Tichys Einblick
Genosse der Bosse

Sigmar Gabriel jetzt Deutscher Banker

Der Ex-SPD-Chef Gabriel eifert seinem Vorbild Gerhard Schröder nach – auch er möchte ein großer Manager sein. Denn Geld stinkt nicht.

imago images / photothek

„Wenn du glaubst,es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“, heißt der Deutsche-Bank-Spruch des Tages. Nein, es ist nicht der Erzengel Gabriel, den sich die Deutsche Bank in höchster Not in den Aufsichtsrat hievt, es ist nur Sozialdemokrat Sigmar Gabriel. Ausgerechnet ein Ex-SPD-Chef soll dem krisengeschüttelten Bankhaus im finsteren Tal des Finanzgeschäfts heimleuchten: Auf einen besseren Weg zu alten Zeiten, hofft man im Management ganz oben. Wohl dem, der er es glaubt. Finanzwetten darauf dürften in der Branche sofort als Hochrisikopapiere eingestuft werden.

Sigmar Gabriel also, der neue Hoffnungsträger im Aufsichtsrat der traditionsreichen Deutschen Bank. Nun denn. Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) ist er zu Beginn des Jahres nicht geworden. Nun aber wartet die Deutsche Bank mit einer nicht nur überraschenden, sondern in der Außenwirkung auch höchst riskanten Personalie auf. Das deutsche Traditionshaus steckt mitten im größten Umbau seiner Firmengeschichte, dem weltweit 18.000 Jobs zum Opfer fallen. 2019 hat die Bank den fünften Jahresverlust in Folge eingefahren. Für dieses heikle Krisenmanagement holt sich die Deutsche Bank nun den früheren SPD-Chef einer untergehenden Partei ins Boot. Ex-Wirtschaftsminister Gabriel folgt Jürg Zeltner im Aufsichtsrat, der sein Mandat Ende des vergangenen Jahres niedergelegt hat.

Gabriels frohe Botschaft

Eine frohe Botschaft hat der Débutant in der Bankspitze gleich parat: „Mit einer nun klaren Strategie und ihrem starken Führungsteam hat die Deutsche Bank als eine der wichtigsten Finanzinstitutionen in Europa die Chance und die Verantwortung, die Zukunft der deutschen und europäischen Wirtschaft mit zu gestalten. Dazu möchte ich einen Beitrag leisten“, verbreitet Gabriel vorsichtigen Optimismus. Der 60-Jährige war von Dezember 2013 bis März 2018 Vizekanzler Deutschlands und gehörte dem Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel neun Jahre lang an.

Gabriel sei schließlich von Aufsichtsratschef Paul Achleitner vorgeschlagen worden, verbreiten Bank-Kreise. Der Neue habe ja bereits Erfahrungen bei einer Bank gesammelt. Gabriel gehörte von 2005 bis 2009 dem Verwaltungsrat der staatlichen Förderbank KfW an und hat das Gremium zeitweise auch geleitet. Tja, jetzt kann der Ex-SPD-Chef so richtig fördern und fordern im Aufsichtsrat der Deutschen Bank.

Einmal um die ganze Welt und die Taschen voller Geld

Mensch Siggi, wird so mancher SPD-Genosse über den hemdsärmeligen Harzer Roller aus Goslar seufzen. Wieder hat es ein Juso ganz nach oben geschafft – so wie der Gerd. Sie hören Karel Gott den SPD-Funktionärstraum singen: „Einmal um die ganze Welt und die Taschen voller Geld“.

Nach der Politik in der Wirtschaft mal so richtig absahnen, ja das ist die Vision so manches Sozialdemokraten – für die vermeintlich gute Sache später gutes Geld. Jetzt kann nicht nur Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder als hoch dotierter Gazprom-Manager alias „Gas-Gerd“ in die Geschichte eingehen. Auch Schröders Schüler, der Siggi, hat’s gepackt. Der symbolische Arbeiter Krause steigt zum Industriebaron Krupp auf. Die DDR hat ihren fünfteiligen Fernsehfilm „Krupp und Krause“ nicht umsonst gedreht. Allerdings wirft Gabriel heute seinen Arbeiter-Blaumann weg, um den Mantel der Macht des Großbankers überzustreifen.

Es ist ein Akt der Verzweiflung

„Die Personalie Gabriel offenbart die Verzweiflung der Deutschen Bank,“ kommentiert die Welt den gefährlichen Coup, weil sich das traditionsreiche deutsche Bankhaus mitten in der Krise ausgerechnet einen Manager aus einer Krisenpartei an Bord geholt hat. Kann so der alte Tanker wieder flott werden oder brechen die Schotten jetzt schneller? Gabriel kommt ja von der „Andrea Doria“ der Parteien – der 150-jährigen SPD – die inzwischen schon in Umfragen auf 13 Prozent und weniger gesunken ist. Nun soll ausgerechnet eine Person mit der zum Programm gewordenen SPD-Ausstrahlung des Untergangs die Deutsche Bank retten? Womöglich würde nicht einmal Sigmar Gabriel sich selbst sein Mandat mit Risikoaktien „Gabriel“ vergüten lassen.

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