscher Erik Vollmann analysiert, vor allem die AfD habe in kleineren Gemeinden mehr Sitze als Kandidaten. Im sächsischen Olbernhau im Erzgebirge kann sie fünf Plätze nicht besetzen, ebenso viel im Stadtrat von Aschersleben in Sachsen-Anhalt.
„Wir sind in Aschersleben wieder Opfer unseres eigenen Erfolgs geworden“, meint Matthias Büttner, Vorsitzender des AfD-Kreisverbands im Salzlandkreis. „Es ist immer schwierig, neue Leute zu finden, die sich für kommunale Mandate interessieren, beziehungsweise da auch aktiv werden wollen“, bedauert der AfD-Kommunalpolitiker. Seine Alternative kam in Aschersleben auf 23 Prozent.
Die AfD hat besonders in Sachsens Kommunen einen akuten Kandidatennotstand
Vor allem auf dem Land rund um die sächsische Metropole Leipzig gibt es einen AfD-Kandidatennotstand. In Machern erreichte die AfD vier Mandate, aber nur ein Kandidat steht zur Verfügung. In den Tauchaer Stadtrat ziehen vier AfD-Politiker ein, nach Stimmenanteil hätten es fünf sein können. Im neu gewählten Schkeuditzer Stadtrat sind drei AfD-Vertreter dabei. Drei Sitze entfallen jedoch, da die Partei nicht genügend Kandidaten aufstellte für das entsprechende Wahlergebnis. Auch in Markkleeberg verschenkt die Alternative für Deutschland Vertreter im Stadtrat. Statt der 5 Sitze kann sie dort nur einen besetzen.
Die AfD sei von ihrem Erfolg laut Politikforscher Vollmann regelrecht überrumpelt worden. Weil sie aber „mehr Sitze in kleineren Gemeinden hätte, aber weniger Kandidaten“, könne sie deswegen diese Sitze nicht auffüllen. „Die haben dann trotzdem jeder nur eine Stimme. Das heißt, die restlichen Stimmen sind einfach weg“, erklärt der Politikwissenschaftler von der TU Dresden. Denn laut Wahlrecht dürften Sitze nur über Wahlen vergeben werden, daher bleiben sie jetzt unbesetzt.
Inzwischen gibt es zwar viel mehr AfD-Kandidaten für die Kommunen seit den letzten Wahlen 2019. Aber: „Bei uns bleibt es schwierig genügend Kandidaten zu finden, weil der Diffamierungsdruck durch die Leitmedien und die mögliche Bedrohung durch linke Aktivisten sehr hoch und gefährlich ist,“ erklärt der sächsische Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse im Gespräch mit Tichys Einblick ein Manko für seine Partei.
Überfälle auf AfD-Bewerber für Wahlen bei Bund, Länder und Kommunen gibt es schon seit Jahren. Doch die meisten Medien erwähnen sie bestenfalls als Meldungen am Rande, wenn überhaupt – ganz im Gegensatz zu Angriffen auf Grüne oder Sozialdemokraten im Wahlkampf.
Es gehört also schon eine Portion Mut dazu, Kandidat für die AfD bei Wahlen zu sein – zum Beispiel bei den kommenden Landtagswahlen im September in Brandenburg, Thüringen und Sachsen.